Krain

1. Toponymie

Deutsche Bezeichnung

Krain

Anderssprachige Bezeichnungen

slow. Kranjska, engl. Carniola

Etymologie

Die Bezeichnung geht zurück auf den vorindogermanischen Begriff Kar(n) für Stein, Fels. Daher rührt der Name des Fürstentums Karantanien (lat. Carantanum) im heutigen Kärnten während des 7./8. Jahrhunderts und der dem Herzogtum Kärnten südlich vorgelagerten Mark Carniola, der „kleinen Carnia“. Dieses Grenzland wurde in der Volkssprache Creina marcha genannt. Für die bereits ansässige slawischsprechende Bevölkerung hatte creina, krajina die Bedeutung von Landschaft und Grenzland.

2. Geographie

Lage

Mit den Städten Laibach/Ljubljana und Krainburg/Kranj bildete Krain über Jahrhunderte hinweg den Mittelpunkt des slowenischen Sprachgebietes. Im Norden wird es durch die Karawanken und die Steiner Alpen begrenzt, im Süden durch die slowenisch-kroatische Staatsgrenze (entlang des Flusses Kulpa [Kolpa]), die den südlich von Laibach ansteigenden Hochwald durchschneidet. Westlich des Triglav (der mit 2.864 m höchsten Erhebung Sloweniens) geht Krain in bewaldetes Karstgebiet über, das zum slowenischen Küstenland (Primorska) zählt; im Nordosten verläuft die Abgrenzung zwischen Krain und der slowenischen Steiermark (Untersteiermark, Štajerska) von den Steiner Alpen ausgehend dem Verlauf des Flusses Save (Sava) folgend bis zur slowenisch-kroatischen Grenze entlang einer Linie von Nordwesten nach Südosten.

Topographie

Krain lässt sich topographisch sinnvoll in drei Gebiete unterteilen. Erstens: Oberkrain (Gorenjska) im Norden einschließlich Laibach ist geprägt von der Gebirgswelt der Julischen Alpen. Seit 1981 besteht hier der Triglaver Nationalpark. In unmittelbarer Nähe, rund um Aßling/Jesenice, sind Auswirkungen der Industrialisierung während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unübersehbar (Eisen- und Kohlebergbau). Zweitens: Innerkrain (Notranjska) im Südwesten verfügt über kein städtisches Zentrum. Im Westen Innerkrains orientiert man sich eher am venezianisch geprägten Koper (slow.)/Capodistria (ital.), im Osten eher an Laibach. Als Unterzentren in dieser Region können Loitsch/Logatec, Adelsberg/Postojna und Zirknitz/Cerknica gelten. Geomorphologisch ist Innerkrain vom Karst geprägt, also von zerklüfteter Felsen- und Höhlenlandschaft, die etwa 15.000 Grotten umfassen soll (gut 6.000 davon gelten als erkundet). Die porösen Böden Innerkrains sind landwirtschaftlich wenig ergiebig. Drittens: Südlich von Laibach, zwischen Innerkrain und Untersteiermark (Štajerska), erstreckt sich Unterkrain (Dolenjska), eine hügelige, reich bewaldete, überwiegend agrarisch geprägte Gegend. Von ihrer früheren Funktion als Grenzland (zur Abwehr von Angriffen aus dem Osmanischen Reich) zeugen zahlreiche Burgen, Schlösser und Wehrkirchen. Innerhalb Unterkrains weisen die Gottschee und Weiß-Krain (Bela Krajina) Spezifika auf. Das Gottscheegebiet, schwer zugänglicher Hochwald mit dem städtischen Zentrum Gottschee/Kočevje, wurde über sechs Jahrhunderte hinweg (bis zu ihrer Aussiedlung auf Befehl Adolf Hitlers [1889–1945] Ende 1941) von der Anwesenheit deutschsprachiger Siedler geprägt. Im südöstlichen Grenzgebiet, in dem kaum Gottscheedeutsche lebten, mit den Zentren Möttling/Merling/Metlika und Tschernembl/Črnomelj, spricht man von Weiß-Krain, der Bela Krajina, wo lichte Birkenwälder und das wohl wärmste, stabilste Kontinentalklima Sloweniens dominieren.

