Proskau/Prószków
1. Toponymie
Deutsche Bezeichnung
Proskau
Amtliche Bezeichnung
poln. Prószków
Etymologie
Der Ortsname ist wohl slawischen Ursprungs und leitet sich von Eigennamen – „Proszek“, „Proszko“, „Prosimir“ – ab. Seine deutschen Formen „Proskow“, „Pruskow“, „Proskau“ wurden ab dem 14. Jahrhundert verwendet.[1] In der Vergangenheit war der Ort auch unter dem polnischen Namen „Prusków“ bekannt.[2]
2. Geographie
Lage
Proskau liegt auf 50° 33' nördlicher Breite, 17° 55' östlicher Länge, ca. 10 km südwestlich von Oppeln/Opole.
Region
Staatliche und administrative Zugehörigkeit
3. Geschichte und Kultur
Gebräuchliche Symbolik
Das erste, 1564 verliehene Stadtwappen zeigte einen gespaltenen Schild mit einem Pfeil und einem nach unten geöffneten Hufeisen. Das heutige Wappen der Stadt ist in vier Teile geteilt: Das erste und vierte Feld haben gold-schwarze Farben und zeigen einen springenden Hirsch. Das zweite und das dritte Feld sind vertikal in zwei Hälften gespalten, die linke ist silberfarben und die rechte rot. In den silbernen Feldern ist jeweils ein rotes Hufeisen zu sehen, in den roten ein silbernes, beide stehen jeweils mit geschlossener Seite zueinander. Die Symbolik wurde vom Stammwappen der Familie Prószkowski (von Proskau), der einstigen Herrscher der Stadt, übernommen.
Archäologische Bedeutung
Menschliche Siedlungen auf dem Gebiet des heutigen Proskau gab es bereits in der Bronzezeit (Nekropole mit Urnengräbern aus der Zeit um 800 v. Chr.). Auch aus dem 1. bis 4. Jahrhundert n. Chr. finden sich Spuren menschlicher Aktivitäten (Wohnhäuser und Schmelzöfen zur Eisenherstellung).
Mittelalter
Einer heute nicht mehr greifbaren Quelle zufolge soll 1250 ein Vorfahre der Familie Prószkowski (von Proskau), Stanislaus, in Proskau eine Burg errichtet haben.[3] Ab 1311 wird ein Dorf mit dem Namen „Proscow“ im Besitz des gleichnamigen Adelsgeschlechts im Herzogtum Oppeln urkundlich erwähnt. Eine von Herzog Bolko II. (1308-1368) unterzeichnete Urkunde von 1336 überliefert die Schenkung des Landgutes Proskau an die Herren von Proskau und ihre rechtmäßigen Nachfolger. 1443 werden in Proskau eine Kirche und eine Pfarrei erwähnt.
Neuzeit
Am 24. April 1560 erhielt Proskau auf Bestreben Georgs von Proskau vom Kaiser Ferdinand I. (1503-1564) das Stadtrecht verliehen. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Stadt 1644 von schwedischen Truppen geplündert und niedergebrannt. 1741 kam Proskau mit dem gesamten Herzogtum Oppeln unter preußische Verwaltung. 1757 zerstörte erneut ein Großbrand die Stadt.
Nach dem Aussterben der Familie von Proskau fiel die Stadt 1769 durch Erbschaft an die Familie von Dietrichstein zu Nikolsburg, die sie 1783 an König Friedrich II. von Preußen (1712-1786) verkaufte.
19./20. Jahrhundert
Im Zuge der preußischen Verwaltungsreform verlor Proskau 1809 das Stadtrecht. Der Proskauer Gemeindevorsitzende benutzte dennoch weiterhin den Titel des Bürgermeisters. 1945 kam Proskau unter polnische Verwaltung und bekam 2004 die Stadtrechte wieder verliehen.
Wirtschaft
Im Mittelalter wurde in der Gegend von Proskau Eisenerz im Tagebau gefördert und verarbeitet, jedoch lebten die Einwohner der kleinen Stadt bis ins 19. Jahrhundert überwiegend von Ackerbau, Viehzucht und Handwerk.
Auf der Grundlage örtlicher Tonvorkommen gründete Graf Leopold von Proskau 1763 eine Fayence-Manufaktur, die bis 1850 bestand („Proskauer Fayencen“). Nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten wurde die Manufaktur 1783 an den preußischen Staat verkauft, konnte sich aber gegen die Konkurrenz von Meißen und der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin nicht durchsetzen.
