Bartfeld/Bardejov

1. Toponymie

Deutsche Bezeichnung

Bartfeld

Amtliche Bezeichnung

slwk. Bardejov

Anderssprachige Bezeichnungen

ung. Bártfa; lat. Bartpha; poln. Bardiów

Etymologie

Der Ortsname leitet sich vom ungarischen „bárd“ (dt. „Barte“) ab. Bei einer Barte handelt es sich um eine Axt oder ein Beil, die oder das als Wappenfigur verwendet wird. Die weiteren Namensbestandteile im Deutschen (-feld) beziehungsweise Ungarischen (-fa) weisen auf den traditionell ausgeprägt ländlichen Charakter der Umgebung von Bartfeld sowie sehr üppige Waldbestände zu Zeiten der frühen Besiedlung des Ortes hin.

2. Geographie

Lage

Bartfeld liegt auf 49° 18' nördlicher Breite, 21° 17' östlicher Länge, 277 m über NHN, ca. 75 km nördlich von Kaschau/Košice.

Topographie

Bartfeld liegt rechts des Flusses Töpl (slwk. Topľa), eines Nebenflusses der Ondau  (slw. Ondava), in den Niederen Beskiden und am nördlichen Rand des Ondauer Berglandes (slwk. Ondavská vrchovina).

Region

Šariš, eine Landschaft im Umkreis der Scharoscher Burg (slwk. Šarišský hrad) bei Groß-Scharosch/Veľký Šariš.

Staatliche und administrative Zugehörigkeit

Slowakei. Bartfeld ist Hauptstadt des Kreises Bartfeld (Okres Bardejov).

3. Geschichte und Kultur

Gebräuchliche Symbolik

Das seit 1453 gebräuchliche Stadtwappen ist zweigeteilt und mit einer vergleichsweise komplexen Ornamentik vesehen. Oben sind zwei in Blau gekreuzte goldene Hellebarden angeordnet, zwischen denen eine goldene Krone (oben) und eine goldene Lilie (unten) schweben. Unten zeigt das Wappen sieben Streifen, abwechselnd in Rot und Weiß. Gekreuzte Hellebarden waren im 15. Jahrhundert ein gängiges Symbol für grenznahe Städte beziehungsweise für Städte am Rande eines Territoriums. Krone und Lilie verweisen auf die einstige Zugehörigkeit zur Pentapolitana, dem mittelalterlichen Bündnis der fünf bedeutendsten Königlichen Freistädte in Oberungarn, die sich heute auf dem Gebiet der Slowakei befinden. Rot und Weiß beziehungsweise Silber sind die in den Wappen dieser Städte dominierenden Farben.

Mittelalter

1241 wird Bartfeld in einer Urkunde des ungarischen Königs Béla IV. (1206–1270) erstmals schriftlich erwähnt. Es ist die Rede von deutschen Siedlern und einem in Bartfeld ansässigen Zisterzienserkloster, das polnische Mönche im 12. Jahrhundert gegründet hatten. Der Ort wird als hochentwickelte Siedlung beschrieben, die sich durch Handel und Handwerk einen guten Ruf verschafft hatte. Im Jahre 1247 gestattete Bela IV. den Mönchen die Grenzen der Klosteranlage neu zu ziehen. Zuvor hatten der Eingabe der Geistlichen an den König zufolge deutsche Siedler einen Teil der Klosteranlage zerstört und sie zwar wieder aufgebaut, dabei aber das Kloster um Grund und Boden gebracht. 1365 wurde dem Ort die Halsgerichtsbarkeit zugesprochen. Der ungarische König Ludwig (Lajos) I. (1326–1382) erhob Bartfeld im Jahre 1376 zur Königlichen Freistadt; die bereits zuvor angelegten Stadtbefestigungen wurden daraufhin noch zusätzlich ausgebaut. Seit Anfang des 15. Jahrhunderts bildete Bartfeld mit den Städten Eperies/Prešov, Kaschau/Košice, Leutschau/Levoča und Zeben/Sabinov die Pentapolitana. Im 15. Jahrhundert gehörte Bartfeld aufgrund einer 1412 durch König Sigismund von Luxemburg (1368–1437) vollzogenen Überlassung vorübergehend der polnischen Adelsfamilie Balicki. Diesen Akt machte 1477 König Matthias Corvinus (1443–1490) wieder rückgängig. Unter König Ladislaus V. (1440–1457) erhielt Bartfeld 1453 sein noch heute gebräuchliches Wappen verbrieft.

