Arad

1. Toponymie

Deutsche Bezeichnung

Arad

Amtliche Bezeichnung

rum. Arad

Anderssprachige Bezeichnungen

ung. Arad; serb. Arad (Apaд), Stary Hrad; lat. Aradinum, Orod, Wrodi

Etymologie

Die Herkunft des Ortsnamens ist unklar, man geht von einem indoeuropäischen Ursprung durch thrakische/dakische Vermittlung aus (Ard); andere ähnliche Toponyme wären Aar (Schweiz), Ar (Frankreich), Araden (Kreta), aber auch Argeş oder Arieş (Rumänien).

2. Geographie

Lage

Arad liegt etwa 50 km nördlich von Temeswar nahe dem westlichsten Punkt Rumäniens unweit der rumänisch-ungarischen Staatsgrenze auf 46º 11´ nördlicher Breite und 21º 19´ östlicher Länge.

Topographie

Arad liegt im südlichen Teil des Kreischgebietes, im Südosten der Großen Ungarischen Tiefebene (Seehöhe 111 m), am westlichen Rand des Siebenbürgischen Erzgebirges und am rechten Ufer des Mieresch (rum. Mureş). Der am linken Ufer liegende, im 17. und 18. Jahrhundert vorwiegend mit Deutschen besiedelte Marktflecken Neu-Arad wurde 1948 eingemeindet.

Region

Arad liegt an der Grenze zwischen dem Kreischgebiet und dem Banat, Regionen, die zusammen mit dem historischen Siebenbürgen die seit 1918/1920 zu Rumänien gehörende Provinz Transsylvanien (auch Siebenbürgen genannt, rum. Transilvania, ung. Erdély) bilden.

Staatliche und administrative Zugehörigkeit

Rumänien. Arad ist Hauptstadt des Kreises Arad (Judeţul Arad) und ein Munizipium (Municipiul Arad). Zentrum des rumänisch-orthodoxen Bistums Arad (seit dem 18. Jahrhundert urkundlich belegt), seit 2009 Erzbistum.

3. Geschichte und Kultur

Gebräuchliche Symbolik

Das Wappen des Munizipiums Arad zeigt auf blauem Schild eine Burg, einen säbelbewaffneten Arm sowie die Inschrift "Via, Veritas, Vita" [Der Weg, die Wahrheit, das Leben]. Darüber erscheint die "Burgkrone" als Symbol des Munizipalrechtes. Der untere Teil zeigt das Wappen des orthodoxen Erzbistums auf rotem Hintergrund und illustriert durch zusätzliche Symbolik dessen wichtige Rolle in der Stadtgeschichte.

Die gelbe Flagge Arads zeigt einen horizontalen wellenförmigen blauen Streifen (Hinweis auf den Fluss Mieresch) sowie mittig das Stadtwappen.

Allgemeine Geschichte

Die erste Besiedlung des Weichbildes der heutigen Stadt ist schon für das Neolithikum belegt. Später wurde die Siedlung von Dakern und Skythen bewohnt. Sie gehörte seit 102 n. Chr. zur römischen Provinz Dakien. Nach dem Rückzug der Römer (271) sind hier neben anderen Wandervölkern die Goten, Hunnen, Gepiden und Awaren ansässig geworden. Seit dem 6. Jahrhundert ließen sich Slawen nieder.

Mittelalter

Eine frühmittelalterliche Siedlung auf dem heutigen Stadtgebiet bestand schon vor dem Jahr 1000; ihre Entwicklung ist im Jahr 1131 durch die Bezeichnung Oppidum belegt. Im 10. und 11. Jahrhundert widersetzten sich die lokalen Stammesführer Glad und später Ahtum dem Vordringen der Madjaren. 1214 wird Arad als Zentrum des gleichnamigen Komitats bezeichnet. Die Verwüstungen des Mongolensturms (1241–1242) trafen auch Arad, das damals ein wichtiger Standort auf der Mierescher Salzstraße war. Eine weitere Verwüstung erfolgte 1514 durch die Bauernkrieger Georg Dózsas. 1552 wurde die Burg von den vorrückenden Osmanen zerstört und Arad wurde zum Zentrum eines Sandschaks im Rahmen des Temeswarer Vilajets. Eine osmanische Festung wurde zwischen 1553 und 1555 errichtet.

