Hohenfurth/Vyšší Brod

1. Toponymie

Deutsche Bezeichnung

Hohenfurth

Amtliche Bezeichnung

Vyšší Brod

Lateinische Bezeichnung

Altum vodum

2. Geographie

Lage

Hohenfurth liegt auf 48° 37′ nördlicher Breite, 14° 19′ östlicher Länge, ca. 30 km südlich von Krumau/Český Krumlov an der Moldau (tschech. Vltava).

Region

Staatliche und administrative Zugehörigkeit

Tschechische Republik. Hohenfurth gehört zur Region Südböhmen (Jihočeský kraj) im Bezirk Krumau (Okres Český Krumlov)

3. Geschichte und Kultur

Gebräuchliche Symbolik

Auf dem Tympanon des Portals in der nördlichen Chorkapelle der Klosterkirche ist ein Wappenschild aus dem späten 13. Jahrhundert mit der fünfblättrigen Rose der Herren von Rosenberg abgebildet; dieses redende Wappen findet sich an verschiedenen Orten im Klosterbezirk wieder.

Bild


Zisterzienserkloster Hohenfurth/Vyšší Brod, Ansicht
von Norden [Foto: Ackermann-Gemeinde, Bamberg].

Mittelalter

Als Siedlung der Witigonen existierte Hohenfurth bereits in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts; urkundlich wird der Ort erstmals in Zusammenhang mit der Gründung des Zisterzienserklosters (Mutterkloster ist Stift Wilhering in Oberösterreich, Primarabtei Morimond) durch Wok I. von Rosenberg im Jahre 1259 genannt. Zum wirtschaftlichen Erfolg des Klosters trugen u. a. Zuwendungen der Rosenberger und anderer Zweige der Witigonen bei, über die stiftseigene Urbare (das früheste aus den 1370er Jahren und damit das älteste bekannte Urbar in Böhmen) berichten. Belege für den Wohlstand des Klosters sind die von der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts bis in das 14. Jahrhundert errichteten zentralen Gebäude des Klosterkomplexes.

Neuzeit

In der Zeit Wilhelms von Rosenberg (†1592) entstand das Abthaus, das später als Apotheke genutzt wurde. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde ein neues Konventsgebäude im Süden des mittelalterlichen Klosterareals errichtet. Unter Abt Quirinus Mickl (1711–1767) wurde in den Jahren 1753–1755 die Klosterbibliothek um- und ausgebaut.

Zeitgeschichte

Die politischen Systemwechsel spiegeln sich in der Klostergeschichte wider: Der Konvent wurde nach Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren im Jahre 1941 von den Nationalsozialisten aufgelöst und zeitweilig als Umsiedlungslager für Bukowinadeutsche, später für Bessarabiendeutsche, und als Lazarett genutzt. 1945 wurde das Stift wiederbesiedelt und 1950 von der kommunistischen Regierung erneut aufgelöst; seit 1990 ist wieder eine Zisterziensergemeinschaft aktiv.

Bevölkerung

1930: 2.017 Einwohner, davon 1.731 Deutsche; 1991: 1.973 Einwohner; 2012: 2.551 Einwohner.[1]

Kunstgeschichte

Die 1260–1270 am Marktplatz errichtete Dekanatskirche St. Bartholomäus wurde 1422 während der Hussitenkriege zerstört und im 16. und 17. Jahrhundert wiederauf- und ausgebaut.

Bild

Zisterzienserkloster Hohenfurth/Vyšší
Brod, Kreuzgang
[Foto: Ackermann-Gemeinde, Bamberg].