3. Geschichte und Kultur

Symbolik

Zunächst roter, unter den Habsburgern seit 1335 blauer, nach links blickender Adler mit goldener Krone, rotem Schnabel und roter Zunge sowie rot-goldgelb geschachteter Brustspange, in der Regel auf goldgelbem Grund dargestellt; Landesfarben Blau und Gold.

Vor- und Frühgeschichte

Archäologische Funde zeugen davon, dass Krain seit der Altsteinzeit immer wieder besiedelt war, wobei diese Kulturen Randgebiete umfangreicherer Siedlungszentren im Donau- und Adriaraum darstellten. Auch der mit der Jungsteinzeit verbundene revolutionäre Wandel vom Jagen und Sammeln zu Ackerbau und Viehzucht ist mit Siedlungsspuren bei Cilli/Celje, Igg/Ig und Laibach nachgewiesen. In der älteren Eisenzeit erreichte die Besiedlung wohl schon Ausmaße wie zu Beginn des Mittelalters. Ab dem 4. Jahrhundert v. Chr. beeinflusste die keltische La-Tène-Kultur die Region. Die norischen Kelten errichteten das Regnum Noricum und ließen bei Celeia, dem späteren Cilli, ihre Silbermünzen prägen. Ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. unterhielt das norisch-keltische Königreich Handelskontakte mit dem Imperium Romanum. Dieses wurde politisch, militärisch, wirtschaftlich und kulturell in der Adria-Region immer dominanter, ehe es 10 v. Chr. das Königreich der norischen Kelten kampflos inkorporierte. Die folgende vierhundertjährige Romanisierung führte in Krain zu einem enormen Entwicklungsschub. Es entstanden Legionssiedlungen, Veteranen ließen sich nieder, die Bevölkerungsdichte stieg, zahlreiche Dörfer und Straßen wurden gebaut; mit der Via Gemina entstand eine wichtige Handelsstraße von Aquileia in Richtung Osten; Emona an der Stelle des heutigen Laibach, Celeia und Poetovium (aus dem Pettau/Ptuj hervorging) bildeten die wichtigsten städtischen Zentren und seit der Christianisierung von Rom beziehungsweise Aquileia aus fungierten sie als Bischofssitze. Nach dem Vorbild der römischen Provinzialverwaltung entstand die kirchliche Organisation der Diözesen.

Ab Ende des 4. Jahrhunderts hielt das römische Verteidigungssystem nicht mehr stand. Das Machtvakuum, welches der Zusammenbruch des Weströmischen Reiches hinterließ, füllten in Krain vorübergehend Westgoten, Ostgoten, Hunnen, Langobarden und Awaren.

Mittelalter

Zusammen mit den Awaren, turksprachigen Nomaden, erreichten auch slawischsprechende, Sesshaftigkeit anstrebende und in kleinen Sozialverbänden lebende ‚Kriegerbauern‘ die Region. Ihre Ansiedlung erfolgte zunächst vom Norden her über die Ostalpen, danach, vor allem im 6. Jahrhundert, auch aus südöstlicher Richtung. Die Landnahme vollzog sich prozessual, unkoordiniert und ohne zentrale Steuerung. Allerdings führte die „Slawisierung des flachen Landes“ (Edgar Hösch) zu einem massiven Bevölkerungsaustausch und im Zuge dessen zu einer Neugestaltung der Sprach- und Kulturverhältnisse. Die Slawen assimilierten sich nicht, sondern behielten ihre Mundarten und Lebensweise bei; ihre Immigration erwies sich als dauerhaft.

