Frauenburg/Frombork

1. Toponymie

Deutsche Bezeichnung

Frauenburg

Amtliche Bezeichnung

poln. Frombork

Lateinische Bezeichnungen

Castrum Dominae Nostrae, Civitas Warmiensis

Etymologie

Der seit dem Mittelalter gebräuchliche Name Frauenburg beziehungsweise dessen lateinisches Äquivalent Castrum Dominae Nostrae bezieht sich auf Maria, Patronin der Kathedrale.

2. Geographie

Lage

Frauenburg liegt auf 54° 21′ nördlicher Breite, 19° 41′ östlicher Länge, am Frischen Haff, das durch die Frische Nehrung von der Danziger Bucht getrennt wird, ca. 70 km östlich von Danzig/Gdańsk, ca. 30 km nordöstlich von Elbing/Elbląg.

Region

Staatliche und administrative Zugehörigkeit

Polen; Woiwodschaft Ermland-Masuren (Województwo warmińsko-mazurskie), Kreis (Powiat) Braunsberg/Braniewo, Stadt und Sitz der gleichnamigen Landgemeinde.

3. Geschichte und Kultur

Gebräuchliche Symbolik

Das heutige Stadtwappen zeigt im roten Feld eine silberne Stadtmauer mit zwei Türmen und geschlossenem, goldfarbenem Tor, über der Mauer eine als Halbfigur erfasste Darstellung der Maria im blauen Mantel mit Kind auf dem Arm. Ältere Varianten aus der preußischen/deutschen Zeit zeigen die Muttergottes ohne Kind über einer dreitürmigen Mauer.

Mittelalter

Hauptsitz des 1243 gegründeten Bistums Ermland war ursprünglich das 10 km östlich von Frauenburg gelegene Braunsberg/Braniewo. Nach dessen Zerstörung durch die Prußen in den 70er Jahren des 13. Jahrhunderts verlegte der ermländische Bischof Heinrich Fleming (um 1230–1300) den Sitz des Domkapitels an einen wehrhaften Ort, eine Anhöhe am Ufer des Frischen Haffs, und ließ dort eine Burg, Frauenburg, errichten. Die Existenz einer früheren prußischen Siedlung oder Feste an dieser Stelle ließ sich bisher nicht nachweisen. Am Fuße des Domberges entstand die vom Lokator Gerhard Fleming gegründete gleichnamige Stadtsiedlung (1278 erstmals erwähnt, 1310 Handfeste nach Lübischem Recht), die noch vor 1320 aus der Oberhoheit des Bischofs unter die des Domkapitels kam. Während der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem Deutschen Orden und Polen von 1414 und 1454–1466 wurde die Stadt mehrmals geplündert. Nach der Niederlage des Deutschen Ordens und dem Zweiten Thorner Frieden 1466 kam Frauenburg mit dem Ermland unter die Oberhoheit der Polnischen Krone.

Neuzeit

Während des sogenannten Reiterkriegs 1520 wurde die Stadt von den Truppen des letzten Hochmeisters des Deutschen Ordens Albrecht von Hohenzollern (1490–1568) erobert und geplündert. Im ersten Jahr des Polnisch-Schwedischen Kriegs von 1626 bis 1629 plünderten die von Braunsberg her anrückenden Schweden den Dombezirk – damals wurde die Innenausstattung des Doms von Truppen Gustav Adolfs (1594–1632) teils vernichtet, teils nach Schweden geraubt – und die Stadt. 1772, bei der ersten Teilung Polens, kam Frauenburg zusammen mit dem Ermland als Teil der Provinz Ostpreußen unter preußische Verwaltung.

19./20. Jahrhundert

1818 wurde Frauenburg im Zuge der preußischen Verwaltungsreform dem neugegründeten Kreis Braunsberg unterstellt. 1837 verlegten die ermländischen Bischöfe ihre Residenz von Heilsberg/Lidzbark Warmiński wieder nach Frauenburg. 1927 wurden die Stadt und der Dombezirk zu einer Verwaltungseinheit vereint. Am 9. Februar 1945 wurde Frauenburg während der Eroberung durch die Rote Armee zu 80 Prozent zerstört, kam anschließend unter polnische Verwaltung und verlor vorübergehend (bis 1959) die Stadtrechte. 1966–1973 wurde der historische Stadtkern neu bebaut.