Neuzeit

Im Rahmen der östlichen Offensive der Habsburgermonarchie wurde Arad 1687 von der türkischen Herrschaft befreit. Im neuen System des Karlowitzer (1699) und des Passarowitzer Friedens (1718) wurde Arad zur Grenz- und Garnisonsstadt sowie zum Mittelpunkt der Mieresch-Militärgrenze. Neben serbischen Grenzsoldaten wurden in den folgenden Jahrzehnten im Zuge der habsburgischen "Impopulationspolitik" deutsche Handwerker und Bauern in der Stadt und ihrer Umgebung (insbesondere im erst 1948 eingemeindeten Neu-Arad [rum. Aradul Nou, ung. Újarad]) angesiedelt. Die 1763 erbaute Festung war eines der größten Militärgefängnisse der Monarchie. Die österreichische Siedlungs- und Reformpolitik im Banat erfasste auch Arad und Umgebung. 1834 wurde Arad zur königlichen Freistadt erhoben, 1910 zum Munizipium. Als Militärstützpunkt wurde der Ort zu einem Brennpunkt während der Revolution von 1848/49: Die österreichische Garnison wurde von ungarischen Truppen überwältigt und die Burg als Hauptquartier benutzt. Nach der Debreziner Unabhängigkeitserklärung wurde Arad am 30. Juli 1849 zum Regierungssitz der Republik Ungarn ernannt. Die Waffenniederlegung der ungarischen Truppen erfolgte bei Hellburg (rum. Şiria, ung. Világos) unweit von Arad. Die Festung wurde nachher von den österreichischen Truppen vorwiegend als Militärgefängnis verwendet; am 6. Oktober 1849 wurden hier dreizehn Generäle der ungarischen Revolutionsarmee (die "Märtyrer von Arad") hingerichtet. Während des neoabsolutistischen Jahrzehnts gehörte Arad zum Kronland Ungarn und der spätere Stadtteil Neu-Arad zum Temeser Banat.

Zeitgeschichte

Vor allem nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich 1867 wurde Arad zu einem der wichtigsten Zentren der rumänischen Nationalbewegung. Vom 13. bis 14. November 1918 fanden hier die ersten Verhandlungen zwischen der rumänischen und der ungarischen Delegation statt (geleitet von Ştefan Cicio-Pop bzw. Oszkár Jászi). In dieser Zeit war Arad Sitz der provisorischen rumänischen Regierung für Siebenbürgen. Im Kontext der Pariser Vorortverträge wurde die Stadt kurzzeitig von serbischen Truppen besetzt. Die Zwischenkriegszeit verlief friedlich; Infrastruktur und Industrie konnten sich gut entwickeln.

Der zweite Wiener Schiedsspruch verlieh den Rumäniendeutschen den Status einer Körperschaft, deren Dynamik weitgehend durch die Behörden NS-Deutschlands bestimmt wurde. Viele wurden aufgrund deutsch-rumänischer Abkommen als sog. "Volksdeutsche" in die Wehrmacht, ab 1943 vor allem in die Waffen-SS einberufen. Nach dem Staatsstreich vom 23. August 1944 wurde Arad sowohl von ungarischen und deutschen als auch von sowjetischen und rumänischen Truppen beschossen. Die deutsche Bevölkerungsgruppe verlor alle bürgerlichen Rechte, es folgten Enteignungen und Deportationen.

Die Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg veränderten die Infrastruktur, das Wesen und die Zusammensetzung der Bevölkerung der Stadt radikal. Arad ist seither einer der wichtigsten Industriestandorte Rumäniens.

Verwaltung

Die in zwölf Bezirke gegliederte Stadt wird vom Bürgermeister und Stadtrat (23 Sitze) geleitet. In der Justiz bestehen zwei Instanzen, das Gericht (Judecătoria) und das Berufungsgericht (Tribunalul Arad).