Das 19. Jahrhundert brachte Proskau einen bescheidenen wirtschaftlichen Aufschwung; in der Stadt siedelten sich mehrere Ziegeleien, ein Sägewerk, eine Brauerei und eine Landmaschinenfabrik an.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gelände der Pomologie (siehe unten) weiterhin für Obstanbau verwendet. Die meisten Einwohner der Kleinstadt arbeiten heute im benachbarten Oppeln.
Bildung
Die Gründung der Königlichen Landwirtschaftlichen Akademie (1847) sowie des Königlichen Pomologischen Instituts (1868) trugen zur wirtschaftlichen Entwicklung Proskaus bei. Auf dem als „Pomologie“ bezeichneten Gelände wurden moderne landwirtschaftliche Einrichtungen, Schulungs- und Wohnräume für Lehrer und Schüler, ein Park sowie ein Hotel für die Besucher der jährlich stattfindenden Gartenbauausstellungen errichtet. Die seit 1915 „Königliche Schule des Obstgarten- und des Gartenbaus“ genannte Einrichtung arbeitete zwischen 1924 und 1944 unter dem Namen „Einjährige Gartenschule“ weiter. 1947 nahm die Schule als Staatliches Gartenbaulyzeum den Betrieb wieder auf; sie entwickelte sich in den folgenden Jahrzehnten zu einer der bekanntesten Ausbildungsstätten für Gartenbau in Polen. In den 1990er Jahren ging die Anzahl der Schüler deutlich zurück.
Bevölkerungsentwicklung
Den Quellenhinweisen zufolge wurde in Proskau im ausgehenden 17. Jahrhundert sowohl Deutsch als auch Polnisch gesprochen, die Stadt und das benachbarte Ellguth Proskau/Ligota Prószkówska zählten damals rund 600 Einwohner.[4] Die zunehmende Industrialisierung, vor allem aber die Gründung der Königlichen Landwirtschaftlichen Akademie und des Pomologischen Instituts führten zu einem Bevölkerungsanstieg: 1825 lebten hier 915, 1855 2.196, 1910 2.290 und 1939 2.512 Personen.[5] Bei der Volkszählung von 1910 bekannten sich 431 der 2.290 Einwohner zur polnischen Nationalität. Bei der Volksabstimmung von 1921 stimmten 91 % der Einwohner für den Verbleib Oberschlesiens bei Deutschland. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ein Teil der deutschen Einwohner vertrieben. Bei der Volkszählung von 2011 bekannten sich 30,9 % der 2.650 Einwohner zur deutschen und 4 % zur schlesischen Nationalität.[6] Seit 2006 ist die Gemeinde Proskau offiziell zweisprachig. Die Einwohnerzahl beträgt heute ca. 2.700 Personen.
Religions- und Kirchengeschichte
Da die Familie Prószkowski katholisch blieb, konnte die Reformation in Proskau nicht Fuß fassen; Ende des 17. Jahrhunderts waren alle rund 600 Einwohner katholisch.[7] Erst mit dem Übergang der Stadt unter preußische Verwaltung und dem Zuzug von Angestellten der Gutsverwaltung und der Fayencefabrik entstand dort eine evangelische Gemeinde (1787), die ihre Gottesdienste im Schloss, ab 1886 in der neuerbauten Kirche feierte. 1890 zählte die evangelisch-lutherische Pfarrgemeinde in Proskau 472 Mitglieder, 350 davon waren Stadteinwohner.[8]
Nach dem Zweiten Weltkrieg verblieben in der Stadt nur wenige evangelische Familien, der letzte Gottesdienst in der evangelischen Kirche fand 1978 statt.
Kunstgeschichte und Architektur
Die Bebauung des rechteckigen Marktplatzes stammt im Wesentlichen aus dem 18. und dem frühen 19. Jahrhundert. Bis 1926 standen in der historischen Stadt das Oppelner und das Neustädter Tor. Die barocke Kirche St. Georg wurde seit den 1670er Jahren bis 1687 als Stiftung Georg Christophs II. von Proskau von Giovanni (Johann) Seregno und seinen Söhnen Antonio und Domenico errichtet. Die barocke Ausstattung der Saalkirche aus der Zeit um 1700 mit Altären, Kanzel, Taufbecken, Patronatsloge und Deckenfresken ist erhalten.