Im 7. Jahrhundert gehörten die Krainer Slawen zu den Untertanen des Fürstentums Karantanien, welches infolge der awarischen Bedrängung im 8. Jahrhundert zu einem von Franken beziehungsweise Bayern abhängigen Klientelfürstentum abstieg. Ehe es in Krain zu einer eigenständigen Machtbildung kam, wurde auch diese Region als Grenzland zur Sicherung und Strukturierung des unter Karolingern und Ottonen entstehenden Heiligen Römischen Reiches (Deutscher Nation) eingegliedert. Davon zeugen die Christianisierung der Slawen von Salzburg (bis zur Drau [Drava]) und von Aquileia (südlich des Drau-Flusses) aus, gegen die es teils massive Widerstände in der Bevölkerung gab, und die Schenkungen kaiserlichen Besitzes an weltliche und geistliche Kronvasallen. Dabei erwarben vor allem bayerische Bistümer umfangreichen Grundbesitz in Krain. In den Fränkischen Reichsannalen des Jahres 820 werden die Carniolenses, die Carniolenser, als Bewohner des Grenzlandes Carniola bezeichnet. Mit dieser Inkorporation entstand eine Sozialstruktur, die bis ins 19. Jahrhundert reproduziert und mit dem Aufkommen der Ideen des Nationalismus und der Demokratie problematisch wurde: Die Oberschichten waren überwiegend deutschsprachig, die Unterschichten waren überwiegend slawisch- beziehungsweise slowenischsprachig (s. auch „Bevölkerung, Gesellschaft und Religion“).

Die Angriffe der Magyaren in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts unterbrachen diese Neustrukturierung und stellten sie einige Jahrzehnte lang in Frage. Danach sicherten – von Westen nach Osten – die Mark Verona, die Mark Istrien, die Mark Krain, die Mark an der Sann, die Mark an der Drau und die Karantaner Mark die südöstliche Grenze des Heiligen Römischen Reiches. Nach innen hatten die Markgrafen die Grundherrschaft und das System des Feudalismus zu stabilisieren. Krain wurde wirtschaftlich und strategisch so attraktiv, dass der ambitionierte böhmische König Otokar Přemysl II. (um 1232–1278) es in den siebziger Jahren des 13. Jahrhunderts temporär okkupierte. Die aufstrebenden Habsburger, die den Höhenflug des Přemysliden beendeten, übernahmen Laibach im Jahr 1278 und das Land Krain 1335. Für die nächsten gut 580 Jahre blieb Krain habsburgisch. Im Jahr 1364 erhoben die Habsburger es zum Herzogtum.

Neuzeit

Die Bevölkerung Krains litt unter den militärischen Auseinandersetzungen der Habsburger mit den Fürsten von Cilli, die 1456 ausstarben. Sie fühlte sich Ende des 15. Jahrhunderts zu wenig geschützt vor den zahlreichen Angriffen aus dem Osmanischen Reich. Die Stände Krains beschwerten sich und forderten mehr Unterstützung gegen die „Türkengefahr“. Auch die ungarischen Söldnerheere des Matthias Corvinus (1443–1490), der 1485 Wien erobert hatte, verwüsteten Krain. Nur der überraschende Tod dieses Königs von Ungarn rettete die Habsburger. Sie stabilisierten den Südosten ihres Herrschaftsgebietes, indem sie die Länder Steiermark, Kärnten, Krain, Görz und Istrien zu Innerösterreich zusammenfassten und seit 1564 mit Hilfe der innerösterreichischen Zentralverwaltung regierten.

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ordnete Maria Theresia (1717–1780) eine Verwaltungsreform an. Die innerösterreichische Zentralverwaltung wurde aufgelöst, die Länder Kärnten, Steiermark und Krain wurden zu einem Gubernium zusammengeschlossen, das von Graz aus regiert wurde. Nach der Niederlage Österreichs im fünften Koalitionskrieg 1809 ließ Napoleon (1769–1821) von der nördlichen Adria bis zur Bucht von Cattaro die sogenannten Illyrischen Provinzen einrichten, denen auch Krain zugeschlagen wurde. Nach Abzug der Franzosen wurde Laibach zum Verwaltungszentrum der Länder Kärnten und Krain, die fortan zu einem Gubernium zusammengefügt wurden. Während des Vormärz entwickelte sich hier eine kleine slowenische Nationalbewegung, die 1848 ein ethnisch begründetes Nationalprogramm vorlegte.

