Slowenien

1. Toponymie

Deutsche Bezeichnung

Slowenien, Republik Slowenien

Amtliche Bezeichnung

Republika Slovenija

Anderssprachige Bezeichnungen

engl. Slovenia; ital. Slovenia; ung. Szlovénia; kroat. Slovenija; lat. Slovenia

Etymologie

Das Toponym „Slowenien“ bezieht sich auf die Bezeichnung für die Bewohner: Slovenec, Plural Slovenci. Es leitet sich aus dem Slawischen, entweder von slovo (Wort) oder slava (Ruhm, die Ruhmvolle), ab.

2. Geographie

Lage

Slowenien liegt in den südlichen Kalkalpen sowie südlich dieser und ist, wie seine Bewohner scherzen, ähnlich einem ostwärts blickenden Huhn geformt. Im Norden grenzt das 20.273 km2 große Land an Österreich, im Westen an Italien, im Süden und Osten an Kroatien und im Nordosten an Ungarn. Im Südwesten liegt die 46,6 km lange Küste zum Adriatischen Meer.

Topographie

Im Norden Sloweniens liegen die Julischen Alpen, im Nordwesten mit dem Triglav (Bedeutung: Dreikopf) der höchste Berg (2.864 m) des Landes, der auch die höchste Erhebung Jugoslawiens war. Eine schematische Darstellung des Triglav  findet sich gemeinsam mit zwei die Meeresküste symbolisierenden Wellen auf der slowenischen Flagge. Im östlichen Slowenien laufen die Alpen in Hügel- und Flachland aus. Große Teile des Landes sind mit Wald bedeckt. Prägend für die slowenische Landschaft ist das im Südwesten gelegene Karstgebiet, das von einem weitverzweigten Höhlennetz durchzogen ist. Die größte dieser Höhlen (und die zweitgrößte Tropfsteinhöhle weltweit) ist die Adelsberger Grotte (Postojnska jama).

Historische Geographie

Auf die historische territoriale Zersplitterung des Raumes, den Slowenien heute umfasst, weist etwa die Kapitelüberschrift im Band Die Deutschen zwischen Karpaten und Krain (1994) hin, die das Gebiet umschreibt: Während die anderen Kapitel die Deutschen „in der Slowakei“ und die „westungarischen Deutschen“ behandeln, erzählt dieses von den Deutschen „in der Untersteiermark, in Ober-Krain und in der Gottschee“<link typo3/#_ftn1>[1]</link>. Auch hier sollen dementsprechend die einzelnen historischen Regionen, die heute gemeinsam Slowenien bilden, gesondert dargestellt werden.

(1) Die Untersteiermark ([Slovenska] Štajerska) gehörte wie Kärnten zum Königreich Noricum bzw. zur gleichnamigen römischen Provinz und ist der südliche Teil des früheren Herzogtums Steiermark, das Teil des Habsburgerreiches war. Die Steiermark wurde 1919 geteilt, als ihr südliches Drittel dem SHS-Staat[2], dem späteren Jugoslawien, angeschlossen wurde.  Heute bildet die Untersteiermark den  größten Teil der östlichen Hälfte Sloweniens und grenzt im Norden, zum Teil entlang der Mur (Mura), an das österreichische Bundesland Steiermark. Die Mur trennt sie auch vom slowenischen Übermurgebiet (Prekmurje), die Sotla bildet die Grenze zu Kroatien. Die Grenze zur im Westen und Süden anschließenden Region Krain (Kranjska) ist in der gegenwärtigen Verwaltungsstruktur des Landes nicht repräsentiert. Historisch waren die  Regionen Krain und Steiermark bis 1919 unterschiedliche Herrschaftsgebiete (Marken, Herzogtümer), die jedoch beide zum Habsburgerreich (cisleithanische Reichshälfte) gehörten und deren Geschichte sich spätestens ab dem 13. Jahrhundert in enger Verbindung zueinander entwickelte.  Im Süden bildet die Save die Grenze zu Krain, im Westen gibt es keine signifikanten landschaftlichen Trennmerkmale. Die wichtigsten Städte der Untersteiermark waren auch für die deutschsprachige Bevölkerung Sloweniens bedeutsam: Marburg an der Drau/Maribor, das einst mächtige Cilli/Celje und Pettau/Ptuj.