Bevölkerung

Die ersten Volkszählungen zeigen den rasanten Bevölkerungsanstieg im 19. Jahrhundert: 8.476 Einwohner im Jahr 1804, 26.959 im Jahr 1857, 53.903 im Jahr 1900 und 60.969 im Jahr 1910. Im Jahr 1880 waren mehr als die Hälfte der knapp 35.000 Einwohner zählenden Stadtbevölkerung Ungarn (55,96 %), 13,32 % Deutsche, 18,11 % Rumänen und 4,75 % Serben. Im Jahr 1910 gaben 72,96 % der Einwohner Ungarisch als Muttersprache an, 6,91 % Deutsch und 16,27 % Rumänisch. Die höchste Einwohnerzahl mit über 190.000 Personen wurde 1990 gezählt. 2002 hatte Arad noch 173.000 Einwohner, davon 84,6 % Rumänen, 10,9 % Ungarn und nur noch 1,3 % Deutsche.

Wirtschaft

Die städtische Wirtschaft basierte auf dem Handels- und dem zunftmäßig organisierten Handwerkssektor. Nach der Ansiedlung deutscher Handwerker machte sich ein Aufschwung der Wirtschaft bemerkbar, der sich mit dem Anschluss der Stadt an das Eisenbahnnetz (1858) verstärkte, sodass Arad in der Zwischenkriegszeit zum viertgrößten Handelszentrum Rumäniens wurde. Von zentraler Bedeutung für die Arader Wirtschaft war seit Mitte des 18. Jahrhunderts die Schiffbarkeit des Mieresch, an dem regelmäßig Regulierungsarbeiten durchgeführt wurden. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es noch wenige Fabriken (unter ihnen das Dangl-Werk, die einzige Orgelfabrik im Osten der Habsburgermonarchie). In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Stadt von der Industrialisierung erfasst; um die Jahrhundertwende gab es 25 Fabriken (die u. a. Spiritus, Textilien, Zement, Automobile und Waggons herstellten). Während des Kommunismus gewann die Großindustrie Oberhand; nach der Wende stieg die Zahl der ausländischen Investitionen.

Religion

Die Vielzahl der Religionen, die in Arad vertreten sind, spiegelt die ethnische und sprachliche Vielfalt der Banater Städte. Schon nach der römischen Eroberung kamen die Einwohner mit dem Christentum in Kontakt; die erste Institution der römisch-katholischen Kirche - die Arader Propstei - entstand im 12. Jahrhundert. Im Zuge der Reformation trat ein Teil der ungarischsprachigen Bewohner zum Calvinismus über; die Habsburger betrieben im 19. Jahrhundert die katholische Gegenreformation. Auch die meisten deutschen Siedler waren römisch-katholisch. 1702 wurde auf Betreiben der Habsburger ein Minoritenkloster gegründet. Heute existieren mehrere rumänisch-orthodoxe, römisch-katholische, griechisch-katholische und evangelisch-reformierte Kirchen, eine Synagoge sowie mehrere Bethäuser neu-evangelischer Gemeinden.

Kulturelle Institutionen

In der zweiten Hälfte des 18. und im 19. Jahrhundert hatte Arad ein reges Kulturleben; das Theater spielte dabei eine wichtige Rolle und für die Tätigkeit in dieser Zeitspanne gibt es reichlich Belege. Das erste Theater wurde 1817 erbaut, das "Neue Theater" im Jahr 1874 errichtet; am Anfang wurde vor allem in deutscher Sprache gespielt und gegen Mitte des 19. Jahrhunderts auch auf Rumänisch. In den darauffolgenden Jahren entstand ein "Sprachenstreit" um die Theateraufführungen, infolge dessen die deutschen Aufführungen zugunsten der ungarischen verdrängt wurden.

Im Jahr 1833 wurde das Arader Konservatorium gegründet, 1883 wurde die Philharmonie gebaut. Im Laufe der Zeit sind hier hervorragende Musiker aufgetreten wie Johann Strauss d. J., Franz Liszt, George Enescu und Béla Bartók.

Derzeit verfügt die Stadt über mehrere Museen (vereint im "Arader Museumskomplex" [Complexul Muzeal Arad] im Kulturpalast) und über ein Kreisarchiv (Serviciul Judeţean Arad al Arhivelor Naţionale).

