Eperies/Prešov/Eperjes

1. Toponymie

Deutsche Bezeichnung

Eperies, 1939–1945 Preschau

Amtliche Bezeichnung

slowak. Prešov

Anderssprachige Bezeichnungen

ung. Eperjes; lat. Fragopolis oder Eperiessinum; ukr. Пряшів (translit. Prjašiv)

Etymologie

Der Ortsname Eperies geht nach gängiger Auffassung auf die Bezeichnung "eperjes" zurück, die im Ungarischen einem vom Wort "eper" (= Erdbeere) abgeleiteten Adjektiv entspricht und sich mit "reich an Erdbeeren" übersetzen lässt. Der Legende nach verlor der ungarische König Béla II. der Blinde während eines Halts unweit des heutigen Eperies sein Gefolge. Während er sich den Weg zurück ertastete, stieß er immer wieder auf Erdbeeren, mit denen er Hunger und Durst stillen konnte. Nachdem ihn seine Ritter abends gefunden hatten, nannte er das nächstgelegene Dorf, das heutige Eperies, "Eperjes". Der slowakische Historiker Ferdinand Uličný sieht in dieser Legende keine wissenschaftlich haltbare Erklärung; vielmehr leite sich der Ortsname vom Familiennamen Preš (nachrangig Praš) ab, der um die slawische Possessivendung -ov ergänzt und später im Deutschen und Ungarischen verballhornt worden sei.[1] Die Uneinigkeit hinsichtlich des Ursprungs des Ortsnamens ist vor dem Hintergrund der andauernden Auseinandersetzungen zwischen slowakischen und ungarischen Eliten unter anderem um die Deutungshoheit über die Geschichte des historischen Oberungarn zu sehen. Aus Sicht der Verfasserin gibt es sehr gute Gründe für die gängige Deutung. Eperies ist tatsächlich ein traditionell sehr ertragreiches Anbaugebiet auch für Erdbeeren. Der Familienname Preš entspricht im Slowakischen der Bezeichnung für die bei der Weinlese eingesetzte Traubenpresse, ist also, wie nicht wenige Wörter im Slowakischen, ganz offensichtlich ein Lehnwort aus dem Deutschen. Deutsche Siedler wiederum trafen erst in Eperies ein, als hier schon mehrere Jahrzehnte eine festgefügte Gemeinde bestand, die längst einen Namen hatte. Die Bezeichnung Prešov setzte sich erst im Laufe des 16. Jahrhunderts durch.

2. Geographie

Lage

49° 0' nördlicher Breite, 21° 14' östlicher Länge, 354 m über NHN.

Topographie

Eperies liegt an den nördlichen Ausläufern des Scharoscher Berglandes (slowak. Šarišská vrchovina) und am nördlichen Rand des Kaschauer Talbeckens.

Region

Šariš, eine Landschaft im Umkreis der Scharoscher Burg (slowak. Šarišský hrad) bei Groß-Scharosch (slowak. Veľký Šariš, ung. Nagysáros).

Staatliche und administrative Zugehörigkeit

Slowakei. Eperies, die drittgrößte slowakische Stadt, ist Hauptstadt sowohl des Kreises als auch des Verwaltungsbezirks Eperies. In der Stadt befindet sich die Metropolie der Griechisch-katholischen Kirche der Slowakei.

3. Geschichte und Kultur

Gebräuchliche Symbolik

Stadtwappen ist ein gotischer Schild in den Grundtönen Rot und Silber. In einer oberen Leiste sind der Stadtverwaltung zufolge drei Rosen angeordnet; sie beruft sich dafür auf die Urkunde über die Erteilung des Wappens durch den ungarischen König László V. (Ladislav Postumus) aus dem Jahre 1453, in der ausdrücklich von "Rosen auf weißem Felde" die Rede ist. Nicht wenige wollen dort jedoch ganz im Sinne der Ortsnamenslegende drei Erdbeeren erblicken. Darunter wechseln sich zwei rote und zwei silberfarbene Streifen ab.

Mittelalter

In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts trafen die ersten deutschen Siedler in Eperies ein. In der Mitte des 13. Jahrhunderts folgte eine weitere Welle von Deutschen, die auf Geheiß des ungarischen Königs Béla IV. kamen, um die nach den Mongoleneinfällen von 1241/42 entvölkerten Landstriche zu besiedeln. Im Jahre 1299 wurde Eperies durch den ungarischen König András III. das Stadtrecht verliehen. 1374 wurde der Ort zur Königlichen Freistadt erhoben. Seit 1480 gehörte Eperies mit Bartfeld/Bardejov, Kaschau/Košice, Leutschau/Levoča und Zeben/Sabinov zur Pentapolitana bzw. Pentapolis, einem Bündnis der fünf bedeutendsten Königlichen Freistädte im östlichen historischen Oberungarn.