(2) Die historische Region Krain (Kranjska) umfasst das größte Gebiet Sloweniens. Unter Karl dem Großen (gest. 814) gehörte Krain gemeinsam mit Friaul und Istrien zur Mark Großfriaul, im 10. Jahrhundert wurde Krain zur Mark und nach wechselvoller Geschichte zu einem Herzogtum im Habsburgerreich. Die slowenische Hauptstadt Laibach/Ljubljana sowie unter anderen die Städte Krainburg/Kranj und Neustädtel/Nove Mesto befinden sich in Krain, das in die Regionen Ober- (Gorenjska, im Norden), Unter- (Dolenjska, im Südosten) und Innerkrain (Notranjska, im Südwesten) unterteilt wird. In der  Unterkrain (Dolenjska) liegt mit der Gottschee (Gottscheer Land [Kočevska], Stadt Gottschee/Kočevje) das Siedlungsgebiet der prominentesten deutschsprachigen Bevölkerungsgruppe Sloweniens. Als Kerngebiet des slowenischen Territoriums nimmt Krain eine herausragende Stellung in der nationalen Identitäts- und Geschichtsbildung ein.[3<link typo3/#_ftn2>]</link>

(3) Ein kleiner Teil des früheren Herzogtums Kärnten wurde 1919 dem Königreich SHS zugeschlagen. Es handelt sich dabei um zwei kleine, voneinander getrennte Gebiete nördlich der Untersteiermark, die heute direkt an Österreich (Kärnten) grenzen. Auch diese Gegend nennt man Kärnten bzw. im Slowenischen slovenska Koroška. Über die Grenzziehung zwischen Slowenien/Jugoslawien und Österreich  wurde 1920 in der Folge des Vertrags von Saint-Germain im südöstlichen Teil Kärntens abgestimmt, wobei die Entscheidung zugunsten Österreichs ausfiel. Nur  die erwähnten zwei kleinen Gebiete, die außerhalb des Abstimmungsgebietes lagen, wurden Slowenien zugesprochen, während der weit überwiegende Teil Kärntens – trotz einer bedeutenden slowenischen Minderheit – auch heute zu Österreich gehört. Das österreichische Bundesland Kärnten spielte deshalb in der Minderheitenpolitik Sloweniens/Jugoslawiens und Österreichs nach 1919 eine bedeutende Rolle.

(4) Das slowenische Küstenland (Primorska), unter den Habsburgern als „Österreichisches Küstenland“ bezeichnet (wobei die beiden Gebiete nicht deckungsgleich sind), ist die Region, die zwischen Krain und der italienischen Region Friaul-Julisch Venetien liegt und sich von den Julischen Alpen im Norden zum Adriatischen Meer im Süden erstreckt. Auch hier spielte der Vertrag von Saint-Germain 1919 für die Grenzziehung zu Italien eine wesentliche Rolle, und nach dem Zweiten Weltkrieg war die Grenzziehung erneut Gegenstand der Diskussion. Im Südwesten dieser Region liegen die Küstenstädte Koper (früher dt. Gafers) und Piran (früher dt. Pirian), im Westen die Städte Neu-Görz/Nova Gorica und Karfeit/Kobarid.

(5) Das Übermurgebiet ist die nordöstlichste Region Sloweniens und grenzt entlang der Mur an die Untersteiermark, außerdem an Österreich, Ungarn und Kroatien. Diese Region gehörte zur Habsburgerzeit zur ungarischen Reichshälfte (sog. Transleithanien). Hier lebt die ungarische Minderheit Sloweniens; die wichtigste Stadt des Gebietes ist Olsnitz/Murska Sobota.

Heute umfasst das zentralistisch aufgebaute Slowenien 212 Gemeinden (občine).

3. Geschichte

Besiedlung, Herrschaft und Christianisierung im frühen Mittelalter

Slowenien war bereits in der Altsteinzeit besiedelt. Später ließen sich die Noriker in Gebieten der Untersteiermark und Krains nieder. Gemeinsam mit den Tauriskern und weiteren Stämmen gründeten sie das Königreich Noricum, das später römische Provinz wurde. Schon in römischer Zeit befand sich an der Stelle, wo später Laibach gegründet wurde, die Stadt Emona. Als Durchzugsgebiet wurde das heutige Slowenien schon früh von Ost- und Westgoten, Hunnen, Langobarden, Franken und anderen Völkern durchwandert und zeitweise bewohnt und beherrscht. Spätestens ab dem Ende des 6. Jahrhunderts siedelten sich Slawen, gemeinsam mit den Awaren, in den Alpentälern an, wo sie den Bajuwaren begegneten.

