Katholiken (Römisch-Katholische)
1. Genese und Definition
Die ursprüngliche Begrifflichkeit der (geographischen) Universalität beziehungsweise Allgemeinheit (καθολικóς = das Ganze) verschmolz in der Zeit der Reformation mit der Konnotation der Rechtgläubigkeit zur Bezeichnung der konkreten katholischen Konfessionskirche in Abgrenzung zum Protestantismus. Auch Martin Luther (1483–1546) und Johannes Calvin (1509–1564) nahmen die Katholizität für ihre Kirchen in Anspruch, allerdings nicht für die irdische Institution, sondern für die überweltliche, geistlich-unsichtbare Größe. Bei fortschreitender Differenzierung meint der Begriff heute alle historisch fassbaren Erscheinungsformen des katholischen Christentums.
2. Diskurse
Fiel für die Reformationskirchen bis ins 20. Jahrhundert hinein katholische Kirche und Katholizismus in eins, so differenzierte die katholische Seite seit dem 19. Jahrhundert zwischen der hierarchisch verfassten Amtskirche mit ihrem dogmatischen Lehrgebäude und der kulturell-sozialen Manifestation der römisch-katholischen Tradition.[1] Die soziale und politische Selbstorganisation der Katholiken seit dem fortgeschrittenen 19. Jahrhundert, verbunden mit den je eigenen Nationalismen in den europäischen Staaten, führte zu verstärkter Profilbildung – teilweise in Abgrenzung von der römischen Kirchenspitze – wie auch zu eigenen Organisationsstrukturen (Vereine, Parteien, Bischofskonferenzen etc.). Durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) wich die teilweise polemisch abgrenzende Note in der Begrifflichkeit einer ökumenischen Annäherung.
3. Historischer Abriss
Die Gegenreformation (Rekatholisierung) in Ostmitteleuropa
In der Frühen Neuzeit erfasste der Katholizismus unter den Deutschen in Ostmitteleuropa in sehr unterschiedlicher Ausprägung zumeist eine Minderheit; vor allem in den großen Städten bekannten sich weite Teile der Bevölkerung und zahlreiche Räte zur lutherischen und reformierten Konfession. Das Konzil von Trient (1545–1563) entwarf ein neues Selbstbild der Kirche, das zentral strukturiert und, vermittelt durch die Römische Kurie (Nuntien etc.) und die Reformorden (bes. Jesuiten), über die politischen und kirchlichen Eliten der Region popularisiert wurde. Neben der strikten dogmatischen Abgrenzung von anderen Bekenntnissen führte dieser als Konfessionalisierung bezeichnete komplexe historische Fundamentalvorgang in Ostmitteleuropa zu einer höchst effektiven Interaktion zwischen katholischer Kirche und entsprechendem Landesherrn, die weitreichende Folgen auch für die moderne Staatswerdung und eine disziplinierte Gesellschaft hatte.
In Böhmen, Mähren und Schlesien, wo durch die hussitischen Auseinandersetzungen des 15. Jahrhunderts das römische Bekenntnis in schwere Bedrängnis geraten war, verbanden sich Glaubensfragen mit der politischen Emanzipation der Stände. Erste Rekatholisierungsbestrebungen setzten bereits im ausgehenden 15. Jahrhundert vonseiten des böhmischen Königs ein; weitere politisch-religiöse Unruhen führten aber schließlich dazu, dass die altkirchliche Konfession in Böhmen auf die nördlichen, westlichen und südlichen (Rosenberger) Landesteile und auf wenige Städte (v. a. Pilsen/Plzeň und Budweis/České Budějovice) beschränkt blieb und so die faktische Verliererin der böhmischen Religionsfreiheit wurde. Das Auftreten der Franziskanerobservanten und Karmeliten brachte der Seelsorge und den Wallfahrten neue Impulse. Die konfessionellen Auseinandersetzungen in den Ländern der Wenzelskrone erfuhren durch den Beginn der Habsburgerherrschaft 1526 kaum eine Änderung. Bei sich weiter verschärfender konfessioneller und ständischer Polarisierung wurde das Luthertum auf den Adelsgütern im deutschsprachigen Nordböhmen und in den Städten willig und sehr früh angenommen; das Täufertum breitete sich vor allem durch die Protektion des Hochadels in Südmähren aus. Erst die Berufung der Jesuiten nach Böhmen, Mähren und Schlesien um die Mitte des 16. Jahrhunderts konnte diesen Trend stoppen. Ihre Predigten, die Eliteseelsorge und das moderne Schulwesen der Patres, die von den Habsburgern (deren Beichtväter Jesuiten waren) und den Nuntien gefördert und protegiert, häufig vom katholischen Landesherrn und den Bischöfen berufen und finanziert wurden, führten in deren Gebieten vor allem in der zweiten Generation zu einer durchgreifenden Rekatholisierung, die nach der Schlacht am Weißen Berg 1620 in Böhmen und Mähren planmäßig und rigoros durchgesetzt wurde. 1624 war der Katholizismus die allein anerkannte Konfession. Die Wechsel in den Grundherrschaften verstärkten diesen Prozess. Trotz der andauernden Kriegszeit konnten bereits damals deutliche Impulse für eine erneuerte Seelsorge, Bildung, Kunst und Architektur vermittelt werden. Die Wiederbelebung der alten Wallfahrten und die Schaffung neuer konzentrierte sich weitgehend einheitlich auf die Muttergottes, die nun zum überall sichtbaren Symbol der siegreichen ‚reinen‘ und ‚wahren‘ Kirche wurde (Mariensäulen, Loreto-Heiligtümer etc.). Die gegenreformatorische Propaganda versuchte mit allen medialen Mitteln, durch Überwältigung, Kunstsinn und Massenbewegung die Untertanen zu gewinnen.