Neuzeit

Seit dem 16. Jahrhundert entwickelte sich Bartfeld zu einem kulturellen, religiösen und Bildungszentrum. Dies hing vor allem mit der Gründung eines humanistischen Gymnasiums zusammen, das weit über die Grenzen der Stadt hinaus einen hervorragenden Ruf genoß. Gefestigt wurde dieser vor allem durch Leonhard Stöckel (1510–1560), der 1539 Rektor des Gymnasiums wurde. Mit der Schrift Die Gesetze der Bartfelder Schule (Leges scholae Bartfensis) arbeitete er das erste pädagogische Regelwerk für das Gebiet der heutigen Slowakei aus.

Verwaltung

Die Geschicke der Stadt bestimmte, wie in anderen königlichen Freistädten und vom Bergbau geprägten Städten auch, im Mittelalter ein gewählter Magistrat, an dessen Spitze der Schultheiß (richtár) stand. Für Verwaltungsaufgaben war der Bürgersmann (mešťanosta) zuständig. Ab dem 18. Jahrhundert bestand der Magistrat aus dem auf Lebenszeit bestimmten Schultheiß und zwölf Senatoren. Die Verteidigung Bartfelds oblag dem Stadtkapitän (mestný kapitán). Diese Ordnung galt bis zur Gemeindereform von 1876.[1]

Stadtoberhaupt von Bartfeld ist heute ein hauptamtlicher Oberbürgermeister. Es gibt sechs Stadtteile mit eigenen Parlamenten sowie ein Stadtparlament. In Bartfeld ist ein Kreisgericht ansässig.

Bevölkerung

Wie aus der ersten schriftlichen Eintragung über Bartfeld aus dem Jahre 1241 hervorgeht, siedelten sich seit der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts Deutsche in Bartfeld an, die zuvor in Eperies/Prešov ansässig waren. In Bartfeld ließen sie sich im Areal des Zisterzienserklosters nieder, das sie zerstörten, um danach eine neue Siedlung zu errichten. Slowaken wie Deutschen war jeweils ein bestimmtes Katastergebiet innerhalb der Stadt zugewiesen.[2] 1437 wurden in Bartfeld 517 Häuser und rund 3.000 Einwohner gezählt, 1830 gab es 4.941 Einwohner.[3]

Entwicklung der ethnischen Zusammensetzung der Bevölkerung (18801910)[4]

  1880: 4.884 Einwohner, davon: 1890: 5.059 Einwohner, davon:

1900: 6.102 Einwohner, davon:

1910: 6.587 Einwohner, davon:
Slowaken 3.816 3.294 3.234 2.571
Deutsche 645 1.188 1.721 1.617
Ungarn 216 358 997 2.571
Ruthenen 9 227 14 21
Rumänen k. A. k. A. k. A. 5

Laut der Volkszählung von 2001 waren von den 33.247 Einwohnern 91,3 Prozent Slowaken, 2,6 Prozent Roma, 2,4 Prozent Ruthenen und 1,4 Prozent Ukrainer.[5]