Nach der Niederschlagung der Revolution 1848/1849 arrangierten sich die Repräsentanten der slowenischen Nationalbewegung rasch mit den monarchischen und gegenrevolutionären Kräften sowie mit dem Neoabsolutismus der 1850er Jahre. (s. auch „Bevölkerung, Gesellschaft und Religion“)

Zeitgeschichte

Im Zuge der Gründung des ersten jugoslawischen Staates nach dem Ersten Weltkrieg ging das Land Krain im Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen auf. Bis zur Zerstörung Jugoslawiens durch Hitler-Deutschland im April 1941 prägte ein slowenisches nation building, in dem die Raumvorstellung von Krain aufgehoben wurde, die Region. Dementsprechend wurde die am 12. November 1920 in Rapallo geregelte Abtretung nicht nur des Küstenlandes, sondern auch des Westens Oberkrains und Innerkrains an Italien als Verlust „slowenischen Landes“ kommuniziert (nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt Slowenien diese Gebiete zurück).

Mit der Zerschlagung Jugoslawiens spaltete die deutsch-italienische Okkupation Krain erneut. Hitler befahl, die von Deutschland okkupierten Gebiete, die Untersteiermark und den Norden Oberkrains, „wieder deutsch zu machen“, Laibach und das übrige Krain überließ er Italien. Auch die Gottschee lag im italienischen Besatzungsgebiet. Somit bedeutete die Losung „Heim ins Reich“ für die Gottscheedeutschen Aussiedlung und finis mundi. Das dezentrale, überföderalisierte zweite Jugoslawien der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ließ Platz für eine zunehmende slowenische Eigenständigkeit, die 1991 zur Unabhängigkeitserklärung der Republik Slowenien führte. Krain wurde nicht mehr Verwaltungseinheit, es blieb ein historischer Begriff, überwölbt vom slowenischen nationalen Diskurs.

Bevölkerung, Gesellschaft und Religion

Im Zuge der nachkarolingischen Kolonisation kamen auch deutschsprachige Bauern und Handwerker nach Krain. Die markanteste Kolonisationsleistung stellt die Erschließung der Gottschee ab Beginn des 14. Jahrhunderts dar.

Die zahlreichen Bauernaufstände im 15./16. Jahrhundert, die alle brutal niedergeschlagen wurden, zeigen, dass die größtenteils slawisch- beziehungsweise slowenischsprachige Landbevölkerung mit den Verhältnissen unter innerösterreichischer Verwaltung nicht zufrieden war. Allerdings gingen die meisten und größten Bauernaufstände vom Gottscheegebiet aus; die Aufstände waren also im Wesentlichen nicht national (Slowenen vs. Deutsche), sondern sozial motiviert (Bauer vs. Grundherr).

Die Resonanz, welche die Reformation ab den 1520er Jahren in Krain fand, weist darauf hin, dass auch viele Vertreter der katholischen Kirche sowie des weltlichen und geistlichen Adels die Habsburger schwächen oder ganz abschütteln wollten. Der Landeshauptmann und die Stände förderten die Gründung einer protestantischen Schule in Laibach. Die Landeskirche schloss sich der Reformation an. Der Prediger Primus Truber (1508–1586) war begeistert von der Idee, die Heilige Schrift in den Sprachen der Bevölkerung zu vermitteln. Seine Übersetzungen bilden die ersten Bücher, die in „windischer“ oder alt-slowenischer Sprache 1550 und 1555 gedruckt wurden. Der Leiter der protestantischen Schule, Adam Bohoritsch (um 1520–1598), schrieb auf Lateinisch die erste Grammatik für slawische Sprachen unter Berücksichtigung der „windischen“ Sprache; sie erschien 1584. Im gleichen Jahr wurde die komplette Bibelübersetzung von Georg Dalmatin (um 1547–1589), Trubers Nachfolger als Prediger, in „windischer“ Sprache gedruckt; diese Bibel diente noch den Philologen des 18./19. Jahrhunderts als Orientierung bei der Kodifizierung der slowenischen Schriftsprache.