Neuzeit

Eperies galt als Hochburg der Reformation. Dies ist nach gängiger Auffassung vor allem auf den hohen Anteil von Deutschen an der Stadtbevölkerung zurückzuführen, die dafür sorgen konnten, dass sich die Schriften der deutschen Reformatoren rasch verbreiteten. 1531 wurde in der Stadt die erste evangelische Kirchengemeinde auf dem Gebiet der heutigen Slowakei gegründet. 1548 fand eine erste Synode statt, bei der die Protestanten das Augsburger Bekenntnis verabschiedeten; dieses wurde aber schon 1549 durch die Confessio Pentapolitana abgemildert.

1696 und 1710 fiel der Großteil der Stadtbevölkerung einer damals in ganz Ungarn grassierenden Pestepidemie zum Opfer. 1710 und 1788 wurde Eperies durch Feuersbrünste weitgehend vernichtet. 1752 wurde die bedeutende Salzmine der Stadt überflutet; bei dem Unglück kamen alle Bergarbeiter ums Leben. Nach diesen Rückschlägen fand Eperies nie wieder zu seiner einstigen wirtschaftlichen Stärke zurück, zumal die Stadt 1887 nochmals in weiten Teilen bis auf die Grundmauern niederbrannte.

Verwaltung

Stadtoberhaupt von Eperies ist heute der (hauptamtliche) Oberbürgermeister. Es gibt sieben Stadtteile mit eigenen Parlamenten sowie ein Stadtparlament. In Eperies sind ein Kreis- und ein Bezirksgericht ansässig.

Bevölkerung

Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts siedelten sich vermehrt Roma in Eperies an. Im 19. Jahrhundert ließen sich dort viele Ruthenen und Ungarn nieder, was die Stadt zu einem Ort werden ließ, an dem ungewöhnlich viele Kulturen friedlich zusammenlebten. Heute ist die Bevölkerung von Eperies nahezu einheitlich slowakisch. Dennoch leben hier, und das ist in der Slowakei, wo sich in der Regel nur wenige Minderheiten den Raum mit der Mehrheitsbevölkerung teilen, einzigartig, Vertreter nahezu aller in der Slowakei anerkannten Minderheiten, die das Stadtgeschehen ausdrücklich mit ihren kulturellen Besonderheiten bereichern. 2001 waren 93,7 Prozent der Bevölkerung Slowaken, 1,4 Prozent Roma, 1,2 Prozent Ruthenen und 1,1 Prozent Ukrainer.[2]

Wirtschaft

Als Stadt mit einer langen Tradition des Salzabbaus galt Eperies im Mittelalter als wohlhabend. Im 14. Jahrhundert erlebte es dank der intensiven Entwicklung von Handel und Handwerk einen rasanten wirtschaftlichen Aufschwung. Epidemien und Feuersbrünste markierten im 18. Jahrhundert den Anfang seines allmählichen Niedergangs. Die Wirtschaft stagnierte. Daran änderte sich selbst nach dem Anschluss von Eperies an die Kaschau-Oderberger Bahn kaum etwas. Ende des 19. Jahrhunderts mussten Eperies und sein Umland einen enormen Bevölkerungsrückgang verkraften, da nahezu die Hälfte der Einwohner die Šariš verließ. Bis heute gilt Eperies trotz seiner Größe als rückständig und ist nur bedingt attraktiv für Investoren, die sich zumeist bei industriellen Textilien und Verpackungsmaterialien sowie im Bereich Maschinenbau engagieren.

Religions- und Kirchengeschichte

Die Eperieser galten als eifrige Unterstützer der das gesamte 17. Jahrhundert andauernden anti-habsburgischen Aufstände im Zuge von Gegenreformation und Rekatholisierung. 1667 wurde ein evangelisches Kollegium gegründet. Doch schon 1673 mussten alle drei protestantischen Kirchen in der Stadt übergeben werden. Im selben Jahr ließ sich der Jesuitenorden in Eperies nieder, zwei Jahre zuvor hatten sich die Franziskaner dort angesiedelt.

All das führte dazu, dass die Eperieser offen mit Emmerich Thököly sympathisierten. Dafür büßten sie beim berüchtigten "Eperieser Blutgericht" (auch "Eperieser Schlachtbank") unter Vorsitz des habsburgischen Generals Antonio Caraffa: Zwischen dem 5. März und dem 12. September 1687 wurden 24 protestantische Bürger und Adlige enteignet und hingerichtet.