Wirtschaft

Seine wirtschaftliche Blüte erlebte Bartfeld im 15. Jahrhundert. Zu dieser Zeit wurden 64 verschiedene Handwerke, 51 Zünfte und 176 Handwerksmeister gezählt. Zu den bedeutendsten Handwerkern gehörten Bäcker, Metzger, Müller, Schneider und Töpfer. Viele von ihnen produzierten bald weit über den lokalen Bedarf hinaus. Besondere Bekanntheit erlangte Bartfeld wegen des hier gefertigten Leinens. Zur Sicherung des schon früh sehr regen Handels und Handwerks wurde die Stadt seit dem 14. Jahrhundert systematisch befestigt. Ende des 15. Jahrhunderts setzte in Bartfeld ein wirtschaftlicher Niedergang ein, der vor allem bedingt war durch ein jahrzehntelanges Ringen der polnischen und ungarischen Könige um die Zugehörigkeit der ökonomisch höchst erfolgreichen Stadt zu ihrem jeweiligen Territorium. Erst im 19. Jahrhundert war in Bartfeld nach der Gründung von Banken und Industrieunternehmen (u.a. eine Spielwarenfabrik ab 1883) wieder ein anhaltender wirtschaftlicher Aufschwung zu beobachten; die Stadt konnte jedoch nicht an frühere Glanzzeiten anknüpfen. Ab 1893 verfügte Bartfeld über eine Eisenbahnanbindung nach Eperies.

Nach dem Zweiten Weltkrieg intensivierte sich in Bartfeld die industrielle Tätigkeit; für die dafür benötigten Arbeitskräfte wurden zahlreiche neue Siedlungen in Plattenbauweise errichtet.

Religions- und Kirchengeschichte

1546 bekannten sich die Bartfelder Bürger gemeinsam mit jenen der anderen zur Pentapolitana gehörenden Städte zur Reformation. Die fünf Städte bildeten ein eigenes, für die Ordination zuständiges Dekanat. Leonhard Stöckel wurde in diesem Zusammenhang mit der Ausarbeitung der Confessio Pentapolitana, des oberungarischen evangelischen Glaubensbekenntnisses, beauftragt, das an die Apologie der Confessio Augustana (Augsburger Bekenntnis) anknüpft. Es gab eine öffentlich zugängliche Bibliothek, der zwei Buchdruckereien, Guttgesel und Klösz, angeschlossen waren. Im Jahre 1581 wurde bei David Guttgesel (1540–1599) ein Druck von Martin Luthers Katechismus hergestellt.

In Bartfeld konnte erst in den 1830er Jahren, nach der Aufhebung entsprechender Beschränkungen, eine jüdische Gemeinde entstehen. Juden ließen sich in einer Vorstadt nieder, dort entstanden für die überwiegend orthodoxen Gemeindemitglieder eine Synagoge, Bethäuser, eine Schule und eine Mikwe. Im Jahre 1940 war etwa ein Viertel der Bartfelder Bevölkerung jüdischer Religionszugehörigkeit. Die meisten Bartfelder Juden wurden Opfer des Holocaust.

Zusammensetzung der Bevölkerung nach konfessioneller Zugehörigkeit[6]

  1880: 4.884 Einwohner, davon: 1890: 5.069 Einwohner, davon: 1900: 6.102 Einwohner, davon: 1910: 6.587 Einwohner, davon:
römisch-katholisch 2.944 3.075 3.386 3.527
griechisch-katholisch 139 173 286 349
evangelisch-lutherisch 687 684 675 641
evangelisch-reformiert 1 12 39 55
jüdisch 1.113 1.125 1.715 2.000

Bei der Volkszählung 2001 war die größte Konfession mit 63,2 Prozent die römisch-katholische. Zum griechisch-katholischen Glauben bekannten sich 16,9 Prozent, zur evangelischen Kirche A. B. 7,6 Prozent und zum orthodoxen Glauben 4,3 Prozent der Einwohner. Alle diese Religionsgemeinschaften sind mit eigenen Gotteshäusern in der Stadt vertreten. Konfessionslos waren 4,9 Prozent.[7]

Besondere kulturelle Institutionen

Bartfeld ist traditionell ein bedeutender Bade- und Luftkurort. In dem fünf Kilometer vom Zentrum entfernten Bad Bartfeld/Bardejovské Kúpele suchte auch die österreichische Kaiserin Elisabeth (1837–1898), genannt Sisi, mehrfach Genesung. In Bad Bartfeld gibt es ein Freilichtmuseum für Volkskunst.

Im historischen Rathaus von Bartfeld hat seit 1903 das Scharoscher Museum (Šarišské múzeum) mit reichhaltigen kulturhistorischen und volkskundlichen Sammlungen seinen Sitz.