Auf Dauer wollten die Habsburger den Protestantismus nicht dulden. Von etwa 1580 bis 1630 ließen sie die Region rekatholisieren. Etwa 750 Adlige verließen Innerösterreich, davon 104 aus Krain. Die Rekatholisierungskommissionen ließen Tausende von protestantischen Büchern verbrennen. Die Gegenreformation unterbrach die Weiterentwicklung der slowenischen Schriftsprache für fast zweihundert Jahre.

Die josephinische Kirchen- und Schulpolitik der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts lenkte unweigerlich die Aufmerksamkeit auf die Sprachverhältnisse im Land und die Notwendigkeit, die „windische“ oder „crainerische“ Sprache zu pflegen. So bestand zum Beispiel der Laibacher Bischof Karl von Herberstein (1719–1787) in den 1780er Jahren darauf, nur Pfarrer zu weihen, die auch in der Sprache der slawischen Gläubigen frei predigen konnten. Zwar blieben die Behörden in Graz und Wien dabei, dass Deutsch generell Unterrichtssprache sei. Doch in den dörflichen Sonntags- und Trivialschulen mussten die Kinder zunächst in ihrer Umgangssprache erreicht werden. Im Rahmen einer neuartigen „Vaterländerei“ (Josef Matl) erarbeiteten Gelehrte, Geistliche und Schriftsteller Wörterbücher, Grammatiken, Fibeln, Schulbücher und erste Zeitungen, mit denen die slowenische Schriftsprache gesichert und weiterentwickelt wurde. Gefördert wurde dies auch in den Illyrischen Provinzen: Für knapp vier Jahre erlebten die Krainer Bürgerliches Gesetzbuch, einheitliches Steuersystem, Gewerbefreiheit und allgemeine Wehrpflicht. Verwaltungssprache wurde Französisch, unterrichtet wurde aber auf ‚Slovenzisch‘.

Nach 1813 war die Entwicklung Krains von wirtschaftlicher Stagnation, politischer Unterdrückung und lebhafter Pflege der slowenischen Sprache geprägt. Dies führte bis Mitte des 19. Jahrhunderts einerseits zur Kodifizierung der slowenischen Sprache (in Abgrenzung zur kroatischen Sprache), andererseits zur Veränderung und Erweiterung des krainischen Landespatriotismus zu einem slowenischen Nationalbewusstsein. Die Zeitschrift Carniolia, die von 1838 bis 1844 als Vaterländische Zeitschrift und Unterhaltungsblatt für Kunst, Literatur, Theater und geselliges Leben in Laibach erschien, ist Ausdruck des Versuchs, eine übernationale, patriotische Loyalität zu Krain zu fördern. Mit diesem Ziel scheiterten Herausgeber und Verleger, Leopold Kordesch (1808–1879), Franz Hermann von Hermannsthal (1799–1875) und Josef Blasnik (1800–1872), aber Carniolia belegt deutsch-slowenisches Miteinander und deutsch-slowenische Wechselbeziehungen vor der nationalen Konfrontation. Diese kam landesweit erstmals während der Revolution von 1848 in der Petitionsbewegung für ein „Vereintes Slowenien“ zum Ausdruck, die auf die Vereinigung der Slowenen in einem eigenen Königreich (innerhalb der Habsburgermonarchie) mit eigenem Landtag und slowenischer Verwaltungs- und Unterrichtssprache zielte.

