Bad Karlsbrunn/Karlova Studánka

1. Toponymie

Deutsche Bezeichnung

Karlsbrunn oder Bad Karlsbrunn; bis 1803 Hinnewieder

Amtliche Bezeichnung

tschech. Karlova Studánka

Etymologie

Der heutige Ortsname geht auf Erzherzog Carl Ludwig Johann Joseph Laurentius von Österreich, kurz: Karl von Österreich-Teschen (1771–1847), zurück, zu dessen Ehren das einstige Hinnewieder im Jahre 1803 umbenannt wurde. Er war der 54. Hochmeister des Deutschen Ordens.

 

2. Geographie

Lage

Bad Karlsbrunn liegt auf 50° 4' nördlicher Breite, 17° 18' östlicher Länge, 775 m über NHN, ca. 20 km nordwestlich von Freudenthal/Bruntál.

Topographie

Die Ortschaft befindet sich in den Sudeten (tschech. Krkonošsko-jesenická subprovincie, Krkonošsko-jesenická soustava oder Sudety, poln. Sudety) unweit des 1.491 Meter hohen Altvaters (tsch. Praděd), der höchsten Erhebung Mährens (tschech. Morava). Sie ist auch der höchstgelegene Ort im Kreis Freudenthal (tschech. okres Bruntál) und zugleich der höchstgelegene Kurort Tschechiens.

Region

Schlesien. Die seit 2001 als Mährisch-Schlesische Region (tschech. Moravskoslezský kraj), zuvor als Schlesien, Tschechisch-Schlesien oder Sudetenschlesien (tschech. České Slezsko oder Slezsko) und bis 1918 als Österreichisch Schlesien bezeichnete Region ist ein Gebiet im nordöstlichen Tschechien, das einen Großteil des historischen Österreichisch-Schlesiens umfasst. Historisches Zentrum ist Troppau/Opava (schlesisch Troppau oder auch Uopawa/Uopava, poln. Opawa, lat. Opavia/Oppavia).

Staatliche und administrative Zugehörigkeit

Tschechische Republik. Bad Karlsbrunn liegt im Kreis Freudenthal (tschech. okres Bruntál).

3. Geschichte und Kultur

Gebräuchliche Symbolik

Das seit der Umbenennung des Ortes in Karlsbrunn im Jahre 1803 ununterbrochen gebräuchliche Wappen des Ortes ist unterlegt mit einem königsblauen Schild. Darauf ist eine silberfarbene Doppelfontäne zu sehen, die einem Brunnen entspringt, dessen Becken mit dem schwarzen Kreuz des Deutschen Ordens versehen ist.

Geschichte

Das einstige Hinnewieder war seit dem Spätmittelalter als Siedlung von Bergleuten bekannt, die dort vor allem Eisenerz abbauten und in geringerem Umfang auch Gold gewannen.

Die erste schriftliche Erwähnung des Ortes stammt aus dem Jahre 1554 und betrifft eine Einigung der Stadt Troppau mit den Herren von Würben und Freudenthal über die Entnahme von Wasser aus dem unweit des damaligen Hinnewieder entspringenden Fluss Weiße Troppau (tschech. Bílá Opava), das für die Gewinnung von Gold verwendet werden sollte. Die Quelle des Flusses bildet einen Wasserfall, der bis heute eine beliebte Sehenswürdigkeit darstellt.

Nach der Niederschlagung des Böhmischen Ständeaufstands (1618–1620) gelangte der Ort 1621 an den Deutschen Orden. Der jüngste Sohn der Kaiserin Maria Theresia (1717–1780), Erzherzog Maximilian II. Franz (1756–1801), zugleich 53. Hochmeister des Deutschen Ordens, ließ Ende der 1770er Jahre ein Jagdschloss am Rande des späteren Kurortes errichten, dessen Grundmauern erhalten sind, heute jedoch unter dem Namen Hubertov als moderner Wohnkomplex dient.

