Marienburg/Feldioara

1. Toponymie

Deutsche Bezeichnung

Marienburg

Amtliche Bezeichnung

rum. Feldioara

Anderssprachige Bezeichnungen

dt. Frühform: Mergenburg; ung. Földvár; lat. Castrum Sanctae Mariae

2. Geographie

Lage

Marienburg liegt auf 45° 25′ nördlicher Breite und 25° 35′ östlicher Länge, etwa 19 km nördlich der Kreishauptstadt Kronstadt/Braşov, in einer Höhe von 496 m.ü.M. Im Norden und Osten der Ortschaft fließt der Altfluss (rum. Olt).

Region

Staatliche und administrative Zugehörigkeit

Rumänien. Marienburg gehört zum Kreis Kronstadt/Braşov.

3. Geschichte und Kultur

Gebräuchliche Symbolik

Das heutige Wappen stellt einen Torturm, mit einem etwas größeren Mittelturm flankiert von zwei kleineren Türmen, auf rotem Hintergrund dar.

Mittelalter

Neuere archäologische Grabungen haben ergeben, dass der Ort bereits im 12. Jahrhundert von westlichen Siedlern gegründet wurde. Auf dem Gebiet des späteren Ortskerns errichtete der Deutsche Orden 1211 eine Burg mit Ordenshaus und Kapelle. Dort befand sich auch der Sitz des Ordensgebietes, das sich über das gesamte Burzenland erstreckte. Im Auftrag des ungarischen Königs Andreas II. (1177–1235) sollte der Orden die Südostgrenze des Königreiches schützen. Aufgrund seiner Autonomiebestrebungen wurde der Orden 1225 von König Andreas II. vertrieben. Bis dahin gründete der Orden die 13 sächsischen Orte des Burzenlandes und errichtete zur Grenzsicherung ein Burgensystem an den Pässen des Burzenlandes. Nicht von der Vertreibung der Ordensritter war die deutsche Bevölkerung betroffen, die später kirchlich zum Burzenländer Kapitel mit Sitz in Kronstadt gehörte.

Auf 1240 datiert die erste schriftliche Erwähnung des Ortes. König Bela IV. von Ungarn (1206−1270) verlieh dem Zisterzienserorden das Patronat über vier Kirchen des Burzenlandes, darunter auch Marienburg. 1377 bildete Marienburg zusammen mit Kronstadt und zwölf freien Gemeinden des Burzenlandes eine Gerichts- und Verwaltungseinheit, die sich im 15. Jahrhundert dem Verband der anderen freien sächsischen Stühle und Distrikte in Siebenbürgen (Sächsische Nationsuniversität) anschloss. 1379 verlieh der ungarische König Ludwig I. (1326−1382) Marienburg das Marktrecht und 1380 für den Raum innerhalb der Mauer und der Kirche das Asylrecht. 1413 gab es hier ein Aussätzigenspital und einen Krankenpfleger. 1420 waren die Einwohner benachbarter Gemeinden angehalten, sich an den Befestigungsbauten von Marienburg zu beteiligen. 1427 besuchte König Sigismund von Böhmen, zugleich römisch-deutscher König (1368−1437), den Ort und bestätigte die Urkunde von 1379 über das Wochenmarktrecht. 1432 erlitt der Ort großen Schaden durch einen Einfall osmanischer Truppen. Deshalb erließ König Sigismund 1435 Kronstadt und dem ganzen Burzenland, einschließlich Marienburg, die königlichen Abgaben aller Art. 1454 gab es im Ort die Bruderschaft des Heiligen-Geist-Ordens, die vom Kronstädter Kapitel gefördert wurde. Wegen den von den osmanischen Truppen verursachten Schäden wurde 1455 den Marienburgern die Weizenabgabe an das Heiliggeistspital in Marienburg erlassen.