Im Zentrum der Geschichte und Kunstgeschichte von Hohenfurth steht das Zisterzienserkloster. Die dreischiffige, 1360–1370 als gewölbte Hallenkirche errichtete Klosterkirche, die nach einem Querhaus mit Kapellen und einem Vorchorjoch nach Osten in einem polygonalen Chor endet, steht im Mittelpunkt des Klosterbezirks. Der Kreuzgang schließt sich dem Kirchenschiff nach Süden an; Sakristei und Kapitelsaal befinden sich südlich des Querhauses. Einige Teile der 1259 geweihten, ursprünglich aus Holz errichteten Kirche stammen aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, darunter der Kreuzgang, das vom südlichen Querschiff in die Sakristei führende Portal mit einem reliefverzierten Tympanon (Hand Gottes inmitten von Weinblättern) aus der Zeit um 1270/80 sowie der Kapitelsaal auf quadratischem Grundriss, dessen dreistrahlige Gewölberippen von einem zentralen, achteckigen Pfeiler getragen werden. Refektorium und Dormitorium des Klosters wurden am Ende des 14. Jahrhunderts hinzugefügt. Ein mit dem Notnamen Meister von Hohenfurth (tschech. Mistr Vyšebrodského cyklu) betitelter Künstler schuf vor 1347 für den Hauptaltar der Klosterkirche einen Zyklus von neun Tafelbildern mit Szenen aus dem Leben Jesu, die sich heute in der Prager Nationalgalerie (Agneskloster) befinden. Ihr Auftraggeber war Peter I. von Rosenberg (Petr I. z Rožmberka; 1291–1347), der sich als Stifter mit Stifterwappen auf der Tafel zur Geburt Christi darstellen ließ. Abt Christoph von Knoll gab 1524/25 die spätgotischen Altäre des hl. Rochus und der hl. Barbara in Auftrag. Franz Linhart Wullimann und Franz Georgius fertigten 1644–1646 den heutigen Hochaltar der Kirche an. Die zahlreichen Grablegen der Witigonen/Rosenberger im Klosterareal aus der Zeit vom 13. bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts belegen die enge Verbindung zur Gründerfamilie. Zu den bedeutendsten Sepulkraldenkmälern gehören die figurale Grabplatte des Abtes Christoph Knoll (†1542) und das Epitaph der Rosenberger aus dem frühen 17. Jahrhundert. Der neugotische Kirchturm ersetzt seit 1862 seinen barocken Vorgänger.

Besondere kulturelle Institutionen

Die Klosterbibliothek hat einen Bestand von etwa 70.000 Bänden, darunter ein Konvolut von Handschriften aus dem hohen und späten Mittelalter sowie Inkunabeln.

Gedächtnis- und Erinnerungskultur

1979 hat die Stadt Ellwangen die Patenschaft für die Bürger aus dem südböhmischen Kreis Kaplitz (einschließlich der Orte Kaplitz/Kaplice, Gratzen/Nové Hrady und Hohenfurth) übernommen.

4. Bibliographische Hinweise

Literatur

  • Václav Bůžek: Hohenfurth. In: Joachim Bahlcke, Winfried Eberhard, Miloslav Polívka (Hg.): Handbuch der historischen Stätten. Böhmen und Mähren. Stuttgart 1998 (Kröners Taschenausgabe 329), S. 195-196 (u. a. mit tschechischsprachiger Bibliographie).
  • Heimatkreis Kaplitz (Hg.): Das Kloster der Witigonen. 750 Jahre Zisterzienserstift Hohenfurth/Vyšší Brod, Südböhmen, 1259–2009. Begleitband zur Ausstellung im Rahmen der Patenschaft der Großen Kreisstadt Ellwangen für die Vertriebenen aus dem ehemaligen Kreis Kaplitz in Südböhmen; Schlossmuseum Ellwangen/Jagst, Baden Württemberg, Oktober 2009 bis Januar 2010. Donauwörth 2009.
  • Heimatkundlicher Verein für Südböhmen (Hg.): Deutsche Kulturlandschaft an Moldau und Maltsch. München 1986.
  • Jiří Kuthan: Vyšší Brod. Hohenfurt, denkmalgeschütztes Areal, ehemaliges Kloster. České Budějovice 1989.
  • Jaroslav Pešina: Mistr Vyšebrodského cyklu. Praha 1982. Ders.: Der Meister des Hohenfurther Zyklus. Prag 1982.

Weblinks

Anmerkungen

[1] Vgl. Bůžek: Hohenfurth, S. 196; und www.czso.cz/csu/2012edicniplan.nsf/t/00002BD91A/$File/13011203.pdf (Počet obyvatel v obcích České republiky k 1. 1. 2012 [Volkszählung in den Kommunen der Tschechischen Republik zum 1. Januar 2012])

Zitation

Marco Bogade: Hohenfurth/Vyšší Brod. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2012. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/p32417 (Stand 30.07.2021).

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OME-Redaktion (Stand: 30.07.2024)  | 
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