Anstelle einer mittelalterlichen Residenz und teilweise unter Verwendung der Mauern ließ Georg von Proskau ab 1563 ein neues Schloss in den Formen der Spätrenaissance errichten. Nach Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg erfolgte unter Georg Christoph II. von Proskau 1677-1683 der Wiederaufbau nach dem Entwurf von Giovanni Seregno; dabei entstanden unter anderem die beiden Fassadentürme. Die aufgrund der Funktionsänderung im 19. Jahrhundert stark veränderte vierflügelige Anlage mit mächtigen Eckrisaliten umschließt einen Innenhof, der ursprünglich Arkaden besaß. Das Eingangsportal mit Quaderrahmen trägt über Doppelpilastern einen Segmentgiebel mit der Stiftertafel Georgs von Proskau (1563); darüber befinden sich zwei Kartuschen mit dem Wappen von Proskau (1677). An den beiden rückseitigen Risaliten wurden 1934 figurale und geometrische Sgraffitto-Dekorationen des Renaissancebaus freigelegt, die unter anderem Schlachten- und mythologische Szenen zeigen. Im Inneren sind mehrere Räume mit ihrer Ausstattung aus dem späten 17. Jahrhundert erhalten; besonders prachtvoll sind das Oratorium und der sogenannte Rittersaal. Zum Teil auf den ehemaligen Bastionen aus dem 17. Jahrhundert wurde um 1800 ein Landschaftspark angelegt.
4. Bibliographische Hinweise
Literatur
- Erhard Heinrich, Andrzej Pawełczyk: Proskau. Eine Geschichte im Überblick. Prószków 2000.
- Beata Lejman: Prószków/Proskau. In: Ernst Badstübner, Dietmar Popp, Andrzej Tomaszewski, Dethard von Winterfeld (Hg.), Sławomir Brzezicki, Christine Nielsen (Bearb.): Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen. Schlesien. München, Berlin 2005, S. 765-768.
- Zenobiusz Mierzejewski: Park arboretum w Prószkowie [Das Aboretum in Prószków]. Opole 2001.
- Stiftung Haus Oberschlesien (Hg.): Glanzpunkte schlesischer Keramik: Fayencen aus Proskau und Glinitz in Museen und Sammlungen. Katalog zu Beständen in Museen und Privatsammlungen sowie zu Angeboten des Kunsthandels. Ratingen-Hösel 2007 (Digitale Quellen zur schlesischen Kulturgeschichte 4).
- Grzegorz Szołtysik: Studium zasobów przyrodniczych, krajobrazowych, i kulturowych zespołu parkowo-zabytkowego w Pomologii w gminie Prószków wraz z przyległymi gruntami, Rada Programowa ds Ochrony Zasobów Przyrodniczych i Kulturowych Gminy Prószków Stowarzyszenia „Zielona Ziemia“ [Studium der biologischen, landschaftlichen und kulturellen Ressourcen der Denkmal- und Parkanlage in Pomologia in der Gemeinde Prószków und anliegender Gebiete, Programmrat zum Schutz der biologischen und kulturellen Ressourcen der Gemeinde Prószków der Gesellschaft „Zielona Ziemia/Grüne Erde“]. Prószków 2007.
- Hugo Weczerka: Proskau. In: Ders. (Hg.): Handbuch der historischen Stätten. Schlesien. Stuttgart 1977 (Kröners Taschenausgabe 316), S. 420f.
Weblink
- www.proszkow.pl (offizielle Webseite der Stadt)
- www.herder-institut.de/bildkatalog/wikidata/Q1001200 (Abbildungen zu Proskau/Prószków im Bildarchiv des Herder-Instituts, Marburg)
Anmerkungen
[1] Stanisława Sochacka: Słownik etymologiczny nazw geograficznych Śląska [Etymologisches Wörterbuch der geographischen Namen Schlesiens] Bd. 11, Opole 2004, S. 17, 20.
[2] Józef Lompa: Krótki rys jeografii Szląska dla nauki początkowej [Kurzer Aufriss der Geographie Schlesiens für die ersten Schuljahre]. Głogówek 1847, S. 28.
[3] Erwähnt u. a. von Johannes Sinapius: Des Schlesischen Adels anderer Theil oder Fortsetzung Schlesischer Curiositäten. Leipzig 1728, S. 181, ohne Quellenangabe.
[4] Laut bischöflichen Visitationen in der Gemeinde Proskau in den Jahren 1687/88, 1697 und 1713 wurden dort Prädigten in beiden Sprachen abgehalten. Heinrich, Pawełczyk: Proskau, S. 27.
[5] Alle Angaben zu Bevölkerungszahlen nach Heinrich, Pawełczyk: Proskau, S. 28.
[6] stat.gov.pl (Abruf 11.09.2014).
[7] Heinrich, Pawełczyk: Proskau, S. 27.
[8] Heinrich, Pawełczyk: Proskau, S. 40.
Zitation
Beata Lejman, Tomasz Torbus: Proskau/Prószków. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2014. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/p32276 (Stand 30.07.2021).
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