Frühe Neuzeit

1529 fand bei Marienburg eine Schlacht zwischen Anhängern des ungarischen Königs Ferdinand von Habsburg (1503−1564) und dem Moldauer Woiwoden Petru Rareş (1483–1546) statt, die mit dem Sieg des letzteren endete. Dies trug dazu bei, dass der Kronstädter Distrikt im ungarischen Thronfolgekrieg (1526–1541) aus dem prohabsburgischen Lager ausscheiden musste. 1599 brannten Truppen des Woiwoden der Walachei, Michael des Tapferen (1558−1601), Marienburg nieder. Im Verlauf der Kämpfe zwischen dem siebenbürgischen Fürsten Gabriel Bathory (1589−1613) und dem walachischen Woiwoden Radu Şerban (gest. 1620) wurde Marienburg 1611 zerstört. In der Schlacht bei Marienburg zwischen dem Aufgebot der freien Stadt Kronstadt und den Truppen des Fürsten Gabriel Bathory wurde das Heer der Kronstädter am 16. Oktober 1612 geschlagen, wobei Stadtrichter Michael Weiß (1569–1612), 300 sächsische Bürger und Bauern sowie 39 „Studenten“ des Kronstädter Gymnasiums umkamen.

1635 wurde in Marienburg ein siebenbürgischer Landtag abgehalten. Nach dem Ausbruch des Konflikts zwischen dem Sultan und dem siebenbürgischen Fürsten Georg II. (1621–1660) wurden Marienburg und andere Burzenländer Dörfer 1658 von osmanischen und krimtatarischen Truppen niedergebrannt, 1690 wurde der Ort von kaiserlichen Truppen zerstört, 1718–1719 wütete eine Pestepidemie und 1756 zerstörten zwei Großbrände einen großen Teil der Gemeinde.

Neuzeit und Zeitgeschichte

Marienburg konnte sich im 18. und 19. Jahrhundert zu einer wohlhabenden Landgemeinde entwickeln, in der 1871 eine überregional bedeutende deutschsprachige Ackerbauschule gegründet wurde, die bis 1945 existierte. In Erinnerung an die verlustreiche Schlacht von 1612 wurde 1912 das sogenannte „Studentendenkmal“ errichtet, das im Jahr 2000 renoviert wurde. Die jährlich dort stattfindenden Gedenkfeiern der Burzenländer Sachsen spiegeln seit über einem Jahrhundert die Entwicklungen und Wendungen der Erinnerungskultur der Deutschen aus Siebenbürgen wider.

Bevölkerung

Der Ort wurde seit seiner Gründung im 12./13. Jahrhundert mehrheitlich von deutschsprachigen Siedlern bewohnt. 1510 lebten in Marienburg 185 Wirte, 12 Witwen, sechs „arme Witwen“, neun „arme Hauswirte“, 13 Hirten und zwei Müller.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts (1910) lebten im Ort 2.491 Einwohner, von denen sich 1182 zur rumänischen, 997 zur deutschen und 247 zur ungarischen Muttersprache bekannten. Bei der Volkszählung von 1930 waren es 2.505 Einwohner, davon 1.052 Deutsche, 1.046 Rumänen und 191 Ungarn. Die Auswanderung der Siebenbürger Sachsen spiegelt sich in der Volkszählung von 1992 wider, die 4.908 Einwohner festhielt, von denen sich 4.397 als Rumänen, 357 als Ungarn, 100 als Deutsche und 50 als Roma bezeichneten. Bis 2011 stieg die Bevölkerung auf 6.154 Einwohner. 2012 zählte die evangelisch-lutherische Gemeinde in Marienburg 22 Mitglieder.

Architektur- und Kunstgeschichte

Im 13. Jahrhundert wurde eine der Heiligen Maria geweihte dreischiffige romanische Basilika mit Glockenturm gebaut. Das Hauptschiff ist von den Seitenschiffen durch enge und niedere Arkaden getrennt. Darüber sind romanische Zwillingsfenster, die kleine Säulen mit einfachen Würfelkapitellen aufweisen. Im Westen befindet sich eine Stifterempore. Um 1400 wurde der gotische Chor errichtet. Im 15. Jahrhundert wurde das Mittelschiff mit einem gotischen Rippengewölbe überführt; im 18. Jahrhundert wurde der Turm im Westen der Kirche nach dem Vorbild der Kronstädter Schwarzen Kirche umgebaut; 1840 erfolgten nach einem Erdbeben Reparaturarbeiten. Im Chor der Kirche steht ein klassizistischer Altar mit einem Altarbild von Friedrich Miess (1854−1935), das den Heiland mit dem vom Aussatz geheilten Samariter darstellt.