Eperies war seit Mitte des 19. Jahrhunderts Vorreiter im Kampf für die Gleichberechtigung der Juden in Großungarn. Das war Leo Holländer zu danken, der 1830 der erste Vorsitzende der jüdischen Gemeinde wurde. Sein Vater Marek Holländer, der die Neptun-Fontäne auf dem Hauptplatz stiftete, war der erste Jude überhaupt gewesen, der sich in Eperies auf Dauer niederließ. 1871 gab es in Eperies eine orthodoxe und eine reformierte jüdische Glaubensgemeinschaft. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren 17,6 Prozent der Stadtbevölkerung mosaischen Glaubens; heute leben in Eperies noch rund 50 Juden.[3]

Bei der Volkszählung 2001 bekannten sich 66,8 Prozent der Einwohner zum römisch-katholischen, 8,9 Prozent zum griechisch-katholischen und 4,8 Prozent zum protestantischen Glauben. 13,6 Prozent gaben kein religiöses Bekenntnis an.[4]

Besondere kulturelle Institutionen

Das evangelische Kollegium ist heute Sitz der 1956 eingerichteten Scharoscher Galerie, einer der ältesten Regionalgalerien der Slowakei.

Bildung und Wissenschaft

Die Universität in Eperies (Prešovská univerzita v Prešove) hat sich unter anderem mit ihrem germanistischen Institut einen guten Namen gemacht. Ältester Bereich ist die Griechisch-katholische Theologische Fakultät, die aus der 1880 gegründeten Griechisch-katholischen Theologischen Akademie hervorging.

Kunstgeschichte

Die bedeutendsten Sehenswürdigkeiten von Eperies finden sich rund um den Hauptplatz (Hlavné námestie). Zu ihnen zählen die Franziskanerkirche (Františkánsky kostol), die griechisch-katholische Kirche (Gréckokatolický katedrálny chram sv. Jána Krstiteľa) und der griechisch-katholische Bischofspalast (Gréckokatolický biskupský palác), die orthodoxe Synagoge (Ortodoxná synagóga) und das Caraffa-Gefängnis (Caraffova väznica). Unter den weltlichen Bauten sind die früheren Wasserwerke (Kumšt) und die Bosák-Bank (Bosákova banka) hervorzuheben.

Die Altstadt von Eperies gilt als eine der am sorgfältigsten restaurierten in der Slowakei. Hervorzuheben ist, dass die Stadt wegen ihrer traditionellen ethnischen und kulturellen Vielfalt stets eine Sonderrolle hatte, aufgrund derer sie auch zu Zeiten des Kommunismus etwa den Erhalt und die kontinuierliche Pflege von Gotteshäusern durchsetzen konnte, darunter auch die Instandhaltung der prächtigen orthodoxen Synagoge, die zuletzt Anfang der 1990er Jahre umfassend restauriert wurde.

Gedächtnis- und Erinnerungskultur

Eperies setzt zunehmend auf den Tourismus und besinnt sich in diesem Zusammenhang mehr und mehr auf seine Vergangenheit. Inzwischen dienen die städtischen Baudenkmäler vor allem als Anhaltspunkte zur Entfaltung einer betont slowakischen Identität. Zugleich werben die Stadtväter mit dem besonderen multikulturellen Flair ihrer Stadt.

4. Bibliographische Hinweise

Literatur

  • Jozef Baďurík, Péter Kónya (Hg.): Slovensko v Habsburskej monarchii 1526–1918 [Die Slowakei in der Habsburgermonarchie 1526–1918]. Bratislava 2000.
  • Péter Kónya: Národnostné a konfesijné pomery v slobodnom kráľovskom meste Prešov v 16.–18. storočí [Nationale und konfessionelle Verhältnisse in der königlichen Freistadt Eperies im 16.–18. Jahrhundert]. In: Michaela Kokojanová (Red.): Bürger, Adel und Klerus in den Residenzstädten der frühen Neuzeit (16.–18. Jahrhundert). Sammelband mit Beiträgen der gleichnamigen Konferenz veranstaltet in Proßnitz, 25.–27. April 1995 vom Museum der Proßnitzer Region in Proßnitz/Muzeum Prostejovska v Prostejove. Proßnitz 1997, S. 276–290.
  • Imrich Michnovič, Alexander Ernst (Red.): Prešov – eine Stadt und ihre Geschichte. 2., verb. Aufl. Prešov 2001.

Anmerkungen

[1] Vgl. Švorc, Peter u.a., Sprievodca po historickom Prešove (Führer durch das historische Eperies), Prešov 1997, S. 14.

[2] app.statistics.sk/mosmis/eng/scitanie.jsp?txtUroven=000000&lstObec=524140 (Abruf 21.08.2013).

[3] www.slovak-jewish-heritage.org/presov-orthodox-synagogue.html?&L=1 (Abruf 21.08.2013).

[4] Vgl. Anm. 2.

Zitation

Karin Rogalska: Eperies/Prešov. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2013. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/54211.html (Stand 10.05.2021).

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(Stand: 19.01.2024)  | 
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