Im 7. Jahrhundert entstand das slawische Fürstentum Karantanien (Carantania), das Gebiete des heutigen Kärnten, der Steiermark und Krains umfasste. Die Gegend wurde gemeinsam mit Bayern in das Karolingische Reich eingegliedert. Zu dieser Zeit begann auch die Christianisierung, hauptsächlich durch vom Erzbistum Salzburg und von Aquileia ausgehende Missionierung. Durch Angriffe der Magyaren brach die ostfränkische Landesherrschaft im Jahr 907 zusammen; Joachim Hösler spricht von einer „offenen historischen Situation 907−955“[4], bevor mit dem Sieg König Ottos I. (912−973) in der Schlacht auf dem Lechfeld 955 mehr Stabilität in die Region zurückkehrte und die Christianisierung fortgesetzt werden konnte.

Vom Mittelalter bis zum Habsburgerreich

Im Hochmittelalter wurden die Gebiete des heutigen Sloweniens kolonisiert, es siedelten sich Bauern, etwa aus Franken, Schwaben und Bayern an. Markant und für die deutschsprachige Geschichtsschreibung in der Region von besonderer Relevanz war die Rodung und Besiedlung des Hornwaldes (Kočevski rog), der Gottschee, wo vor allem Siedler aus Osttirol und Kärnten ansässig wurden. Ins 12. und 13. Jahrhundert fallen auch die Gründungen bedeutender Städte in der gesamten Region (u. a. Marburg, Pettau, Krainburg und Laibach), in denen erstmals freie Bürger lebten. Die Markgrafschaft Cilli entstand, 1180 wurde die Steiermark zum Herzogtum erhoben und stand bald darauf unter babenbergischer Herrschaft. An die Babenberger und dann an die Spanheimer fiel im 13. Jahrhundert auch Krain. In der Folge herrschte Ottokar II. Přemysl (um 1232−1278), bis er in der Wahl zum römisch-deutschen König gegen Rudolf von Habsburg (1218−1291) unterlag. Dessen Söhne wurden 1282 mit Österreich und der Steiermark belehnt, auch Krain fiel bald an die Habsburger und wurde im 14. Jahrhundert zum Herzogtum erhoben. Das letzte bedeutende machtpolitische Gegengewicht in der Region waren die Grafen von Cilli, die neben steirischen Gebieten und der Gottschee auch Besitzungen in Kärnten und Krain hielten. Nach kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Habsburgern wurde ein gegenseitiger Erbvertrag geschlossen, dank dem die Gebiete der Cillier Fürsten 1456 unter habsburgische Herrschaft gelangten. Für die nationale Identitätsbildung Sloweniens, die ab dem 19. Jahrhundert einsetzte und für die alles „Deutsche“ eine wichtige Kontrastfolie war, bot sich das Fürstentum Cilli als Eckpfeiler an. Das Cillier Wappen, drei Sterne auf blauem Hintergrund, wurde in die 1991 eingeführte slowenische Nationalflagge übernommen.

Slowenien als Teil der Habsburgermonarchie

Unter den Habsburgern wurde das heutige Slowenien gemeinsam mit Kärnten und der restlichen Steiermark zum sogenannten „innerösterreichischen“ Länderkomplex zusammengefasst. Die langjährigen „Türkenkriege“ der Habsburger waren eine große Belastung für die Bevölkerung, insbesondere abseits der Städte, was im 15., 16. und 17. Jahrhundert zu zahlreichen, vielfach von den Gottscheern ausgehenden Bauernaufständen führte. 1446 wurde das Bistum Laibach gegründet. Die ab ca. 1520 einsetzende Reformationsbewegung wurde vom deutschen Bürgertum in den slowenischen Siedlungsgebieten aufgenommen, hatte aber auch für die slowenischsprachigen Teile der Bevölkerung und die Entwicklung ihrer Schriftsprache enorme Bedeutung, da die reformatorischen Schriften in die jeweiligen Landessprachen übersetzt wurden. Die Gegenreformation beendete diese Entwicklung für die slowenischsprachigen Schichten vorerst relativ abrupt, während die deutschsprachigen Lutheraner der höheren Gesellschaftsschichten sukzessive rekatholisiert oder umgesiedelt wurden. Der Zuzug deutschsprachiger Siedler, zumindest in die Städte, riss im 17. Jahrhundert trotz wirtschaftlicher Stagnation der Region nicht ab. Gleichzeitig wuchs die Gesamtbevölkerung signifikant an. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts besserte sich die ökonomische Lage. Die slowenischen Gebiete erhielten dank der Verwaltungsreform Maria Theresias (1717−1780) Landesregierungen, wobei die Zusammenfassung der einzelnen Verwaltungseinheiten mehrfach umstrukturiert und „Innerösterreich“ aufgelöst wurde. Die Schulreformen des 18. Jahrhunderts führten zu einer Intensivierung des Unterrichts auf Slowenisch, ab 1797 erschien die erste Zeitung in slowenischer Sprache.