Bevölkerungsentwicklung

1890 lebten in der Stadt 2.458 überwiegend katholische (92 %) Einwohner, 1939 3.000.[1] Nach 1945 wurden die in Frauenburg noch verbliebenen Deutschen vertrieben, an ihrer Stelle siedelten sich Polen, überwiegend Vertriebene aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten, an. Heute leben in der Stadt 2.463 Personen.[2]

Wirtschaft

Seit Mitte des 15. Jahrhunderts verfügte die Stadt über einen Hafen am Frischen Haff, ihre Bewohner lebten überwiegend von Fischfang, Handel (vor allem mit Salz und Garn) und Handwerk (überwiegend im Dienst der Domherren). Einen bescheidenen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte Frauenburg nach 1837, als die gesamte Diözesanverwaltung dorthin verlegt wurde. 1899 bekam die Stadt Eisenbahnanbindungen an Braunsberg und Elbing. Aufgrund ihrer Lage am Haff und der gut erhaltenen historischen Bausubstanz entwickelte sie sich zu einem Fremdenverkehrsort. Auch nach dem Wiederaufbau in der Nachkriegszeit bildet die Tourismusbranche die Haupteinnahmequelle der Einwohner.

Religions- und Kirchengeschichte

Die kirchengeschichtliche Bedeutung des Ortes reicht in die Gründungszeit zurück, als in den späten 70er Jahren des 13. Jahrhunderts die Domburg als Sitz des ermländischen Domkapitels und Standort der Kathedrale errichtet wurde. Die Bischöfe selbst residierten zwischen 1350 und 1795 auf der Burg Heilsberg/Lidzbark Warmiński, danach kurzfristig in Oliva/Oliwa bei Danzig. 1837 wurde Frauenburg zum Bischofssitz und somit zum Verwaltungszentrum der gesamten Diözese. 1945 wurde der Sitz der Diözese nach Allenstein/Olsztyn verlegt.

Die Stadt blieb von der Reformation weitgehend unberührt; erst ab 1772, nach dem Anschluss des Ermlandes an Preußen, gab es dort eine evangelische Gemeinde. Auch im Laufe des 19. Jahrhunderts blieben die evangelischen Einwohner in der Minderheit (1890 waren es 176 von 2.458 Einwohnern).[3] Im Laufe des 19. Jahrhunderts siedelten sich in Frauenburg auch einige jüdische Familien an, ihre Anzahl blieb jedoch zu gering, um eine eigenständige Gemeinde zu bilden.[4]

Wissenschaft

Zwischen 1510 und 1543 lebte und arbeitete in Frauenburg – mit kurzen Unterbrechungen – der Astronom, Mathematiker und ermländische Domherr Nikolaus Kopernikus (1473-1543). Der mündlichen – eher zweifelhaften – Überlieferung zufolge diente ihm ein Befestigungsturm in der Nordwest-Ecke des Dombezirks als Wohn- und Arbeitsstätte, der heute als „Kopernikusturm“ bezeichnet wird. Vermutlich betrieb er seine Studien jedoch in einem Domherrenhaus außerhalb des Dombezirks. In Frauenburg schrieb Kopernikus auch an seinem bekanntesten Werk De revolutionibus orbium coelestium, das entscheidend zur Herausbildung des heliozentrischen Weltbildes beigetragen hat. Kopernikus’ Grabstätte im Frauenburger Dom geriet im Laufe der Jahrhunderte in Vergessenheit. Erst 2005 wurden bei archäologischen Untersuchungen in Altarnähe Skelettfragmente gefunden, die man anhand von Genanalysen mit hoher Wahrscheinlichkeit als sterbliche Überreste des Astronomen identifizierte. 2010 wurden sie im Dom feierlich wieder beigesetzt.

Frauenburg beherbergt heute ein Kopernikus-Museum (Muzeum Mikołaja Kopernika).