Die Lockerung von Zensur und Vereinsrecht nach dem Ende des Neoabsolutismus 1859 sowie die Liberalisierung ab 1867 beschleunigten die nationale Differenzierung, wobei die slowenisch-nationalen Kräfte bis Ende der 1860er Jahre konservativ-katholisch ausgerichtet blieben, die deutschnationalen überwiegend liberal orientiert waren. Nach dem Vorbild der tschechischen Nationalbewegung veranstalteten sogenannte „Jungslowenen“, die sich gegenüber den „Altslowenen“ radikaler und liberal gaben, von 1868 bis 1871 nationalpolitische Versammlungen unter freiem Himmel (tabori). Damit setzte die politische Differenzierung der slowenischen Nationalbewegung, die den Laibacher Gemeinderat seit 1882 und den Landtag von Krain seit 1883 dominierte, ein. Mehr als in den Nachbarländern gelang der slowenischen Nationalbewegung in Krain eine Art Slowenisierung des öffentlichen Lebens. Im Jahr 1895 erschütterte ein schweres Erdbeben die Landeshauptstadt. Bürgermeister Ivan Hribar (1851–1941) setzte bei der notwendigen Erneuerung nationale Akzente, um aus Laibach Ljubljana zu machen. Allerdings: Alle drei politischen Richtungen der slowenischen Nationalbewegung, die in Krain präsent waren – konservativ-klerikale, liberale und sozialdemokratische Kräfte – hielten bis gegen Ende des Ersten Weltkriegs an ihrer Loyalität zur Dynastie der Habsburger fest.

Den die nationalen Konfrontationen verschärfenden Umgangssprachenstatistiken zufolge ging in Krain von 1880 bis 1910 die Zahl der Deutschen von 29.392 auf 27.915 zurück (Bevölkerungsanteil von 6,2 Prozent auf 5,4 Prozent). In Laibach sank demnach der Bevölkerungsanteil der ‚Deutschen‘ in der gleichen Zeit von 21 auf 14 Prozent (die Zahlen dürfen nicht überbewertet werden; die Angabe der Umgangssprache entschied über die Zugehörigkeit zu einer Nationalität; dabei durften die Familienvorstände nur eine Sprache pro Person angeben, was der weitverbreiteten Mehrsprachigkeit in Krain und der Habsburgermonarchie insgesamt nicht gerecht werden konnte.[1]

Den Volkszählungen 1921 und 1931 zufolge ging der Anteil deutscher Muttersprachler wegen Abwanderung und Assimilation im slowenischen Landesteil Jugoslawiens von 41.514 auf 28.998 zurück. Zudem ordnete Hitler 1941 die Beendigung der gottscheedeutschen Besiedlung an; knapp 12.000 Gottscheedeutsche zogen um ins Ranner Dreieck nördlich des Flusses Gurk (Krka), weniger als 100 blieben zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg bekannten sich bei der Volkszählung von 1948 im slowenischen Landesteil des zweiten jugoslawischen Staates nur noch 2.406 Personen als deutsche Muttersprachler (1.824 Deutsche und 582 Österreicher); die Zahl sank in den folgenden Jahrzehnten auf unter 800 (1953: 1.907; 1961: 986; 1971: 700; 1981: 546; 1991: 745.[2]

Wirtschaft

Die Entwicklung der Mark Krain wurde begünstigt durch den Handel über die Bernsteinstraße von Aquileia nach Pettau (weiter Richtung Kroatien und Bosnien). Die „Herren von Krain“, wie sich die Markgrafen aus den Geschlechtern der Babenberger und der Spanheimer nannten, förderten seit dem 11. Jahrhundert die Landwerdung und den Landesausbau Krains: sie sicherten die Grenzen und sorgten für eine Festigung der Herrschaft und Verwaltung; sie trieben den Wegebau sowie den Ausbau von Märkten und Städten voran. An der Stelle der römischen Siedlung Emona entstand im 12./13. Jahrhundert die Stadt Laibach und wurde zum politischen und wirtschaftlichen Mittelpunkt des Landes.