Von Illyrien bis Jugoslawien

Ab 1809 gehörte das spätere slowenische Gebiet zu Napoleons Herrschaftsgebiet und war mit Kärnten, Dalmatien und Kroatien Teil der illyrischen Provinzen. Nach dem Wiener Kongress und der Rückgabe des Territoriums an die Habsburger wurde das Gebiet, etwas verkleinert, zum Königreich Illyrien. Es hatte bis zur Revolution Bestand. 1848 begannen sich slowenische nationalistische Bestrebungen zu regen, die zur Anerkennung des Slowenischen als einer der Amtssprachen führten. Die Nationalbewegung richtete sich vorerst nicht grundsätzlich gegen die „Deutschen“, wohl aber gegen die „Deutschtümler“ (Nemškutari). Zunehmend entwickelten sich zwei politische Lager, in denen Deutsche und Slowenen einander gegenüberstanden. Dabei war die Trennung keine eindeutig nationale, vielmehr vertraten die Deutschen, die noch immer den weit größeren Teil der Oberschicht bildeten, und die „Deutschtümler“ eine liberale Politik, der sich die konservativ-klerikalen Vertreter slowenischer Nationalbewegungen entgegenstellten. Nationalistisch und ethnisch motivierte Argumentationen nahmen auf beiden Seiten zu. Auf Seiten der Deutschnationalen kam in radikaleren Kreisen auch Antisemitismus stärker auf. Die Kämpfe wurden zunehmend auf dem Gebiet der Bildungspolitik ausgetragen, wo sich die Konflikte vor allem um die Unterrichtssprache drehten. Mit der Intensivierung der Industrialisierung gewann auch die „Slowenisierung“ an Dynamik, wenngleich die Wirtschaftsleistung der Region stark von der deutschsprachigen Bevölkerung abhing.

Ab der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert eskalierten die Spannungen zwischen Deutschen und Slowenen, die Positionen differenzierten sich auch innerhalb der beiden Lager weiter aus, unter anderem entwickelte sich der „Jugoslawismus“. Beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs standen jedoch beide Seiten zum habsburgischen Kaiser. Auch die „Mai-Deklaration“ slowenischer und weiterer südslawischer Abgeordneter im Wiener Reichstag von 1917 forderte zwar die Vereinigung der südslawischen Gebiete, allerdings unter habsburgischer Herrschaft.

Der für Österreich-Ungarn ungünstige Verlauf des Krieges führte 1918 zur Gründung des Slowenischen Nationalrats, am 29. Oktober 1918 wurde der „Staat der Slowenen, Kroaten und Serben” (SHS-Staat) ausgerufen. Noch im selben Jahr vereinigten sich der SHS-Staat und das Königreich Serbien zum „Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“ (Königreich SHS). Die Teilung der Steiermark wurde im Friedensvertrag von Saint-Germain 1919 beschlossen. Bei der im Vertrag festgeschriebenen Volksabstimmung in Kärnten im Jahr 1920 war das neue Königreich allerdings nicht erfolgreich und das gesamte Territorium verblieb bei Österreich. Auch die Grenze zu Italien wurde zuungunsten des Königreichs SHS gezogen. Auf dem Gebiet des SHS-Staates entstanden die Ljubljanska und die Mariborska oblast; die relative Eigenständigkeit des slowenischen Gebiets wurde nicht behindert und zeigte sich vor allem im Bereich des Schulwesens. Die deutsche Sprache und die Deutschen wurden zunehmend zurückgedrängt, hielten sich jedoch in den Städten und in der Oberschicht. Spannungen zwischen Föderalisten und Zentralisten führten 1929 zum Ende des Parlamentarismus im Königreich SHS. Mit dem Einsetzen der Königsdiktatur ging die Umbenennung in „Königreich Jugoslawien“ einher, Slowenien wurde zur „Drau-Banschaft“ (Dravska banovina).