Vergleichbares lässt sich zu Schlesien sagen, wo der Hussitismus allerdings ohne nennenswerten Einfluss geblieben war; zwischen Lutheranern und Altkirchlichen bildete sich im 16. und 17. Jahrhundert eine Art nachhaltige konfessionelle Koexistenz aus (zementiert in der Altranstädter Konvention 1707). Breslau/Wrocław, Liegnitz/Legnica sowie Jägerndorf/Krnov und Troppau/Opava mit den Fürstentümern Oppeln/Opole und Ratibor/Racibórz nahmen die Reformation an. Die Gegenreformation setzte in Schlesien – von Böhmen gefördert und beeinflusst – etwa 20 Jahre später als dort ein. Auch die Folgen der Schlacht am Weißen Berg waren für Schlesien glimpflicher als für Böhmen/Mähren (Dresdener Akkord). Mit der allmählichen Festigung der kaiserlich-katholischen Position fiel eine Reihe von Fürstentümern an den Katholizismus zurück, und das Breslauer Bistumsland wurde verstärkt rekatholisiert. Die politische Zersplitterung und der landesherrliche Vormarsch der Habsburger förderten über das gesamte 17. Jahrhundert hinweg die Ausbreitung des Katholizismus in Schlesien, selbst in der Hauptstadt Breslau. Höhepunkt dieser Entwicklung war die Gründung der dortigen Jesuitenuniversität Leopoldina 1702 mit ihren zwei Fakultäten. Ähnlich wie in den übrigen, häufig schon im 16. Jahrhundert gegründeten Hochschulen der Gesellschaft Jesu in Ostmitteleuropa trug die Leopoldina bis ins 18., teilweise bis ins 19. Jahrhundert hinein zu einer modernen Formierung der Geistlichkeit in den entsprechenden Landesteilen bei; die in Olmütz/Olomouc und Braunsberg/Braniewo (als Pendant zu Königsberg/Kaliningrad) errichteten reichten sogar bis in den baltischen und skandinavischen Bereich. Den Jesuitenkollegien und Universitäten waren häufig Konvikte und Alumnate angegliedert, die eine frühzeitig disziplinierte geistliche Elite heranbildeten und wie die neu gegründeten Druckereien weite überregionale Strahlkraft besaßen. Erst in der Zeit der Aufklärung ließ ihre Bedeutung durch den Zeitgeist, die Auflösung des Jesuitenordens 1773 und in Schlesien durch den Übergang an die preußische Herrschaft (1742) stark nach. Außerdem kamen in der Barockepoche Piaristen und Ursulinen zu konfessionellen Ausbildungs- und Formierungszwecken ins Land.
