Königsberg/Nová Baňa/Újbánya

1. Toponymie

Deutsche Bezeichnung

Königsberg

Amtliche Bezeichnung

slowak. Nová Baňa

Anderssprachige Bezeichnungen

ung. Újbánya; lat. Regiomontum

Etymologie

Im Jahre 1337 wird der Ort erstmals als "Seunich" erwähnt, dem im Slowakischen Štiavnik ('ein sich Plackender') entspricht. Für das Jahr 1348 ist unter der Bezeichnung Nová Baňa ('Neues Bergwerk') ein Wappen belegt. Die deutsche Bezeichnung nimmt Bezug auf die Erhebung Königsbergs zur Königlichen Frei- und Bergstadt 1345 und wohl auch auf die Förderung der zum königlichen Regal gehörenden Bodenschätze.

2. Geographie

Lage

48° 25′ Nord, 18° 38′ Ost, 224 m über NHN.

Topographie

Königsberg liegt am Eingangstor in die Schemnitzer Berge, die zu den Westkarpaten gehören und einen Teil des Slowakischen Mittelgebirges bilden.

Region

Pohronie (Gebiet entlang des Flusses Gran/Hron), historische Landschaft Barsch (slowak. Tekov, ung. Bars).

Staatliche und administrative Zugehörigkeit

Slowakei; Königsberg ist neben Scharnowitz/Žarnovica die einzige Stadt im heutigen Kreis Žarnovica. Auf regionaler Ebene gehört es zum Verwaltungsbezirk Neusohl/Banská Bystrica/Besztercebánya.

3. Geschichte und Kultur

Gebräuchliche Symbolik

Das seit 1976 gebräuchliche Stadtwappen zeigt die gekreuzten Bergmannswerkzeuge Schlägel und Werkeisen in silberner Farbe auf blauem Grund, oben durch eine Goldkrone, unten durch eine goldene Lilie ergänzt. Das 1348 erstmals belegte Wappen hat die Form eines Sechsecks; in dessen Mitte ist eine sitzende Madonna mit dem Jesuskind abgebildet. Der ungarische König Ludwig der Große opfert beiden seine Krone.

Archäologische Bedeutung

Archäologische Funde lassen auf eine Besiedlung seit der späten Steinzeit schließen. Münzfunde aus dem 2. und 3. nachchristlichen Jahrhundert belegen rege Handelskontakte während der Römerzeit. Aus der Zeit des Zerfalls des Großmährischen Reiches Ende des 9. Jahrhunderts rühren bis heute sichtbare Spuren einer unweit von Königsberg gelegenen Festung.

Mittelalter

Seit Ende des 13. Jahrhunderts wurde in Königsberg Gold- und Silbererz abgebaut. 1355 wurde die Gemarkung Königsbergs erstmals schriftlich festgelegt.

Ab dem 14. Jahrhundert, als die ersten deutschen Siedler in der Region eintrafen, gehörte Königsberg zusammen mit Schemnitz/Banská Štiavnica/Selmecbánya, Neusohl/Banská Bystrica/Besztercebánya, Kremnitz/Kremnica/Körmöcbánya, Libethen/Ľubietová/Libétbánya, Dilln/Banská Belá/Fejérbánya und Pukanz/Pukanec/Bakabánya zum Bund der sieben freien Bergstädte und erlebte eine erste Blütezeit. Einen guten Ruf genossen im Mittelalter Mühlsteine, Schmiedearbeiten, Textilien und Töpferwaren sowie Obst aus Königsberg.

Neuzeit

1664 wurde Königsberg von den Osmanen fast vollständig zerstört, Ende des 17. Jahrhunderts durch die Pest nahezu entvölkert. Anfang des 18. Jahrhunderts gewann der Bergbau an Bedeutung; 1722 nahm der Engländer Isaac Potter hier die erste Dampfmaschine auf dem europäischen Kontinent in Betrieb.

Zeitgeschichte

Am 29. August 1944 schloss sich Königsberg dem Slowakischen Nationalaufstand gegen das unter nationalsozialistischem Einfluss stehende slowakische Regime an; er wurde vom Balkon des Olik-Hauses im Herzen der Stadt ausgerufen. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges und der deutschen Besatzung (29. März 1945) wurde Königsberg systematisch zum Verkehrsknotenpunkt ausgebaut.

Verwaltung

Königsberg besitzt ein Stadtamt mit Oberbürgermeister sowie eine Stadtverordnetenversammlung. Zuständiges Gericht ist das Kreisgericht Neusohl/Banská Bystrica/Besztercebánya.

Bevölkerung

Beim ersten Zensus in Königsberg (1682) wurden 840 Personen gezählt; im Jahre 1900 lebten dort 4.813 Menschen. Aufgrund der Quellenlage sind kaum verlässliche Aussagen zur historischen Gemengelage der Nationalitäten möglich.

Die Zahl der Einwohner ist von 2000 bis 2010 von 7.464 auf 7.301 gesunken. Bei der Volkszählung von 2002 gehörten 97,5 Prozent aller Einwohner der slowakischen Nationalität an, der Rest zählte sich v. a. zur Gruppe der Roma. 0,4 Prozent (etwa 30 Personen) bezeichneten sich als Deutsche.