Nach einer Hypothese des Architekturprofessors Hermann Phleps (1877−1964) wurde ursprünglich zu Beginn des 13. Jahrhunderts im Osten der Kirche ein romanischer Chor errichtet, an den im Westen das Ordenshaus der Ritter anschloss. Dieser Bau wurde später zur Kirche umfunktioniert.

Östlich der Kirche befinden sich die Ruinen einer Burg, die archäologischen Grabungen zufolge verschiedene Entwicklungsphasen durchlief. Es ist anzunehmen, dass Teile der Burg schon zur Zeit des Deutschen Ritterordens 1211−1225 errichtet wurden. Im 15. Jahrhundert wurde sie zu einer Fliehburg für die Bewohner der Gemeinde umgebaut. Der ovale Bering mit bis zu vier Meter dicken und sechs bis sieben Meter hohen Mauern ist aus Bruch- und Flusssteinen gebaut und mit Schieß- und Pechscharten ausgestattet. Der Bering ist durch vier Türme verstärkt, wobei der Westturm am besten erhalten ist. Die Überreste der Burg wurden 1838 durch ein Erdbeben stark beschädigt, sodass sie nur als Ruine überdauerte; eine Rekonstruktion erfolgte 2013–2017.

4. Bibliographische Hinweise

Literatur

  • Erwin Amlacher: Wehrbauliche Funktion und Systematik siebenbürgisch-sächsischer Kirchen- und Bauernburgen. Ein Beitrag zur europäischen Burgenkunde. München 2002 (Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas: Wissenschaftliche Reihe 95).
  • Hermann Fabini: Atlas der siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen und Dorfkirchen. Hermannstadt, Heidelberg, 1. Bd. 1998, 2. Bd. 1999 (Monumenta).
  • Hermann Fabini: Die Kirchenburgen der Siebenbürger Sachsen. Sibiu-Hermannstadt 2013 (Monumenta), S. 231–232.
  • Arne Franke: Das wehrhafte Sachsenland. Kirchenburgen im südlichen Siebenbürgen. Potsdam 2007 (Potsdamer Bibliothek östliches Europa. Kulturreisen), S. 170–174.
  • Handbuch der Historischen Stätten Siebenbürgen. Hrsg. von Harald Roth. Stuttgart 2003 (Kröners Taschenausgabe Bd. 330), S. 85.
  • Hermann Phleps: Auf Spuren der ersten Bauten des deutschen Ritterordens im Burzenland in Siebenbürgen. Berlin 1927.
  • Viktor Roth: Alexander von Reitzenstein, Theodor Müller und Heinz Rosemann. Die deutsche Kunst in Siebenbürgen. Berlin 1934.
  • Adrian Andrei Rusu: Die Burgen des Deutschen Ordens im Burzenland. Zu hohe Erwartungen an eine Forschungsfrage? In: Generalprobe Burzenland. Neue Forschungen zur Geschichte des Deutschen Ordens in Siebenbürgen und im Banat. Hrsg. von Konrad Gündisch. Köln, Weimar, Wien 2013 (Siebenbürgisches Archiv 42), S. 79–98.
  • Virgil Vătăşianu. Istoria artei feudale în Ţările Române [Geschichte der mittelalterlichen Kunst in den rumänischen Ländern]. Bukarest 1959.

Weblinks

Anmerkungen

[1] Handbuch der Historischen Stätten Siebenbürgen. Hrsg. von Harald Roth. Stuttgart 2003 (Kröners Taschenausgabe Bd. 330), S. 85.

Zitation

Hermann Fabini: Marienburg/Feldioara. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2021. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/p32480 (Stand 04.05.2021).

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OME-Redaktion (Stand: 30.07.2024)  | 
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