Von Jugoslawien bis zur Europäischen Union

Die Machtübernahme Adolf Hitlers (1889−1945) 1933 und der ‚Anschluss‘ Österreichs an das ‚Dritte Reich‘ 1938 wurden von den deutschnationalen Organisationen Sloweniens begrüßt. Bereits 1931 war der „Schwäbisch-Deutsche Kulturbund“ für das gesamte Jugoslawien zugelassen worden. Jugoslawien bemühte sich zu Beginn des Zweiten Weltkriegs um eine neutrale Haltung und positionierte sich nicht in Opposition zum nationalsozialistischen Regime. Dies änderte sich  im Frühjahr 1941, als sich die jugoslawische Regierung mit der Sowjetunion verbündete. Dem unangekündigten Angriff Deutschlands auf Jugoslawien am 6. April 1941 folgte elf Tage später die jugoslawische Kapitulation. Das slowenische Gebiet wurde zwischen Deutschland und Italien aufgeteilt, die Untersteiermark und Oberkrain wurden vom ‚Dritten Reich‘ annektiert. Für die Deutschen in Slowenien war dies mitunter enttäuschend; die Gottscheedeutschen etwa wurden in die von den Nationalsozialisten okkupierten Gebiete umgesiedelt. Heftige Kämpfe zwischen deutschen Besatzungstruppen und der aufkommenden Partisanenbewegung (in Slowenien:  der von Beginn an den Kommunisten nahestehenden, bald offiziell kommunistischen „Befreiungsfront“ [Osvobodilna fronta]) forderten beiderseits zahlreiche Opfer. Noch während des Zweiten Weltkrieges begannen die Partisanen, Schauprozesse zu führen, Abgeurteilte zu ermorden und in Karstschluchten und Dolinen ‚verschwinden‘ zu lassen. Vielfach handelte es sich bei den betroffenen Personen um Angehörige der zusammen mit den deutschen Einheiten kämpfenden „Slowenischen Landwehr“ (Domobranci). Unmittelbar nach Kriegsende rief der neue Machthaber und Präsident „auf Lebenszeit“ der nunmehrigen „Föderativen Volksrepublik Jugoslawien“, Josip Broz Tito (1892−1980), den Beginn von Vergeltungsaktionen aus. Die Schätzungen gehen weit auseinander: Möglicherweise bis zu 100.000 Menschen wurden vom kommunistischen Regime auf slowenischem Gebiet ermordet und ihre Leichen in die Dolinen geworfen oder in den Hornwald, das frühere Siedlungsgebiet der Gottscheer, gebracht. Die Deutschen, sofern sie nicht geflohen waren, wurden enteignet und ausgesiedelt, viele gefangengenommen, jahrelang in Lagern interniert und umgebracht. In der Folge nahm die Zahl der deutschsprachigen Bevölkerung auf slowenischem Gebiet im kommunistischen Jugoslawien kontinuierlich ab. Die Grenzziehung zu Kärnten wurde, auch zur Enttäuschung vieler Kärntner Slowenen, 1945 bestätigt. Das von 1947 bis 1954 bestehende „Freie Territorium Triest“ wurde 1954 geteilt: Der Norden mit der Hauptstadt Triest (Zone A) fiel an Italien zurück, Zone B kam zu Jugoslawien, das den Norden dieser Zone Slowenien, den Süden Kroatien zuteilte.

Als das jugoslawische Staatengebilde nach Titos Tod 1980 zunehmend fragil wurde, waren die Slowenen die ersten, die 1991 aus der Volksrepublik Jugoslawien austraten. Im Vergleich zu den Kriegen um und in Rest-Jugoslawien ging der Ausstieg mit dem folgenden Zehn-Tage-Krieg für Slowenien relativ glimpflich aus. Die Republik Slowenien trat 1992 der UNO bei und stabilisierte sich schnell. 2004 folgten die Beitritte zur NATO und zur EU.