Wirtschaft

Königsberg war von jeher durch den Bergbau geprägt; 1723 wurde die erste Teilhabergesellschaft für den Abbau von Golderzen gegründet. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts rentierte sich der Bergbau allerdings immer weniger und die letzte Mine wurde am 17. Mai 1887 geschlossen. 1936 wurde der Bergbau in Königsberg wiederbelebt, konnte seine alte Bedeutung jedoch nicht wiedererlangen. Seit dem 17. Jahrhundert spielte auch die Glasindustrie eine wichtige Rolle. Am 4. Juni 1630 gründete der Schlesier Michael Ulmb im heutigen Stadtteil Stará Huta ('Alte Hütte') den ersten glasverarbeitenden Betrieb. Heute prägen Hersteller von Baumaterialien, holzverarbeitende Betriebe und touristische Dienstleister die Wirtschaft Königsbergs.

Religions- und Kirchengeschichte

Die Bevölkerung Königsbergs ist traditionell überwiegend katholisch. Bei der Volkszählung 2002 bekannten sich 83,5 Prozent der Einwohner zum römisch-katholischen Glauben, 11,5 Prozent gaben kein religiöses Bekenntnis an.

Besondere kulturelle Institutionen

Wichtigste kulturelle Einrichtung Königsbergs ist das im Gebäude des ehemaligen Rathauses untergebrachte Museum für die Region Pohronie. Dort werden historische Ausstellungen mit lokalem und regionalem Bezug sowie zeitgenössische Kunst aus Königsberg und der Umgebung gezeigt.

Kunstgeschichte

Auf das 14. Jahrhundert geht die Pfarrkirche Mariae Geburt zurück; im Kern gotisch ist auch die nach 1391 errichtete Elisabeth-Kirche. Die Kirche des hl. Kreuzes auf dem Kalvarienberg stammt aus dem Jahre 1826. 1843–1847 wurde die Figurengruppe der hl. Dreifaltigkeit vor dem Museum errichtet.

Literatur

Königsberg war zeitweise Wohnort des slowakischen Literaten František Švantner (1912–1950).

Gedächtnis- und Erinnerungskultur

Königsberg bemüht sich, die Erinnerung an die mittelalterliche Blütezeit der Stadt wachzuhalten; so künden Schilder dem Besucher von der einstigen Königlichen Freistadt. Allerdings fehlt es der Stadt aktuell an finanziellen Mitteln zu nachhaltigem Denkmalschutz. Gedenktafeln für die Teilnehmer des Slowakischen Nationalaufstands prägen das Stadtbild.

4. Diskurse/Kontroversen

Die Vertreibung von Deutschen aus Königsberg nach dem Zweiten Weltkrieg wurde bisher in der Forschung nicht ausdrücklich thematisiert. Das hängt u. a. mit einem nach wie vor kaum aufgearbeiteten historischen Trauma zusammen: Am "schwarzen Sonntag" des 21. Januar 1945 töteten Angehörige der unter dem Decknamen "Edelweiß" operierenden Partisanenabwehrgruppe 218 in Kniehen/Kľak und Rauer Bergeshand/Ostrý Grúň unweit von Königsberg 146 Zivilisten. Sie verübten damit das größte Massaker des Zweiten Weltkriegs auf dem Gebiet der heutigen Slowakei. Von der das gesamte Gebiet der heutigen Slowakei erfassenden "Reslowakisierung" in den Jahren 1946 und 1947 blieb das bereits seit 1930 als "rein slowakisch" eingestufte Königsberg ausgenommen.

5. Bibliographische Hinweise

Literatur

  • Ivan Herčko: Stredné Pohronie na starých pohľadnicach [Die mittlere Pohronie-Region auf alten Postkarten]. Bratislava 2010.
  • Margaréta Horváthová, Nemci na Slovensku. Etnokultúrne tradície z aspektu odsídlenia, remesiel a odievania [Die Deutschen in der Slowakei. Ethnokulturelle Traditionen unter den Aspekten Ansiedlung, Handwerk und Bekleidung]. Dunajská Streda 2002, S. 33–41 und 53–64.
  • Peter Kartous, Jozef Novák, Ladislav Vrteĺ: Erby a vlajky miest v Slovenskej republike [Wappen und Flaggen der Städte in der Slowakischen Republik]. Martin 1991.
  • Dušan Kováč: Dejiny Slovenska [Geschichte der Slowakei]. Bratislava, Praha 2010.
  • Frieder Monzer: Slowakei: Unterwegs zwischen Donau, Tatra und Beskiden. 3. akt. und erw. Aufl. Berlin 2009.
  • Jörg Meier, Ilpo Tapani Piirainen, Klaus-Peter Wegera: Deutschsprachige Handschriften in slowakischen Archiven: Vom Mittelalter bis zur Frühen Neuzeit. Bd. 2: Mittelslowakei. Bearb. von Mikuláš Čelko. Berlin u. a. 2009.
  • Stanislav Mičev: Slovenské národné povstanie 1944 [Der Slowakische Nationalaufstand 1944]. Banská Bystrica 2010.

Weblinks

Zitation

Karin Rogalska: Königsberg/Nová Baňa. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2012. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/54287.html (Stand 10.05.2021).

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OME-Redaktion (Stand: 30.07.2024)  | 
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