Zoppot/Sopot

1. Toponymie

Deutsche Bezeichnung

Zoppot

Amtliche Bezeichnung

poln. Sopot

Anderssprachige Bezeichnungen

kaschubisch Sopòt, Sopòtë, Copòtë, Copòt

Etymologie

Die Herkunft des Stadtnamens ist nicht abschließend geklärt. Wahrscheinlich ist er slawischen Ursprungs und leitet sich von dem Wort potòk = "rauschender Bach" ab.

2. Geographie

Lage

54° 44′ 51′′ nördliche Breite, 18° 56′ 83′′ östliche Länge. Zoppot liegt an der polnischen Ostseeküste. Im Norden grenzt die Stadt an Gdingen/Gdynia, im Süden an Danzig/Gdańsk; sie bildet die Mitte der sogenannten Dreistadt/Trójmiasto.

Staatliche und regionale Zugehörigkeit

Republik Polen; kreisfreie Stadt in der Woiwodschaft Pommern/Pomorze mit 38.141 Einwohnern (Stand 31.12.2010).[1]

Historische Zugehörigkeit

Zoppot geriet 1309 mit weiten Teilen Pommerellens unter die Herrschaft des Deutschen Ordens, bis der Ort 1466 durch den Zweiten Thorner Frieden an die polnische Krone fiel. Im Zuge der Ersten Teilung Polens 1772 kam Zoppot zu Preußen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden Danzig und Zoppot zur Freien Stadt Danzig unter Völkerbundmandat erklärt. Im Zuge der Besetzung Polens 1939 wurden Danzig und Zoppot dem Dritten Reich angeschlossen. Nach Kriegsende 1945 wurde Zoppot durch das Potsdamer Abkommen erneut Teil des polnischen Staates.

3. Geschichte und Kultur

Bild


Stadtwappen von
Zoppot/Sopot

 

Gebräuchliche Symbolik

Stadtsymbole sind das Wappen, die Flagge sowie die Stadthymne Hejnał.

Das Wappen besteht aus einem mauerbekrönten Schild, es zeigt eine weiße Möwe mit gespannten Flügeln auf blauem Grund, die sich mit einem weißen (silbernen) Dorsch auf einem gelben Sandhügel niederlässt.

Die Flagge besteht aus einem Rechteck mit einem Seitenverhältnis von 1,5:1. Sie hat zwei gleichbreite Streifen; der obere ist blau und der untere gelb. In der Mitte prangt eine weiße Möwe mit gespannten Flügeln und einem weißen Dorsch in den Fängen.

Der Hejnał wurde 2001 zur Hundertjahrfeier Zoppots von Tadeusz Kossak komponiert und ist eine triumphale Melodie, die täglich um zwölf Uhr vom Leuchtturm erklingt und bei offiziellen Feierlichkeiten gespielt wird.

Mittelalterliche Geschichte

Die erste urkundliche Erwähnung Zoppots geht auf den 5. März 1283 zurück. Herzog Mestwin II. von Pommerellen (1220–1294) überschrieb dem Zisterzienserkloster Oliva/Oliwa 15 Dörfer, darunter Zoppot. Diese Schenkung war eine Entschädigung für das an den Deutschen Orden abgetretene Land Mewe/Gniew, das vorher dem Kloster gehört hatte. In dieser Zeit war Zoppot ein kleines Bauerndorf, das dem Kloster in Oliva zu Grundzins und Scharwerksdiensten verpflichtet war.

Frühneuzeitliche Geschichte

Im 17. Jahrhundert erlebte Zoppot seine erste Blütezeit. Durch das Aufstreben Danzigs geriet das Umland immer mehr unter den Einfluss der Hansestadt und reiche Kaufleute suchten mit ihren Familie Erholungsmöglichkeiten im Grünen. Es finden sich auf das Jahr 1550 datierte Erbpachtverträge des Klosters Oliva mit Danziger Patriziern. Reiche Kaufmannsfamilien wie Borkmann, Uphagen, Kleefeld, Giese, von Frantzius bauten die Höfe zu Lust-, Land- und Sommersitzen um oder errichteten prachtvolle Neubauten.