Kunstgeschichte

Die Stadt weist bis heute typische Merkmale einer planmäßig angelegten Siedlungsstadt des Hochmittelalters auf, etwa die typische Rechteckform des Marktplatzes nach Magdeburger Recht. In ihrem nahezu vollständig erhaltenen mittelalterlichen Stadtkern befinden sich zahlreiche Kulturdenkmäler, darunter die gotische St.-Aegidius-Kirche von 1247 (mit elf kunsthistorisch herausragenden spätgotischen Flügelaltären), die nach barocken Einbauten im 19. Jahrhundert nach einem Plan von Imre Steindl (1839–1902) ‚regotisiert‘ wurde, das Franziskanerkloster mit Kirche, der Gansaughof und das zwischen 1505 und 1508 erbaute Rathaus in der Mitte des Hauptplatzes. Erhalten sind auch Reste der Stadtbefestigung mit Stadtmauer, zehn Bastionen und drei Türmen; die Fortifikation gilt als die am besten erhaltene auf dem Gebiete der heutigen Slowakei.

Gedächtnis- und Erinnerungskultur

Der mittelalterliche Stadtkern von Bartfeld wurde schon 1950 zur städtischen Denkmalschutzzone erklärt und zählt seit 2000 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Dadurch zieht die Stadt alljährlich zahlreiche Besucher an.

4. Bibliographische Hinweise

Literatur

  • Dejiny Bardejova [Geschichte Bartfelds]. Hg. v. Sarišské muzeum v Bardejove. Košice 1975.
  • Bartolomej Krpelec: Bardejov a jeho okolie dávno a dnes [Bartfeld und seine Umgebung früher und heute]. Bardejov 1935.
  • Pamiatková rezervácia Bardejov. Zásady ochrany pamiatkového územia. Textová  časť [Denkmalschutzgebiet Bartfeld. Prinzipien des Schutzes des unter Denkmalschutz stehenden Gebietes. Textteil]. Hg. v. Krajský Pamiatkový úrad Prešov [Denkmalschutzbehörde des Verwaltungsbezirks Prešov]. Prešov 2006/9. URL: www.pamiatky.sk/Content/ZASADY/Bardejov/PR_Bardejov_Zasad_ochr_text.pdf

Weblinks

Anmerkungen

[1] Eleonora Mesiková: Vývoj územného a správneho členenia na Slovensku [Entwicklung der Gebiets- und Verwaltungsgliederung in der Slowakei]. In: Politické vedy [Politikwissenschaft] 11 (2008), S. 72-96, hier: S. 78. URL: www.politickevedy.fpvmv.umb.sk/userfiles/file/3_4_2008/MESIKOVA.pdf (Abruf 02.07.2014).

[2] Unsere Gemeinden. Kurzporträt aller slowakischen Kommunen: naseobce.sk/mesta-a-obce/1310-bardejov (Abruf 17.09.2014).

[3] Unsere Gemeinden. Kurzporträt aller slowakischen Kommunen: naseobce.sk/mesta-a-obce/1310-bardejov (Abruf 17.09.2014).

[4] Historisch-demographisches Lexikon der Gemeinden der Slowakei für die Jahre 1880 bis 1910: portal.statistics.sk/files/historicko-demograficky_lexikon_obci_sr_1880_1910_1.5.pdf (Abruf 17.09.2014).

[5] Statistisches Amt der Slowakischen Republik: app.statistics.sk/mosmis/eng/scitanie.jsp?txtUroven=000000&lstObec=519006 (Abruf 20.10.2014).

[6] Historisch-demographisches Lexikon der Gemeinden der Slowakei für die Jahre 1880 bis 1910, portal.statistics.sk/files/historicko-demograficky_lexikon_obci_sr_1880_1910_1.5.pdf (Abruf 17.09.2014).

[7] Statistisches Amt der Slowakischen Republik: app.statistics.sk/mosmis/eng/scitanie.jsp?txtUroven=000000&lstObec=519006 (Abruf 20.10.2014).

Zitation

Karin Rogalska: Bartfeld/Bardejov. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2014. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/p32332 (Stand 10.05.2021).

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(Stand: 19.01.2024)  | 
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