4. Deutschsprachige Bevölkerung in Slowenien

Während ab dem Mittelalter grundsätzlich gilt, dass die bäuerliche Landbevölkerung auf slowenischem Gebiet größtenteils slowenischsprachig („windisch“) war, ist im Hinblick auf die höheren Stände Joachim Höslers These zutreffend: „[E]ine adäquate Darstellung der Geschichte der Region wird darauf verzichten müssen, den Adel der deutschen, slowenischen oder einer anderen Seite national zuzuordnen.“[5] Festzuhalten ist, dass Deutsch-Sprecher tendenziell höheren Gesellschaftsschichten angehörten und vorwiegend in den Städten lebten;  von dieser Regel gibt es allerdings auch markante Ausnahmen, etwa die deutschsprachigen Gottscheer Bauern.

Der Anteil Deutschsprachiger an der Bevölkerung Sloweniens kann dank Volkszählungen in der Habsburgermonarchie und Jugoslawien ab 1880 nachvollzogen werden, wenngleich die Art der Fragestellung (nach der Umgangs-, später nach der Muttersprache) und die jeweilige politische Situation die Antworten sicher beeinflusst haben. 1880: 8,1 Prozent Personen mit deutscher Umgangssprache (81.911 von insgesamt 1.015.443), 1910: 9,4 Prozent (106.255 von 1.128.960), 1921: 3,9 Prozent (41.514 von 1.054.919), 1931: 2,6 Prozent (28.998 von 1.144.298).[6] Nach einer vorübergehenden Zunahme deutschsprachiger  Menschen in den später zu Slowenien gehörenden Gebieten während des Zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Besatzung[7] gingen die Zahlen im zweiten Jugoslawien aufgrund der skizzierten Politik drastisch und über die Jahre immer weiter zurück. Zudem dürften auch hier politische Motive die Angaben der Befragten beeinflusst haben. 1948 gehörten demnach in Slowenien noch 2.406 Personen zur deutschsprachigen Bevölkerung,[8] 1953 waren 0,13 Prozent der Bevölkerung Österreicher oder Deutsche (1.906 von insgesamt 1.466.425 Personen), 1961: 0,06 Prozent (986 von 1.591.523), 1971: 0,04 Prozent (700 von 1.727.137), 1981: 0,02 Prozent (560 von 1.891.864). 1991 gab es erstmals wieder eine leichte Zunahme sowohl in absoluten als auch in relativen Zahlen; 0,04 Prozent bezeichneten sich als Deutsche oder Österreicher, 745 von insgesamt 1.965.986 Personen.[9] 2002 deklarierten sich 680 von insgesamt 1.964.036 Personen als Deutsche oder Österreicher.[10] Obwohl deutschsprachige Vereine in Slowenien zugelassen sind, gibt es bis heute kein Gesetz, das die Rechte der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien schützt.