Der Niedergang der Republik Venedig Anfang des 17. Jahrhunderts schadete Krain wirtschaftlich; der überregionale Handel ließ deutlich nach. Die Verlegung der Residenz von Graz nach Wien im Jahr 1619 ist ein äußerliches Zeichen der sozialökonomischen Peripherisierung Krains und seiner Nachbarländer. Auf die Verelendung immer größerer Bevölkerungskreise reagierte der absolutistische Staat mit Disziplinierung und merkantilistischer Wirtschaftspolitik. Der Merkantilismus verlieh der wirtschaftlichen Entwicklung Innerösterreichs einige Impulse, wobei ein Nord-Süd-Gefälle erhalten blieb. Im krainischen Idria/Idrija, wo seit 1493 Quecksilber gefördert wurde, entstand seit den 1740er Jahren der weltweit größte Lieferant von Quecksilber. In Laibach stieg die Zahl vermögender Großkaufleute, Verleger und Spediteure signifikant an. Die nach 1750 beginnende Trockenlegung des Laibacher Moores ist ebenfalls Ausdruck einer gewissen wirtschaftlichen Belebung, die aber schwächer als in den nördlichen Nachbarländern blieb.

Die josephinischen Reformen der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts brachten einige Erleichterungen für die Landbevölkerung: Das Bauernlegen wurde verboten, die Fron- beziehungsweise Robotdienste begrenzt, die Leibeigenschaft wurde aufgehoben, die Bewegungsfreiheit erweitert. Mit Hilfe „Ökonomischer Gesellschaften“ versuchte man die Landwirtschaft zu modernisieren. Die Transformation von der Agrar- zur Industriegesellschaft erfolgte in Krain während des oben angesprochenen nation building zwischen den beiden Weltkriegen. Auch im zweiten Jugoslawien zählte Krain zu den am höchsten entwickelten und am besten strukturierten Regionen des Gesamtstaates.

Gedächtnis-und Erinnerungskultur

Die slowenische Nationalbewegung hat bereits Mitte des 19. Jahrhunderts „krainerisch“ durch „slowenisch“ ersetzt. Nach 1918 hat die Geschichtsschreibung, die auf der krainischen Landesgeschichte basierte, diese neu definiert. Sie thematisierte die germanizacija „slowenischer Gebiete“ in der Vergangenheit, sie schrieb slowenische Nationalgeschichte und lehnte dabei auch das Projekt einer jugoslawischen Historie ab.[3] Es scheint, als hätte sich die historische Zunft im zweiten jugoslawischen Staat intensiver als vor 1941 in die jugoslawische Geschichtswissenschaft integriert. Das Bewusstsein slowenischer Eigenart blieb jedoch erhalten. Ohne größere Friktionen hat die historische Zunft ab 1991 die slowenische Eigenstaatlichkeit als Erfüllung der nationalen Forderungen von 1848 legitimiert.[4] Für die Erinnerung an Krain blieb und bleibt dabei nicht viel Raum. Allerdings kennt die interessierte Öffentlichkeit die Zeitschrift Kronika (Chronik), die seit 1952 regionalgeschichtliche Beiträge publiziert, auch über Akteure, Ereignisse und Entwicklungen aus der Geschichte des Landes Krain.

Wohl am stärksten popularisiert wurden die Bezeichnungen „Krain“ und „Oberkrain“ lange Zeit durch die Musik der „Original Oberkrainer“. Allerdings hat die traditionelle Volksmusik der Region mit diesem Anfang der 1950er Jahre kreierten Musikstil nicht viel gemeinsam.