Kunstgeschichte und Architektur

Dombezirk: Der Bezirk mit der Kathedralkirche und der sie umgebenden Wehrmauer mit Türmen wurde auf einem an drei Seiten durch Schluchten geschützten Plateau am Ufer des Haffs angelegt. Die erste Anlage mit hölzerner Kirche und Erd-Holz-Befestigung wurde 1278 erstmals dokumentarisch erwähnt; 1305 wurde an der Ostseite der Kirche ein Kapitelhaus verzeichnet. Die räumliche Anordnung des Komplexes entwickelte sich im Laufe des 14. Jahrhunderts, die aus Backstein auf Feldsteinunterbau errichteten Wehrmauern wurden bis ins 17. Jahrhundert mit Türmen versehen, umgebaut und verstärkt (1683-1689 wurde der Glockenturm in der Südwest-Ecke, nach seinem Stifter „Radziejowski-Bastei“ genannt, ausgebaut und erhöht). Zur Anlage gehören der quadratische „Kopernikus-Turm“ auf der Westseite sowie das von zwei Türmen flankierte Eingangstor im Süden, dem ein Rondell vorgelagert war (Fundamente erhalten). An der Innenseite der Mauer wurden Häuser für die Domherren errichtet (teilweise erhalten, die ältesten von ihnen wie die St.-Marien-Kurie an der Nordseite im Kern aus dem 15. Jahrhundert); weitere Häuser für die Kanoniker befanden sich außerhalb der Wehrmauer (sieben Kanonikerhäuser aus dem 14. bis 19. Jahrhundert erhalten).

Kathedrale Mariä Himmelfahrt und St. Andreas: Der Bau der heutigen Kathedrale an der Stelle der ersten hölzernen Kirche im nördlichen Bereich des Burgplateaus begann 1329 unter Bischof Heinrich Wogenapp (Amtszeit 1329–1334). Die Weihe des Chors erfolgte 1342; 1388 war die Kirche vollendet (Jahreszahl in der Vorhalle). Der dreischiffige, achtjochige Hallenbau aus Backstein mit gerade abgeschlossenem, fünfjochigem Chor und Sterngewölben besitzt reich dekorierte Giebel an Ost- und Westseite sowie vier kleine Ziertürme an den Gebäudeecken; auf die Errichtung eines großen Turmes musste – vermutlich wegen eines durch den Deutschen Orden erlassenen Verbots – verzichtet werden. Das Vorbild der Westfassade war vermutlich die Pelpliner Abteikirche. An der Westseite befindet sich eine Vorhalle mit einer Stiftungsinschrift auf einem Buchstabenfries sowie einem aufwändig dekorierten Kalksteinportal (außen mit Tierdarstellungen, innen mit Darstellungen von Aposteln, Propheten, Klugen und Törichten Jungfrauen sowie Christus als Weltenrichter). An der Nordwand sind Fragmente von Wandmalereien aus der Zeit um 1500 erhalten. Die ursprünglich gotische Ausstattung wurde nach der weitgehenden Plünderung 1626 durch barocke Elemente ersetzt; erhalten sind unter anderem der ehemalige Hochaltar von 1504, das runde Epitaph des 1426 verstorbenen Domherrn Bartholomäus Boreschow sowie das Konarski-Epitaph, höchstwahrscheinlich ein Frühwerk von Andreas Schlüter (1659/1660–1714).

Das Bischöfliche Palais an der Südostseite des Doms wurde 1523-1537 vom Bischof Mauritius Ferber (1471–1537) erbaut, 1727 unter Bischof Christoph Andreas Szembek (1680–1740) barock umgestaltet; 1945 brannte es bis auf die Grundmauern nieder, 1965-1970 wurde es wiederaufgebaut. In dem schlichten Putzbau auf hufeisenförmigem Grundriss ist heute das Kopernikus-Museum untergebracht.

Stadtanlage: Die Stadt auf rechteckigem Grundriss mit gitterförmigem Straßennetz und quadratischem Marktplatz ist entlang des im 14. Jahrhunderts angelegten Baudekanals (Mała Bauda; Kanał Kopernika) entstanden. Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde sie weitgehend modern wiederaufgebaut.