Während des Zweiten Nordischen Krieges 1655 wurde Zoppot durch Plünderungen, Brandschatzungen, Einquartierungen und Zwangsabgaben schwer getroffen. Im Zuge der Friedensverhandlungen von Oliva quartierten sich 1660 sowohl die schwedische als auch die polnische Partei in verschiedenen Höfen ein und übertrafen sich gegenseitig durch Feste und höfischen Prunk. 1696 wüteten die Truppen des Gegenkönigs Prinz Franz Ludwig von Bourbon-Conti (1664–1709) in Zoppot und der Umgebung, bevor sie von August dem Starken (1670–1733) und seinen Verbänden vertrieben wurden. Am schwersten traf Zoppot der Polnische Thronfolgekrieg (1733−1736): Als Stanisław Poniatowski (1676–1762), der sich Stanisław Leszczyński (1677–1766) angeschlossen hatte, 1734 von Zoppot nach Danzig fliehen konnte, brannten die Truppen des später siegreichen Königs Augusts III. von Sachsen (1696–1763) das Dorf als Vergeltung nieder.

Nach der Ersten Teilung Polens 1772 wurde Zoppot preußisch.

Geschichte im 19. Jahrhundert

Im Zuge der napoleonischen Kriege wurde Zoppot 1807 von Franzosen und dann 1813 von Kosaken ausgeplündert. Mit der französischen Armee kam auch der Arzt Dr. Johann Georg Haffner (1777–1831) nach Danzig. Er erkannte die vorteilhafte Lage Zoppots als Erholungsort und pachtete 1823 ein Stück Land an der Stranddüne, wo er eines der ersten "Kaltbäder" errichtete. Die steigende Zahl der Badegäste machte bald den Ausbau der Kuranlagen notwendig; unter anderem wurde 1830 ein breiter Seesteg angelegt, der heute mit 515 m zu den Wahrzeichen Zoppots zählt. Auch die Eröffnung der Pommerschen Eisenbahn von Danzig nach Berlin 1870 beschleunigte die Stadtentwicklung. Von 1840 bis 1899 stieg die Einwohnerzahl von etwa 800 auf über 10.000 an.

Geschichte im 20. Jahrhundert

Zoppots Wachstum wurde durch die Erlangung der Stadtrechte am 8. Oktober 1901 weiter begünstigt; zahlreiche Bäderbauten wurden errichtet, unter anderem das imposante dritte Kurhaus. Den Ersten Weltkrieg überstand Zoppot ohne Schäden. Es wurde 1920 auf Grundlage des Versailler Vertrages als kreisfreie Stadt Teil der Freien Stadt Danzig unter Völkerbundmandat. Die Eröffnung des Kasinos im Kurhaus (1920) brachte der Stadt große Einnahmen, von denen das heute als Grand Hotel bekannte Kasino-Hotel errichtet wurde. Auch die 1909 erbaute Waldoper erlebte in den 20er und 30er Jahren eine Blütezeit. Die Wagner-Waldfestspiele machten Zoppot bekannt und zu einem "nordischen Bayreuth". 1929 wuchs die Zahl der Einwohner auf über 30.000 und die der Badegäste auf etwa 28.000 an. Zoppot erfreute sich nicht nur bei Deutschen und Polen großer Beliebtheit, auch wohlhabende Gäste aus anderen Teilen Europas besuchten die sog. "Riviera des Nordens". Dies lag an der für die Region einmaligen Attraktivität des Ostseebads als exklusives Urlaubs- und Erholungszentrum (Kasino, Pferderennbahn, Sommerresidenz des Kronprinzen) sowie an der guten Verkehrsanbindung.

Bild

Seesteg Zoppot (Postkarte: vor 1930) [Herder-
Institut, Marburg, Bildarchiv. Inv. Nr. 146305].

Durch den vom polnischen Staat forcierten Ausbau des Hafens in Gdingen geriet der Danziger Hafen unter Konkurrenzdruck. Die Weltwirtschaftskrise 1929 und die damit einhergehende hohe Arbeitslosigkeit verschlimmerten die wirtschaftliche Situation, die zu einem politischen Rechtsruck führte. Die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) gewann die Neuwahlen 1930 und die NSDAP unter Führung von Albert Forster (1902–1952) wurde zweitstärkste Kraft im Danziger Volkstag. Drei Jahre später erlangte Letztere die absolute Mehrheit und mit Danzig wurde Zoppot zu einer Hochburg der Nationalsozialisten. Die Diskriminierung von Juden und Polen gipfelte zunächst in der Brandschatzung der Synagoge 1938. Nach dem Überfall auf Polen und dem Anschluss der Freien Stadt Danzig an das Dritte Reich (Reichsgau Westpreußen, später Danzig-Westpreußen) verschlimmerte sich die Situation weiter. Vor allem Angehörige der jüdischen und polnischen Intelligenz wurden verhaftet und in Konzentrationslagern ermordet. Von Kriegshandlungen war die Stadt erst 1945 betroffen. Zoppot wurde nach kurzen, aber schweren Kämpfen am 23. März von der Roten Armee erobert. Viele Gebäude, unter anderem das Kurhaus, wurden zerstört, allerdings waren die Schäden im Vergleich zu dem in Trümmern liegenden Danzig überschaubar; zahlreiche Jugendstilvillen und die Bäderarchitektur blieben erhalten. Die deutschen Einwohner Zoppots, die nicht evakuiert wurden oder geflohen waren, wurden bis November 1946 ausgesiedelt.

