Lauenburg und Bütow (Lande)

1. Toponymie

Mit den Landen (= Ländern) Lauenburg und Bütow (Ziemia lęborsko-bytowska) wird ein historisches Territorium bezeichnet, das die Städte Lauenburg/Lębork und Bütow/Bytów sowie deren Umland umfasst. Beide Städte, nach denen dann wiederum das umliegende Land benannt wurde, haben ihren Namen von dem jeweiligen Fluss erhalten, an dem sie entstanden sind: der Leba (Łeba) bei Lauenburg (1338/39: Lewinburg) beziehungsweise der Bütow (Bytowa) bei Bütow (1329: dominium et castrum Butowe; 1346: terra butowe und stad Butaw; 1999 amtlicher kaschubischer Name: Bëtowò).

2. Geographie

Die Lande Lauenburg und Bütow liegen im äußersten Osten Hinterpommerns. Sie bilden in historischer Sicht ein Bindeglied zwischen Pommern und Pommerellen, waren aber voneinander durch die Landvogtei – den späteren Kreis – Stolp/Słupsk in Pommern getrennt. Der ursprüngliche Zentralort im Land Lauenburg war die pomoranische Burg Belgard an der Leba/Białogarda (kaschubisch: Biôłogarda), deren Funktion in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts von der im Urstromtal der Leba, einem Ostseezufluss, neu gegründeten Stadt Lauenburg übernommen wurde. Lauenburg markierte eine wichtige Station für die bedeutsame hansische Handelsstraße zwischen Stolp und Danzig/Gdańsk. Bütows Lage ist ähnlich charakterisiert – im Tal der ursprünglich stark versumpften Bütow, einem Nebenfluss der Stolpe (Słupia), entwickelte sich die Stadt ebenfalls seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts an einem der wenigen passierbaren Straßenübergänge über den Fluss und war damit am Rande des Baltischen Landrückens von großer strategischer Bedeutung an einer alten Handels- und Heerstraße. Westlich von Bütow gab es ein ursprünglich selbstständiges Land, dessen Zentrum die Burg in Tuchen/Tuchomie war. Das Land Tuchen wurde im Spätmittelalter vom Deutschen Orden in das Land Bütow integriert, nachdem die dortige Ordensburg fertiggestellt war.

Das Land beziehungsweise der spätere Kreis Lauenburg liegt an der Ostseeküste zwischen dem Lebasee (Jezioro Łebsko) im Westen und dem Zarnowitzer See (Jezioro Żarnowieckie) im Osten. Die Leba teilt, bevor sie nach Norden in Richtung Ostsee fließt, das Land in einen südlichen, von der Endmoräne, und einen nördlichen, von der Grundmoräne geprägten Teil. Der Kreis Lauenburg hatte eine Fläche von 1.289 km² und 1939 knapp 64.000 Einwohner, wovon fast ein Drittel in Lauenburg wohnte. In der Kleinstadt Leba lebten zu diesem Zeitpunkt gut 2.800 Einwohner. Der Kreis Bütow war mit einer Fläche von 617 km² der kleinste Landkreis in der Provinz Pommern bis 1945. Von den 24.000 Einwohnern 1939 lebten mehr als die Hälfte in der einzigen Stadt Bütow.[1] Das Land Bütow wird von einer wald- und seenreichen Hügellandschaft charakterisiert, die zur Endmoräne, dem Baltischen Landrücken, gehört; deren höchster Punkt ist hier der Schimmritzberg (Siemierzycka Góra) mit 256 m über NN. In kirchlicher Hinsicht gab es bis zur Reformation einen markanten Unterschied zwischen Lauenburg und Bütow: Während das letztgenannte Gebiet zum Bistum Cammin gehörte, war Lauenburg Teil des Bistums Kujawien mit Sitz in Leslau/Włocławek.