In Preußen waren die kirchenpolitischen Verhältnisse anders, auch wenn es hier bei der Umsetzung der Gegenreformation zahlreiche Parallelen gab. Der verbliebene Deutschordensstaat wurde 1525 in ein weltliches Territorium mit protestantischem Bekenntnis umgewandelt, die Bistümer mit ihren Territorien bald danach säkularisiert. Einzig die Diözese Ermland blieb mit ihrer Bevölkerung dauerhaft katholisch. Sie wurde durch tatkräftige, römisch gesinnte Bischöfe (Hosius), Jesuiten und ihre Universität zum Motor der Gegenreformation auch im benachbarten königlichen Preußen, wo die großen Städte Danzig/Gdańsk, Thorn/Toruń und Elbing/Elbląg mit ihrer weitgehenden politischen Autonomie das protestantische Bekenntnis angenommen hatten. Dort wurden die meisten Klöster säkularisiert; punktuell blieb aber noch der katholische Kultus erhalten. Sowohl der polnische König in Verbindung mit den Bischöfen und dem Nuntius als auch etliche Adlige, die zum Katholizismus zurückgekehrt waren, förderten im 17. Jahrhundert den zähen katholischen Vormarsch durch die Ansiedlung von Reformorden, Schulen und Kirchenbauten in oder bei den Städten. Die Erfolge dürfen als nicht allzu groß veranschlagt werden – schon aufgrund des politischen Widerstands der Stadträte und des Mangels an Geistlichen in der Region. Dagegen gewann der Katholizismus in den ländlichen Bereichen des königlichen Preußens bis ins 18. Jahrhundert hinein bedeutend an Boden. In jener Zeit schien auch die religiöse Toleranz in Polen durch das Thorner Blutgericht (1724) am Ende. Auf viel geringerem Niveau als in Böhmen oder Schlesien entwickelte sich aber auch in den preußischen Territorien das Wallfahrtswesen, das vielfach an spätmittelalterliche Verehrungsorte anknüpfte (Marienwerder, Heiligelinde etc.) und die typischen Elemente der Barockfrömmigkeit aufwies.
Im Baltikum kam es in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu einer zum Teil gewaltsamen Einführung des lutherischen Bekenntnisses (Vertreibung der Ordensleute, Bilderstürme) durch den Antagonismus zwischen Ständen und Bischof/Klöstern. Erst unter Stephan Báthory (1533–1586) setzte die Gegenreformation in Livland, das nun unter polnisch-litauischer Herrschaft stand, wiederum mit Hilfe von Jesuiten und anderen Reformorden, ein; Estland wie auch die Bistümer blieben aber für den Katholizismus verloren. Zahlreiche Stadtkirchen gelangten nun wieder in katholische Hand. Die schwedische Herrschaft in Verbindung mit der zumeist antikatholischen Ritterschaft machten im 17. Jahrhundert solche Erfolge auch in Livland wieder zunichte.
Das im 17. und beginnenden 18. Jahrhundert von der Türkenherrschaft befreite Ungarn erhielt durch nachrückende ausländische Siedler ein neues konfessionelles Gesicht. Die katholische Kirche wurde als eine der wenigen Grundherren mit ihrem Besitz restituiert (ca. 21 Prozent des Bodens). Trotz gesetzlich verankerter konfessioneller Toleranz erhielten bei der Wiederbesiedlung vor allem in den Städten katholische Deutsche den Vorzug, die in den nächsten Jahrzehnten bis in die städtische Verwaltung hinein eigene Strukturen und Traditionen ausbildeten. So konnte sich der Katholizismus bis in die Grenzgebiete hinein weiter ausbreiten.
Herausbildung des sozialen und politischen Katholizismus
1742 beziehungsweise durch die Teilungen Polens kamen Schlesien und Westpreußen unter preußische Herrschaft, die den katholischen Bestand und die Strukturen nicht stärker als der aufgeklärte Zeitgeist veränderte. Die Barockfrömmigkeit mit ihrer disziplinierenden Funktion fand immer weniger Propagatoren, dafür aber die Kritik der Aufklärung. Die friderizianische Religionstoleranz erhielt anfangs sogar die Jesuitenschulen, Seminare und Universitäten zur Ausbildung des landeseigenen Nachwuchses. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden in großem Stil geistlicher Besitz säkularisiert und Ordensniederlassungen aufgelöst; der große Aderlass für das kirchliche Vermögen erfolgte in Preußen 1810 in der Säkularisierung der Stifte, Klöster und Kommenden sowie der bischöflichen Güter und des Domkapitels von Breslau. Nach den napoleonischen Kriegen fand man daher zu einer Neuordnung kirchlicher Strukturen in Preußen (De salute animarum 1821) und zu einer finanziellen Entschädigung durch staatliche Dotationen und Leistungen. In der Folgezeit blühte ein ganz neuer Katholizismus auf, der weniger die Eigentraditionen pflegte als stärker soziale Funktionen und einen deutlichen Rombezug inkorporierte. Neue Orden breiteten sich vor allem in Schlesien (weibliche sozial-karitative Institute) und den Sudetengebieten (bes. Redemptoristen) aus; sie übernahmen die Seelsorge und die alten Wallfahrtsorte, die zu bislang unbekannter Blüte geführt wurden.