Kunstgeschichte

Zu den bedeutendsten Malern der Stadt gehört Mihály von Munkácsy (1844–1900), der hier seine künstlerische Laufbahn begonnen hat.

Publizistik

Im 19. Jahrhundert bildete sich ein differenziertes Pressewesen heraus: Auf das "Arader Kundschaftsblatt" (1837) folgten 1840 der ungarische "Aradi Hirdető" [Arader Anzeiger] und 1869 die rumänische "Speranţa" [Hoffnung]. Ab 1850 erschien der "Arader Anzeiger" in deutscher und ungarischer, ab 1853 nur noch in deutscher Sprache; ab 1860 hieß das Blatt "Arader Zeitung", ab 1874 "Arader Tageblatt". Derzeit gibt es keine lokalen spezifischen Zeitungen in deutscher oder ungarischer Sprache.

Literatur

Die wichtigsten deutschsprachigen Schriftsteller und Dichter waren Adam Müller-Guttenbrunn, Nikolaus Schmidt und Johann Eugen Probst. Ein rumänischsprachiger Lesezirkel bestand seit 1857; die wichtigsten Schriftsteller waren Ioan Slavici, Mircea V. Stănescu und Moise Nicoară. Der ungarischsprachige Dramatiker Gergely Csiky (1842–1891) wirkte ebenfalls in Arad.

4. Diskurse/Kontroversen

Viele Kontroversen und Diskussionen, die nicht nur in Arad stattfanden, hat nach 1989, insbesondere ab 2000 die Wiederaufstellung des "Arader Freiheitsdenkmals" ausgelöst, das an die dreizehn 1849 hingerichteten Generäle der ungarischen Revolutionsarmee erinnert und rumänischerseits mit großungarischen Tendenzen in Verbindung gebracht wird. Die meistens politisierten Diskussionen betrafen die Wiederherstellung des nach dem Trianoner Abkommen zerstörten Denkmals im Rahmen eines "Parks der Versöhnung" in Nachbarschaft zu einem anderen Denkmal, welches an die rumänischen Opfer der Auseinandersetzungen der Jahre 1848–1849 erinnert. Nach dem erwähnten politischen Tauziehen wurde das Vorhaben im Frühjahr 2004 umgesetzt und der "Park der Versöhnung" zu einer Touristenattraktion der Stadt.

Freiheitsstatue im Park der Versöhnung (rum. Parcul Reconcilierii). Ihr Sockel zeigt Reliefs der hingerichteten Generäle. [Foto (2011): Wikimedia Commons. Sven Teschke CC BY-SA 3.0].

5. Bibliographische Hinweise

Literatur

  • Ernő Deák: Königliche Freistädte - Munizipalstädte. Das Städtewesen der Länder der ungarischen Krone (1780–1918). Teil 2: Ausgewählte Materialien zum Städtewesen A. Wien 1989 (Veröffentlichungen der Kommission für Wirtschafts-, Sozial- und Stadtgeschichte/Österreichische Akademie der Wissenschaften 4).
  • Walter Engel (Hg.): Kulturraum Banat. Deutsche Kultur in einer europäischen Vielvölkerregion. Essen 2007.
  • Peter Haslinger: ARAD, November 1918. Oszkár Jászi und die Rumänen in Ungarn, 1900–1918. Wien u. a. 1993 (Zur Kunde Südosteuropas: Reihe 2, 19).
  • Stelian Mândruƫ: Arad. In: Harald Roth (Hg.): Handbuch der historischen Stätten. Siebenbürgen. Stuttgart 2003 (Kröners Taschenausgabe 330), S. 12-15.
  • Werner Niederkorn: Schwowisches und Herrisches. Beiträge zur Ethnographie der Banater Schwaben. [Temeswar] 2001.
  • Karl Waldner, Anton Peter Petri: Beiträge zur Geschichte der Stadt und des Kreises Arad. Homburg/Bexbach 1993.

Periodika

  • Observator Arădean [Arader Beobachter]
  • Actualităţi Arad [Aktuelles aus Arad]

Weblinks

Zitation

Lajos-Loránd Madly: Arad/Arad. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/53063.html (Stand 29.10.2015).

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OME-Redaktion (Stand: 30.07.2024)  | 
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