Der Freudenthaler K. (Vorname unbekannt) Riedel unternahm im Jahre 1778 erfolgreich Selbstversuche an den damals bekannten Wasserquellen des Ortes, um ein langjähriges Beinleiden zu kurieren. Im Jahre 1780 wurde dann eine erste Heilquelle entdeckt, die nach Erzherzog Maximilian II. Franz benannt wurde („Maximilian-Quelle“). Er ließ das Wasser in Wien auf seine Bestandteile hin untersuchen und gründete nur wenig später einen Kurort. Dieser wurde in den ersten Jahren unter Verballhornung des Ortsnamens "hin und wieder", genannt, weil es keine oder nur wenig Unterkünfte für die ersten Kurgäste gab.

In den nächsten beiden Jahrzehnten entstanden die ersten Bauten, darunter das 1782 bis 1785 errichtete Gotteshaus Odra und das 1802 bis 1803 gebaute Alte Badehaus, die heutige Post, durch die der Ruf des späteren Bad Karlsbrunn begründet wurde, schönster Kurort in Schlesien zu sein. 1802 wurde eine weitere Quelle entdeckt, die nach dem Namensgeber von Karlsbrunn benannt wurde („Karlsquelle“).

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte Bad Karlsbrunn einen rasanten Aufschwung. Immer neue prächtig gestaltete Gebäude entstanden, darunter am Ende des 19. Jahrhunderts das Wahrzeichen des Ortes, der Trinkpavillon. Bis weit in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurden immer wieder Heil- und Thermalquellen entdeckt, zuletzt 1931 die Norbert-Quelle. Nach dem Münchner Abkommen (1938) wurde Bad Karlsbrunn an das Deutsche Reich angeschlossen. Im Zweiten Weltkrieg diente der Kurort den deutschen Besatzern als Tagungs- und Konferenzort, weshalb er häufig von Nationalsozialisten besucht wurde. Im März 1944 hielt der damalige Staatsminister im Protektorat Böhmen und Mähren, Karl Hermann Frank, die Bad Karlsbrunner Rede über die „Reichspolitik in Böhmen und Mähren“. Sie bildet die Grundlage für Franks brutale Protektoratspolitik.[1] Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Deutsche Orden auf Grundlage der Beneš-Dekrete enteignet. Bad Karlsbrunn ist seither staatlicher Kurort.

Heute werden in Bad Karlsbrunn acht Heilquellen genutzt und wegen der exponierten Höhenlage vor allem Erkrankungen der Atemwege behandelt.

Verwaltung

Bad Karlsbrunn steht heute ein ehrenamtlicher Bürgermeister vor.

Bevölkerung

Entwicklung in den Jahren 1869–2001[2]

Jahr 1869 1880 1890 1900 1910 1921 1930 1950 1961 1970 1980 1991 2001
Einwohner 50 42 50 45 67 71 149 331 230 244 261 228 230

Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war Bad Karlsbrunn wesentlich deutschsprachig geprägt. Nur bei den Volkszählungen 1930 (131 Deutsche, fünf Tschechoslowaken) und 2001 (219 Tschechen, Mähren und Schlesier, acht Slowaken) wurden hier Nationalitäten sowie religiöse Bekenntnisse gesondert erfasst.

Die Einwohnerzahl stieg kontinuierlich bis zum Ersten Weltkrieg, in der Zwischenkriegszeit und nach dem Zweiten Weltkrieg vergleichsweise sprunghaft, sank danach aber wieder auffallend. Heute hat der Ort gut 150 Einwohner, die Bevölkerung ist weitgehend tschechisch.

Wirtschaft

Das frühere Hinnewieder und heutige Bad Karlsbrunn galt, obwohl stets wenig bevölkert, über Jahrhunderte als wirtschaftlich florierender Ort. Seinen Wohlstand verdankte er zunächst dem Abbau von Erzen (vor allem Eisenerz) und der Goldgewinnung, seit Anfang des 19. Jahrhundert dem bis heute florierenden Kurbetrieb. Allerdings ist der Ort bis heute kaum in das öffentliche Verkehrsnetz integriert und am besten mit dem Auto zu erreichen.