5. Bibliographische Hinweise

Literatur

  • Feliks J. Bister, Peter Vodopivec (Hg.): Kulturelle Wechselseitigkeit in Mitteleuropa. Deutsche und slowenische Kultur im slowenischen Raum vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg. Symposium, Ljubljana, 29.−31. Oktober 1990. Ljubljana 1995 (Wissenschaftliche Bibliothek Österreich-Slowenien 1).
  • Mitja Ferenc, Joachim Hösler (Hg.): Spurensuche in der Gottschee. Deutschsprachige Siedler in Slowenien. Potsdam 2011 (Potsdamer Bibliothek Östliches Europa – Geschichte).
  • Ernst Hochberger, Anton Scherer, Friedrich Spiegel-Schmitt: Die Deutschen zwischen Karpaten und Krain. München 1994 (Vertreibungsgebiete und vertriebene Deutsche. Eine Studienbuchreihe zur Zwischenbilanz der Umsiedlung, Flucht, Deportation, Vertreibung und Aussiedlung 4).
  • Joachim Hösler: Slowenien. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Regensburg 2006 (Ost- und Südosteuropa – Geschichte der Länder und Völker).
  • Stefan Karner: Slowenien und seine „Deutschen“. Die deutschsprachige Volksgruppe als Subjekt und Objekt der Politik 1939 bis 1998. Bonn 2000 (Deutschland und seine Nachbarn 27).
  • Andreas Moritsch, Harald Krahwinkler (Hg.): Alpen-Adria. Zur Geschichte einer Region. Klagenfurt. Ljubljana 2001.
  • Dušan Nećak (Hg.): Die „Deutschen“ in Slowenien (1918–1955). Kurzer Abriß. „Nemci” na Slovenskem (1918–1955). Kratek oris. Ljubljana 1998.
  • Helmut Rumpler, Arnold Suppan (Hg.): Geschichte der Deutschen im Bereich des heutigen Slowenien 1848−1941. Zgodovina Nemcev na območju današnje Slovenije 1848−1941. Wien, München 1988 (Schriftenreihe des Österreichischen Ost-und Südosteuropa-Instituts 13).
  • Arnold Suppan: Untersteirer, Gottscheer und Laibacher als deutsche Minderheit zwischen Adria, Karawanken und Mur (1918−1948). In: Ders. (Hg.): Zwischen Adria und Karawanken. Berlin 1998 (Deutsche Geschichte im Osten Europas), S. 350−426.
  • Peter Štih, Vasko Simoniti, Peter Vodopivec: Slowenische Geschichte. Gesellschaft − Politik – Kultur. Aus dem Slowenischen übersetzt von Michael Kulnik. Graz 2008 (Veröffentlichungen der Historischen Landeskommission für Steiermark 40, Zbirka Zgodovinskega časopisa 34).
  • Marija Wakounig: Oj Triglav moj dom, kako si krasan! (Oh Triglav, meine Heimat, wie schön du bist!). In: Ost-West. Europäische Perspektiven. 2017, Heft 1. Berge in Mittel- und Osteuropa. S. 56–62.
  • Johann Weichard Freiherr von Valvasor: Die Ehre des Herzogthums Krain. I. und II. Band. Laibach, Nürnberg 1689; 2., unveränd. Aufl. Hg. von Janez Krajec, Vincenz Novak, Josef Pfeifer. Rudolfswerth 1877–1879.
  • Peter Vodopivec: Grundzüge der slowenischen Geschichte und der österreichisch-slowenischen Beziehungen vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. In: Andreas Brandtner, Werner Michler (Hg.): Zur Geschichte der österreichisch-slowenischen Literaturbeziehungen. Wien 1998, S. 9−28.
  • Hans-Ulrich Wehler: Nationalitätenpolitik in Jugoslawien. Die deutsche Minderheit 1918−1978. Göttingen 1980.
  • Krista Zach, Mira Miladinović Zalaznik (Hg.): Querschnitte. „… Der wissendlich Romanen für Historien ausgibt …“. Deutsch-slowenische Kultur und Geschichte im gemeinsamen Raum. München 2001 (Veröffentlichungen des Südostdeutschen Kulturwerks, Reihe B, Wissenschaftliche Arbeiten 80).

Weblinks

Anmerkungen

[1] Hochberger, Scherer, Spiegel-Schmitt: Die Deutschen zwischen Karpaten und Krain.

[2] SHS steht für "Staat der Slowenen, Kroaten und Serben" (“Država Slovenaca, Hrvata i Srba“), kurzeitiger Vorgängerstaat Jugoslawiens auf dem Gebiet Österreichs-Ungarns.

[3] Vgl. etwa von Valvasor: Die Ehre des Herzogtums Krain.

[4] Hösler: Slowenien, S. 23.

[5] Hösler: Slowenien, S. 52.

[6] Arnold Suppan: Slowenen und Deutsche in Krain, der Untersteiermark und in Slowenien in den Volkszählungen von 1880, 1910, 1921 und 1931. 4 Tabellen. In: Rumpler, Suppan (Hg.): Geschichte der Deutschen im Bereich des heutigen Slowenien, S. 311−318.

[7] Karner: Slowenien und seine „Deutschen“, S. 25.

[8] Karner: Slowenien und seine „Deutschen“, S. 25.

[9] Karner: Slowenien und seine „Deutschen“, S. 29.

[10] Census of population, households and housing, Slovenia, 31. March 2002. Rapid Reports No 92/2003 (Statistisches Amt der Republik Slowenien): www.stat.si/Popis2002/gradivo/si-92.pdf (Abruf: 16.07.2021).

Zitation

Vanessa Hannesschläger: Slowenien. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2017. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/p32646 (Stand 16.07.2021).

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(Stand: 19.01.2024)  | 
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