4. Bibliographische Hinweise

Literatur

  • Mitja Ferenc, Joachim Hösler (Hg.): Spurensuche in der Gottschee. Deutschsprachige Siedler in Slowenien. Potsdam 2011 (Potsdamer Bibliothek Östliches Europa – Geschichte).
  • Harald Heppner (Hg.): Slowenen und Deutsche im gemeinsamen Raum. Neue Forschungen zu einem komplexen Thema. München 2002 (Buchreihe der Südostdeutschen Historischen Kommission 38).
  • Edgar Hösch: Geschichte der Balkanländer. Von der Frühzeit bis zur Gegenwart. München 1995.
  • Joachim Hösler: Slowenien. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Regensburg 2006 (Ost- und Südosteuropa – Geschichte der Länder und Völker).
  • Joachim Hösler: Von Krain zu Slowenien. Die Anfänge der nationalen Differenzierungsprozesse in Krain und der Untersteiermark von der Aufklärung bis zur Revolution, 1768 bis 1848. München 2006 (Südosteuropäische Arbeiten 126).
  • Jože Korinšek (Hg.): Entdecken Sie Slowenien! Übersetzung aus dem Slowenischen von Wolfgang Zitta. Ljubljana 1995.
  • Marco Kranjc: Kulturschock Slowenien. Bielefeld 2009.
  • Josef Matl: Südslawische Studien. München 1965.
  • Mira Miladinović-Zalaznik: Deutsch-slowenische literarische Wechselbeziehungen. Ljubljana 2002.
  • Dušan Nećak (Hg.): Die „Deutschen“ in Slowenien (1918–1955). Kurzer Abriß. Ljubljana 1998.
  • Klaus Detlef Olof, Miloš Okuka (Hg.): Traumreisen und Grenzermessungen. Reisende aus fünf Jahrhunderten über Slowenien. Klagenfurt 1995.
  • Petra Rehder: Slowenien. München 1999 (beck’sche reihe länder).
  • Peter Štih, Vasko Simoniti, Peter Vodopivec: Slowenische Geschichte. Gesellschaft – Politik – Kultur. Aus dem Slowenischen übersetzt von Michael Kulnik. Graz 2008.
  • Johann Weichard Freiherr von Valvasor: Die Ehre des Herzogthums Krain. I. und II. Band. Laibach und Nürnberg 1689; 2., unveränderte Auflage. Hg. von Janez Krajec, Vincenz Novak und Josef Pfeifer. Rudolfswerth 1877–1879.
  • Krista Zach, Mira Miladinović Zalaznik (Hg.): Querschnitte. „… Der wissendlich Romanen für Historien ausgibt …“. Deutsch-slowenische Kultur und Geschichte im gemeinsamen Raum. München 2001.

Weblinks

  • kronika.zrc-sazu.si (Homepage der slowenischsprachigen Zeitschrift Kronika für slowenische Regional- und Lokalgeschichte)
  • www.slovenia.info/de (Offizielles deutschsprachiges Portal der slowenischen Tourismuszentrale)

Anmerkungen

[1] Hösler: Von Krain zu Slowenien, S. 67 ff.

[2] Nećak: Die „Deutschen“ in Slowenien, S. 102.

[3] Siehe zum Beispiel Dragotin Lončar: Politično življenje Slovencev [Das politische Leben der Slowenen]. Ljubljana 1921; Josip Mal: Zgodovina slovenskega naroda [Die Geschichte der slowenischen Nation].Celje 1928/29; Fran Zwitter: Prebivalstvo na Slovenskem od XVIII. stoletja do današnih dni [Die Bevölkerung in Slowenien vom 18. Jahrhundert bis zu den heutigen Tagen]. Ljubljana 1936; Francè Škerl: Ljubljana v prvem desetletju ustavne dobe 1860-1869 [Laibach im ersten Jahrzehnt der Verfassungszeit, 1860-1869]. Ljubljana 1938.

[4] Siehe zum Beispiel Janko Prunk: Slovenski narodni vzpon. Narodna politika (1768–1992) [Der slowenische nationale Aufstieg. Die nationale Politik, 1768–1992]. Ljubljana 1992; Ders.: Slowenien. Ein Abriss seiner Geschichte. Ljubljana 1996 [zahlreiche Auflagen und Übersetzungen]; vgl. auch Štih/Simoniti/Vodopivec: Slowenische Geschichte.

Zitation

Joachim Hösler: Krain. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2015. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/p32564 (Stand 14.10.2021).

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(Stand: 19.01.2024)  | 
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