So wie das gesamte kirchliche Leben qualitativ und quantitativ auflebte, so entwickelten sich seit etwa der Jahrhundertmitte vor allem im preußischen und sudetendeutschen Raum der soziale und politische Katholizismus als neue Erscheinungsform, die in modernen Organisationsformen Hunderttausende von Katholiken einband. Gut organisierte christliche Gewerkschaften, Parteien, Berufsverbände und Volksvereine adaptierten die moderne Welt der Industrialisierung, gaben glaubensspezifische Antworten (ohne jede konfessionelle Polemik) und meldeten in der Öffentlichkeit und Politik Mitspracherechte an. Der politische Katholizismus bildete in Breslau (Bischof Melchior von Diepenbrock [1798–1853]) und dem übrigen Schlesien seit der Jahrhundertmitte ein für ganz Deutschland einflussreiches Zentrum aus, das bis 1933 wirksam blieb. Da seine Stoßrichtung nicht unbedingt parallel zu der des Episkopats und der Römischen Kurie verlief, kam es hier verschiedentlich zu Dissonanzen. Insgesamt betrachtet stärkten diese neuen Formen des Katholizismus das Pfarreiwesen und übertrugen den Pfarrgeistlichen ganz neue Aufgaben.
Katholizismus und Nationalismus
Der um die Mitte des 19. Jahrhunderts aufkommende Nationalismus muss für die Deutschen in Ostmitteleuropa sehr differenziert betrachtet werden: Ging es in den preußischen Gebieten um eine angemessene Polenseelsorge, so schloss sich der deutschsprachig-habsburgtreue Episkopat in den böhmischen Ländern sehr zögerlich den tschechisch/slawischen Bekenntnisfeierlichkeiten an (bes. Velehrad, Kyrill/Method-Kult). Der nationalpolitische Spagat der Kirche mündete in Preußen nach 1871 in den Kulturkampf, der zu einer Machtprobe zwischen der monolithisch gefestigten Kirche und dem liberalen Staat wurde: Zahlreiche Pfarreien und Bistümer wurden nicht mehr besetzt, Seelsorge und Sakramentenspendung eingeschränkt und durch staatliche Gesetze streng reglementiert. Nur die Geschlossenheit des Katholizismus in jenen Gebieten konnte ein völliges Austrocknen des kirchlichen Lebens verhindern. Der Ultramontanismus und die innerkirchlichen Auseinandersetzungen nach dem Ersten Vatikanischen Konzil (1869–1870) fachten stellenweise staatliche Repressionen weiter an. In den ungarländischen Gebieten kam es schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer Magyarisierung auch des kirchlichen Lebens (Sprache etc.) beziehungsweise einer Verschärfung der nationalen Unterschiedlichkeit, allerdings ohne die Ausbildung eines prononcierten Deutschtums. Die Deutschen, die dort meist katholisch waren, lebten in West- und Südungarn, in Kroatien, Slawonien und Ofen-Pest.
Der Erste Weltkrieg führte vor allem in den preußischen Gebieten zu einer gesellschaftspolitischen Rehabilitation der Katholiken, die im Anschluss durch die katholische Zentrumspartei auch auf Reichsebene staatstragend wurden. Das Ergebnis des Krieges mit großen deutschen Gebietsverlusten in Ostmitteleuropa, einer politischen Parzellierung der Landkarte sowie dem Zusammenbruch des gesellschaftlichen und politischen Systems brachte für den gesamten Katholizismus die wohl größten Veränderungen seit der Reformation. Bei den Abstimmungskämpfen im deutschen Grenzsaum spielten Kirche und Katholizismus eine entscheidende politische Rolle. Trotz finanzieller Schwäche des Reiches durch Reparationen etc. wurden rasch ganz erhebliche Mittel in das Auslandsdeutschtum investiert – vor allem auch in katholische Institutionen wie Schulen, Kindergärten etc. –, die die Unterbindung von Assimilierung und die Anbindung an Deutschland bewirken sollten. Für diese Form von Revisionspolitik schien der Katholizismus den Berliner Ministerien ein besonders stabiler und verlässlicher Partner zu sein, zumal man sich seit 1919 auch auf konkordatärer Ebene für eine Absicherung des katholischen Auslandsdeutschtums eingesetzt hatte. Selbst die Reichskonkordatsverhandlungen waren in den zwanziger Jahren wesentlich motiviert vom Schutz des deutschsprachigen Katholizismus in Ostmitteleuropa. Dringlich wurden diese Verträge durch die Angleichung der Kirchengrenzen an die neue politische Grenzziehung, die Besoldung und Ausbildung der Kleriker und die Sicherung deutscher Minderheiten. Schon in den ersten Nachkriegsjahren wurde nahezu für den gesamten ostmitteleuropäischen Grenzraum eine neue Bistumsgliederung mit einer Vielzahl von neuen Diözesen eingerichtet, die weitgehend den Wünschen der neuen Staaten entsprachen – vor allem im Baltikum. Hier führte die (Wieder-)Errichtung der Diözese Riga/Rīga zu einem – wenn auch nur kurzen – Aufschwung des Katholizismus, an dem die Deutschen wegen zunehmender Abwanderung und Assimilierung kaum Anteil besaßen. Immerhin hatten sich die katholischen Deutschen im östlichen Landesteil Lettlands erfolgreich gegen die Russifizierung und die Überführung in die Orthodoxie gewehrt.