Religions- und Kirchengeschichte

Bad Karlsbrunns Aufschwung zum florierenden Kurbetrieb hing wesentlich mit Entwicklungen zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges, vor allem der Zugehörigkeit zum Deutschen Orden ab 1620 zusammen, die mehr als drei Jahrhunderte andauern sollte.

 

Zusammensetzung der Bevölkerung nach konfessioneller Zugehörigkeit (1869–2001)[3]

Bei der Volkszählung 1930 bekannten sich 138 Einwohner zum römisch-katholischen Glauben und acht zur Evangelischen Kirche. Nur zwei gaben an, ohne Bekenntnis zu sein. 2001 bekannten sich 52 Einwohner zum römisch-katholischen Glauben und fünf zur Evangelischen Kirche, während 141 ohne Bekenntnis waren.

Berühmte Persönlichkeiten

In Bad Karlsbrunn wurde der österreichische Mathematiker Johann Hönig (1810–1867) geboren, der österreichische Maler und Graphiker Erich Hürden (1884–1969) lebte von 1917 bis 1946 hier.

 

Kunstgeschichte

Im Laufe von 150 Jahren entstand in Bad Karlsbrunn eine Reihe von Bauten, durch die der Ruf des Ortes begründet und gefestigt wurde, heute schönster Kurort Tschechiens zu sein. Die umfangreich im 19. Jahrhundert erbauten Gebäude wie beispielsweise das alte Kurhaus, der Musiksaal oder die sogenannte Trinkhalle zeigen den Wohlstand des Ortes noch heute.

Gedächtnis- und Erinnerungskultur

Die tschechische Vertretung des Ordens der Brüder vom Deutschen Hospital Sankt Mariens in Jerusalem, wie die vollständige Bezeichnung der Ordensgemeinschaft lautet, hat sich immer wieder erfolglos um die Anwendung der Kirchenrestitution auf ihre früheren Objekte bemüht.

Zuletzt lehnte das tschechische Verfassungsgericht in Brünn/Brno im Januar 2022 eine Klage des Deutschen Orden im Streit um dessen ehemaligen Grundbesitz, der derzeit tschechischen Staatsministerien unterstellt sind, ab. Der Deutsche Orden habe die fraglichen Besitztümer schon vor 1948 verloren, also noch vor dem Zeitraum, auf den sich das Restitutionsgesetz in Tschechien bezieht.[4]

Der Deutsche Orden hat in der Vergangenheit immer wieder vergeblich darauf verwiesen, nicht mit dem nationalsozialistischen Deutschen Reich kollaboriert zu haben.

4. Bibliographische Hinweise

Literatur

  • Petr Adam: Řád německých rytířů a jeho působení v Čechách, na Moravě a ve Slezsku [Der Deutsche Orden und sein Wirken in Böhmen, Mähren und Schlesien]. Praha 2005.Werner Bein: Artikel „Bad Karlsbrunn“. In: Joachim Bahlcke u.a. (Hg.): Handbuch der historischen Stätten. Teil: Böhmen und Mähren. Stuttgart 1998, S. 20.
  • Ladislav Hosák: Historický místopis země Moravskoslezské.[Historische Topographie des mährisch-schlesischen Landes]. Praha 2004.

Weblinks

Anmerkungen

[1] Vgl. René Küpper: Karl Hermann Frank (1898–1946). Politische Biographie eines sudentendeutschen Nationalsozialisten, S.144.

[2] Vladimír Balcar, Radek Havel u.a.: Historický lexikon obcí České republiky 1869–2005 [Historisches Lexikon der Gemeinden der Tschechischen Republik 1869–2005]. Praha 2005, Teil 1, S. 708f.

[3] Vgl. Anmerkung 1.

[4] https://deutsch.radio.cz/tschechisches-verfassungsgericht-lehnt-weitere-restitutionsklage-des-deutschen-8739463 (Abruf 28.02.2022).

Zitation

Karin Rogalska: Bad Karlsbrunn/Karlova Studánka. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2022. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/p32328 (Stand 12.12.2022).

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OME-Redaktion (Stand: 30.07.2024)  | 
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