3. Geschichte und Kultur

Die Lande Lauenburg und Bütow wurden von einer bewegten Geschichte zwischen Pommerellen, Polen, dem Deutschen Orden, den askanischen Markgrafen und den pommerschen Herzögen geprägt. Sie sind Teil des ursprünglichen Siedlungsraumes der Pomoranen. Seit der Herausbildung eines westlichen Stammesherzogtums, dem späteren Pommern, und eines östlichen Stammesherzogtums, dem späteren Pommerellen, im Laufe des 12. Jahrhunderts waren beide Gebiete zu Grenzlandschaften geworden. Während der Lauenburger Raum bis ins 13. Jahrhundert von den Samboriden, dem pommerellischen Herrschergeschlecht, behauptet wurde, war der Bütower Raum bereits früh an die im Bereich Schlawe/Sławno-Stolp herrschenden Ratiboriden, eine Nebenlinie des Greifenhauses, gefallen. Nach dem Aussterben der Samboriden 1294 geriet der gesamte Bereich zwischen Stolp und Danzig für anderthalb Jahrzehnte unter die Oberhoheit der Markgrafen von Brandenburg, ehe diese 1309 fast ganz Pommerellen an den Deutschen Orden abtraten. Darunter fiel auch Lauenburg, während Bütow erst 1329 auf Umwegen an den Orden gelangte. 1341 verlieh der Orden als neuer Landesherr zunächst Lauenburg, 1346 dann auch Bütow eine Handfeste nach Kulmer Recht. In beiden Städten entstanden Ende des 14. Jahrhunderts  Ordensburgen, die im Falle Bütows fast vollständig, im Falle Lauenburgs nur teilweise erhalten geblieben sind.

1466 verlor der Orden im Zweiten Thorner Frieden unter anderem Lauenburg und Bütow an die polnische Krone. König Kasimir IV. (Kazimierz IV Jagiellończyk, 1427–1492) verpfändete beide Länder umgehend an Herzog Erich II. von Pommern (um 1425–1474). 1526 wurde dieser Pfandbesitz in ein Lehen der polnischen Krone umgewandelt. Während alle übrigen Territorien der pommerschen Herzöge Teil des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation waren, blieben Lauenburg und Bütow bis zum Aussterben des Greifenhauses polnische Lehen. Von 1637 bis 1657 waren die beiden Länder als erledigte Lehen von der polnischen Krone eingezogen worden, woraufhin umfassende Rekatholisierungsbestrebungen einsetzten.

Im Vertrag von Bromberg/Bydgoszcz belehnte Polen schließlich 1657 den Großen Kurfürsten (Friedrich Wilhelm von Brandenburg, 1620–1688) mit Lauenburg und Bütow. Damit verbunden war der Fortbestand einer ganzen Reihe von Sonderverwaltungsstrukturen (unter anderem gab es einen Oberlandeshauptmann), die erst schrittweise nach der Integration beider Länder in die Provinz Pommern ab 1771 aufgehoben wurden. Dabei waren allerdings einige Bereiche, wie zum Beispiel das Rechtswesen, anfangs noch Institutionen in der 1773 neu gebildeten benachbarten Provinz Westpreußen zugeordnet. Der 1777 geschaffene Lauenburg-Bütowsche Kreis wurde 1846 geteilt, sodass Lauenburg und Bütow jeweils Sitz einer Kreisverwaltung wurden. Neben dem Land Draheim waren Lauenburg und Bütow die einzigen Gebiete in Pommern vor 1945, die eine durch die Gegenreformation entstandene autochthone katholische Bevölkerung hatten, wenn diese auch im Vergleich zu den dort lebenden Protestanten zahlenmäßig gering blieb. Außerdem gab es nur in den beiden Kreisen Lauenburg und Bütow sowie in geringerer Zahl im westlich benachbarten Kreis Stolp eine kaschubischsprachige Minderheit, die zum Teil evangelisch und zum Teil katholisch war.