1945 wurde Zoppot Teil der Volksrepublik Polen. Die geräumten Wohnungen und Häuser wurden von der umgesiedelten polnischen Bevölkerung eingenommen. In den ersten Nachkriegsjahren wuchs die Einwohnerzahl Zoppots schnell an und war 1950 mit 36.000 bereits höher als 1939. Die kommunistische Regierung förderte erfolgreich den Ausbau Zoppots zum Erholungsort für den Massentourismus. Parallel dazu organisierte man zahlreiche Kulturveranstaltungen wie das alljährlich stattfindende "Sopot Jazz Festival". Obwohl Zoppot zu einem Urlaubsort für alle Menschen einer klassenlosen Gesellschaft werden sollte, büßte es auch in der kommunistischen Ära nur wenig von seinem exklusiven Charakter ein, wie die Besuche von Hauptakteuren aus Kultur (Zbigniew Cybulski [1927–1967], Andrzej Wajda [1926–2016]) und Politik (Bolesław Bierut [1892–1956], Władysław Gomułka [1905–1982], Wojciech Jaruzelski [1923–2014]) belegen. Der Tourismus bildet auch im 21. Jahrhundert die wichtigste Einnahmequelle der Stadt.

4. Bibliographische Hinweise

Literatur

  • Małgorzata Buchholz-Todoroska: Zoppot als Sommerfrische der Danziger vom 17. bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert. In: Małgorzata Omilanowska, Beate Störtkuhl (Hg.): Stadtfluchten – Ucieczki z miasta. Warszawa 2011 (Das gemeinsame Kulturerbe/Wspólne Dziedzictwo 7), S. 77–86.
  • Ansgar Haller: Die Ausformung von Öffentlichkeit in Danzig im 18. Jahrhundert bis zur zweiten Teilung Polens im Jahre 1793. Hamburg 2005 (Studien zur Geschichtsforschung der Neuzeit 42), S. 327.
  • Hans-Jürgen Kämpfert: Zoppot im Rückblick. In: Gilbert H. Gornig (Hg.): Deutsch-polnisches Symposium. Die Stadt Zoppot nach 100 Jahren in Rückblick und Gegenwart. Lübeck 2004 (Schriftenreihe der Danziger Naturforschenden Gesellschaft 7), S. 4153.
  • Małgorzata Omilanowska: Polen an der Ostsee. Die Konstruktion einer visuellen Staatsidentität in der Ostseeregion (19181939). In: Beate Störtkuhl, Jens Stüben, Tobias Weger (Hg.): Aufbruch und Krise. Das östliche Europa und die Deutschen nach dem Ersten Weltkrieg. München 2010 (Schriften des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa 41), S. 3553.
  • Jerzy Stankiewicz, Bohdan Szemer: Gdańsk. Krajobraz i architektura zespołu miejskiego [Danzig. Landschaft und Architekur des Stadtverbunds]. Warszawa 1971, S. 2023.

Weblinks

Zitation

Paweł Mehring: Zoppot/Sopot. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2012. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/p32525 (Stand 30.07.2021).

Nutzungsbedingungen für diesen Artikel

Copyright © Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE), alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk entstand im Rahmen des Projekts „Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa“ und darf vervielfältigt und veröffentlicht werden, sofern die Einwilligung der Rechteinhaber vorliegt. Bitte kontaktieren Sie:

Wenn Sie fachliche Hinweise oder Ergänzungen zum Text haben, wenden Sie sich bitte unter Angabe von Literatur- und Quellenbelegen an die Redaktion.

(Stand: 19.01.2024)  | 
Zum Seitananfang scrollen Scroll to the top of the page