Ehemalige katholische Pfarrkirche St. Nikolaus: Der ca. 1340–1355 errichtete Hallenbau brannte während des Ständekrieges 1454–1466 aus und wurde ab ca. 1474 wiederaufgebaut; 1507 Neuweihe. 1945 ausgebrannt, wurde sie in der Nachkriegszeit notdürftig wiederhergestellt und als städtisches Heizwerk benutzt. Es handelt sich um eine dreischiffige Hallenkirche mit mächtigen, durch Blenden gegliederten Giebeln an der Ost- und Westseite; im Inneren sind teilweise Sterngewölbe erhalten.

Das 1437 erstmals erwähnte Heilig-Geist-Hospital mit St.-Anna-Kapelle war 1507–1519 im Besitz der Antonitermönche aus Tempzin in Mecklenburg, wurde 1686 erweitert, nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg 1978–1989 restauriert und ist heute Sitz des Museums für Medizingeschichte. Das Gebäude ist als Verbindung von Hospital und Kirche konzipiert; im Chor haben sich Fragmente von Wandmalereien aus der Zeit um 1430, unter anderem die Darstellung des Jüngsten Gerichts, erhalten.

Gedenk- und Erinnerungskultur

Im Zentrum der Erinnerungskultur steht der berühmteste Einwohner der Stadt, Nikolaus Kopernikus.

2001 wurde am Ufer des Frischen Haffs ein Gedenkstein für die im Januar/Februar 1945 über das Eis flüchtenden Ostpreußen enthüllt.

4. Bibliographische Hinweise

Literatur

  • Michael Antoni (Bearb.): Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler. West- und Ostpreußen. Die ehemaligen Provinzen West- und Ostpreußen (Deutschordensland Preußen) mit Bütower und Lauenburger Land. München, Berlin 1993, S. 178–187.
  • Christofer Herrmann: Mittelalterliche Architektur im Preußenland. Untersuchungen zur Frage der Kunstlandschaft und -geographie. Petersberg 2007 (Studien zur internationalen Architektur und Kulturgeschichte 56).
  • Małgorzata Jackiewicz-Garniec, Mirosław Garniec: Burgen im Deutschordensland Preußen. Olsztyn 2009, S. 142–153.
  • Anneliese Triller: Frauenburg. In: Erich Weise (Hg.): Handbuch der historischen Stätten. Ost- und Westpreußen. Stuttgart 1981 (Kröners Taschenausgabe 317), S. 56–58.

Weblinks

Anmerkungen

[1] Michael Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte von der Reichseinigung 1871 bis zur Wiedervereinigung 1990. URL: treemagic.org/rademacher/www.verwaltungsgeschichte.de/index.html (Abruf 11.01.2022).

[2] GUS-Główny Urząd Statystyczny [Hauptamt für Statistik]: www.stat.gov.pl, Stand 30.06.2013 (Abruf 26.12.2013).

[3] treemagic.org/rademacher/www.verwaltungsgeschichte.de/index.html (Anm. 1) (Abruf 11.01.2022).

[4] In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts lebten in Frauenburg etwa 30 Personen jüdischen Glaubens, die der Gemeinde im benachbarten Braunsberg angehörten. Vgl. die vom Museum der Geschichte der polnischen Juden „Polin“ in Warschau entwickelten Seiten zur jüdischen Lokalgeschichte in Polen: sztetl.org.pl/pl/miejscowosci/f/1007-frombork (Abruf 11.01.2022). Vgl. auch Aloys Sommerfeld: Juden im Ermland. In: Michael Brocke, Margret Heitmann, Harald Lordick (Hg.): Zur Geschichte und Kultur der Juden in Ost- und Westpreußen. Hildesheim 2000 (Netiva: Wege deutsch-jüdischer Geschichte und Kultur; Studien des Salamon Ludwig Steinheim Instituts 2), S. 41–46.

Zitation

Beata Lejman, Tomasz Torbus: Frauenburg/Frombork. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2014. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/p32375 (Stand 11.01.2022).

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(Stand: 19.01.2024)  | 
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