Nach 1945 wurde Lauenburg der Woiwodschaft Danzig (Województwo gdańskie) zugeordnet, kam dann von 1975 bis 1999 zur Woiwodschaft Stolp (Województwo słupskie), ehe es ein Teil der neuen Woiwodschaft Pommern (Województwo pomorskie) mit Verwaltungssitz Danzig wurde, die im deutschen Sprachgebrauch im Wesentlichen mit dem historischen Pommerellen deckungsgleich ist. Bei Bütow fiel die Entscheidung 1945/1946 für eine Zuordnung zur Woiwodschaft Köslin (Województwo koszalińskie), von der der Weg ab 1975 über die Zuordnung zu Stolp letztlich wie bei Lauenburg 1999 in der Woiwodschaft Pommern mündete.

4. Bibliographische Hinweise

Literatur

  • Ernst Bahr, Klaus Conrad: Lauenburg. In: Helge bei der Wieden, Roderich Schmidt (Hg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. Mecklenburg/Pommern. Stuttgart 1996 (Kröners Taschenausgabe 315), S. 228230.
  • Ernst Bahr, Roderich Schmidt: Bütow. In: Helge bei der Wieden, Roderich Schmidt (Hg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. Band 12: Mecklenburg/Pommern. Stuttgart 1996 (Kröners Taschenausgabe 315), S. 171173.
  • Gerhard Bronisch, Walter Ohle, Hans Teichmüller (Bearb.): Der Kreis Bütow, im Auftrage des Provinzialkonservators. 2. Aufl. Stettin 1939 (Die Kunst- und Kulturdenkmäler der Provinz Pommern 1).
  • Reinhold Cramer: Geschichte der Lande Lauenburg und Bütow. Zwei Bände. Königsberg i. Pr. 1858.
  • Peter Johanek, Franz-Joseph Post (Hg.), Thomas Tippach (Bearb.): Städtebuch Hinterpommern. Neubearbeitung. Hg. im Institut für vergleichende Städtegeschichte an der Universität Münster. Stuttgart 2003 (Deutsches Städtebuch. Handbuch städtischer Geschichte 3,2).
  • Klaus-Dieter Kreplin, Haik Thomas Porada, Dirk Schleinert: Die Verzeichnung der nichtstaatlichen Archive des Kreises Bütow nach dem Stand von 1939/40 von Erich Winguth (†). Einleitung und Kommentar. In: Baltische Studien – Pommersche Jahrbücher für Landesgeschichte (NF) 86 (2000), S. 115143.
  • Gerard Labuda: Inwentarze starostwa Bytowskiego i Lęborskiego z XVII i XVIII w [Inventare der Bütower und Lauenburger Starosten aus dem 17. und 18. Jahrhundert]. Torún 1959 (Inwentarze i lustracje starostw w Prusach Królewskich 2/Fontes 46 [Inventare und Lustrationsprotokolle der Starosteien im Königlichen Preußen 2/Quellen 46]).
  • Haik Thomas Porada: Die „hinteren Kreise“ in Pommern – Exkursion der Arbeitsgemeinschaft für pommersche Kirchengeschichte e.V. durch das östliche Hinterpommern im August 2000. In: Pommern – Kultur und Geschichte 38 (2000), H. 3, S. 27.
  • Zygmunt Szultka, Bogdan Wachowiak: Wizytacje domen bytowskiej i lęborskiej z XVI wieku [Visitationen der landesherrlichen Domänen in Bütow und Lauenburg im 16. Jahrhundert]. Warszawa, Szczecin 2009.

Anmerkungen

[1] Alle genannten Bevölkerungszahlen nach: Dietmar Lucht: Pommern. Geschichte, Kultur und Wirtschaft bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges. 2. Aufl. Köln 1998 (Historische Landeskunde – Deutsche Geschichte im Osten 3), S. 182–185.

Zitation

Haik Thomas Porada: Lauenburg und Bütow (Lande). In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2014. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/p32542 (Stand 18.10.2021).

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(Stand: 19.01.2024)  | 
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