Viel einflussreicher waren die deutschen Katholiken in der Tschechoslowakei, die sich nach 1918 in einem laizistischen und antihabsburgischen Staat wiederfanden. Die relative Geschlossenheit und vielfältige Organisationsstruktur statteten den dortigen deutschsprachigen Katholizismus mit Resistenzkräften gegenüber einer wenig katholikenfreundlichen Politik der Prager Regierung (Hus-Feiern mit Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum Vatikan) aus und verschafften ihm politisches Gewicht (Bund der Landwirte; Christlich Soziale Partei). Erst in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre entspannte sich die Situation merklich (zwei deutsche Minister).
Katholizismus im „Dritten Reich“ und Zweiten Weltkrieg
Wie überall im Reichsgebiet (und in der 1920 errichteten Freien Stadt Danzig mit 30 Prozent katholischem Bevölkerungsanteil) wurde nun der Katholizismus radikal und systematisch aus der Öffentlichkeit verdrängt und politisch nicht konforme Geistliche, Lehrer und Aktivisten mit ihren Medien eliminiert. Der Katholizismus galt den Nationalsozialisten generell als Hort des Widerstands: Tatsächlich hatte die prägende Kraft des katholischen Vereins- und Verbandswesens seit mehr als zwei Generationen zu einer dichten Geschlossenheit von Klerikern und Laien geführt. Im Gegensatz dazu musste die nicht unbedeutend große, aber stark inhomogene Gruppe der katholischen Jugoslawiendeutschen (besonders Banat, Batschka und Baranya) nach 1918 (Aufteilung dieser Region auf mehrere neue Staaten) erst zueinander finden; für den Einzelnen blieb aber auch weiterhin die Alternative Assimilierung oder Dissimilierung bestehen, zumal man erst 1941 über eine eigene höhere Schule verfügte. Die Kapitulation Jugoslawiens 1941 ordnete die deutschen Katholiken für kurze Zeit neuen, scheinsouveränen Staatsgebilden zu. Bis 1944 wurde ein Teil von ihnen in das Reich umgesiedelt, von den restlichen Deutschen gelang nur wenigen nach 1945 die Flucht.
Die Kriegszeit erhöhte in den übrigen Gebieten den Druck auf die katholische deutsche Bevölkerung, vor allem durch Schließung von Schulen, Verhaftung von Geistlichen, Verschärfung der Sprachgesetze, Belastung der Seelsorge durch Aushilfen in den annektierten polnischen Gebieten. Die Wucht des Weltkriegs erfuhr jene Region erst 1944/45, die in Flucht und Austreibung mündete.
4. Bibliographie
Fachliteratur
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- Luciano Vaccaro (Hg.): Storia religiosa dei popoli balcanici [Religionsgeschichte der Balkanvölker]. Milano 1983.
- Reinhard Wittram (Hg.): Baltische Kirchengeschichte. Göttingen 1956.
Periodika
- Glaube in der Zweiten Welt (Zürich 1973–2008), ab 2011: Religion und Gesellschaft in Ost und West (Zürich).
- Archiv für Schlesische Kirchengeschichte (Münster).
- Archiv für Kirchengeschichte von Böhmen, Mähren, Schlesien (Königstein/Ts.).
Anmerkungen
[1] Heinz Hürten: Kurze Geschichte des deutschen Katholizismus 1800–1960. Mainz 1986.
Zitation
Stefan Samerski: Katholiken (Römisch-Katholische). In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2014. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/p32723 (Stand 24.11.2020).
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