Bad Liebwerda/Libverda

1. Toponymie

Deutsche Bezeichnung

Bad Liebwerda

Amtliche Bezeichnung

tschech. Lázně Libverda

 

Etymologie

Der Ortsname geht auf den Ausdruck „auf dem Lieben werde" (= auf der lieben Insel) zurück.

Als historische Namen sind unter anderem Lybenwerde (1381), Liewerde (1463), Libwerde (1529), Liberda (1543), Liwerde/Lywerde (1551), Liewerda (1591), Liebwerda (1601), Liewerde (1634), Liwerda (1651), Lyberda (1654), Liebwerda (1713), Libverda sowie Liebwerda (1854) bekannt.

2. Geographie

Lage

Bad Liebwerda liegt auf 50° 53' nördlicher Breite, 15° 11' östlicher Länge, 424 m über NHN, ca. neun km südöstlich von Friedland/Frýdlant v Čechách.

Topographie

Bad Liebwerda befindet sich im Tal des Liebwerder Baches (tschech. Libverdský potok), das seit dem Ende des 14. Jahrhunderts für das Vorhandensein von Heilquellen bekannt ist. Ihr Wasser hieß im Volksmund zunächst Bierwasser.

Region

Isergebirge (tschech. Jizerské hory, poln. Góry Izerskie): Es ist ein Teil der Sudeten (tschech. Krkonošsko-jesenická subprovincie, Krkonošsko-jesenická soustava oder Sudety, poln. Sudety) und verbindet das Zittauer/Lausitzer Gebirge in Deutschland mit dem Riesengebirge auf tschechischem und polnischem Gebiet. Unter anderem entspringt hier die Iser (tschech. Jizera).

Staatliche und administrative Zugehörigkeit

Tschechien. Bad Liebwerda liegt im Verwaltungsbezirk Reichenberg/Liberec und dem gleichnamigen Kreis (tschech. Liberecký kraj/okres Liberec).

3. Geschichte und Kultur

Gebräuchliche Symbolik

Das Wappen des Kurortes zeigt zwei silberne Wasserquellen auf blauem Grund, die einem leuchtend roten Herzen entspringen Auf den beiden Wasserstrahlen steht in der Mitte ein goldener, krähender Hahn mit rotem Schwanzgefieder. Damit wird Bezug auf die Legende von einem goldenen Hahn genommen, der im späten Mittelalter die säurehaltigen Heilquellen von Bad Liebwerda entdeckt haben und dank des Wassers besonders kräftig geworden sein soll.

Mittelalter

Bad Liebwerda war bis ins späte Mittelalter eine ländliche Siedlung, wo vor allem Schäfer lebten. Erstmals schriftlich erwähnt wurde der Ort im Jahre 1381, als eine Heilquelle entdeckt wurde.[1]

Neuzeit

Mit der Neuzeit wurde Liebwerdas Heilwasser zunehmend bekannter. Das Wasser konsumierten beispielsweise der sächsische Kurfürst August (1526–1586) und Albrecht von Wallenstein (1583–1634). Wallenstein wurde 1625 zum Herzog von Friedland ernannt, zu dem auch Liebwerda zählte. Nach der Ermordung Wallensteins im Jahre 1634 erhielt Matthias Gallas (1588–1647), ehemals kaiserlicher Generalleutnant, etliche von dessen Besitzungen, darunter die Schlösser Friedland und Reichenberg, und somit auch Liebwerda. Allerdings nahm die konsequente Entwicklung Liebwerdas zum weithin anerkannten Kurort, an der die späteren Grafen von Clam-Gallas wesentlichen Anteil hatten, erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ihren Anfang.

1785 wurde eine als „Gotteswasser“ bezeichneten Heilquelle entdeckt.  Die notwendigen Grabungsarbeiten waren schon von Johann Christoph II. Graf von Clam (1702–1778) in Auftrag gegeben worden. Sein Sohn Christian Philipp Graf von Clam (später Clam-Gallas) (1748–1805) wiederum gilt als Begründer des Kurortes. Zwischen 1786 und 1818 wurden weitere sechs Quellen nutzbar gemacht.

Verwaltung

Bad Liebwerda steht heute ein ehrenamtlicher Bürgermeister vor.

Bevölkerung

Entwicklung der Bevölkerung (1869–2001)[2]

Jahr 1869 1880 1890 1900 1910 1921 1930 1950 1961 1970 1980 1991 2001
Einwohner 924 849 780 813 795 712 719 502 478 450 388 389 456

Bad Liebwerda hat derzeit etwas mehr als 430 Einwohner. Die Einwohnerzahl sank ab der ersten systematischen Erfassung vor gut 150 Jahren kontinuierlich. Erst in den letzten Jahren ist wieder ein spürbarer Bevölkerungszuwachs zu verzeichnen. Waren die Einwohner von Bad Liebwerda bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs mehrheitlich deutschsprachig, ist heute davon auszugehen, dass die Bevölkerung homogen tschechisch ist.

Wirtschaft

Bad Liebwerdas ökonomische Entwicklung ist vom Vorhandensein einer Fülle von Heilquellen geprägt. Die einzigartigen Hydrogencarbonat- und Magnesiumkalkquellen mit einem erhöhten Gehalt an Kieselsäure wirken hypotonisch, fördern den Stoffwechsel und werden vor allem zur Heilung neurologischer Beschwerden und bei Einschränkungen des Bewegungsapparates genutzt.

Religions- und Kirchengeschichte

Wichtige Weichenstellungen für den späteren Kurort Bad Liebwerda wurden im Laufe des Dreißigjährigen Krieges getroffen, als die ehemaligen Wallensteinschen Besitzungen an den kaisertreuen Matthias Gallas gingen. Dieser und die späteren Grafen Clam-Gallas suchten stets die Nähe zu den Habsburgern, sodass Bad Liebwerda in seinen Anfängen stark katholisch geprägt war. Heute dominiert wie fast überall in Tschechien der Bevölkerungsteil ohne Bekenntnis.[3]

Berühmte Persönlichkeiten

Bad Liebwerda wurde im Laufe der Jahrhunderte immer wieder von berühmten Persönlichkeiten aufgesucht. Kaiser Joseph II. (1741–1790) hielt sich hier im Jahre 1779 auf. Der Komponist Carl Maria von Weber (1796–1826) wurde angeblich bei einem Kuraufenthalt im Jahre 1814 zu seiner Oper Der Freischütz inspiriert. Auch der Naturforscher Alexander von Humboldt (1769–1859), der Schriftsteller Franz Kafka (1883–1924) und der tschechoslowakische Diplomat und Politiker Jan Masaryk (1886–1948) schätzten Bad Liebwerda. Bekannt war auch der Badearzt Joseph Plumert, der von 1838 bis 1877 in dem Kurort wirkte.

Kunstgeschichte

Bad Liebwerda ist eingebettet in eine sanft anmutende Landschaft mit einer Fülle von beeindruckenden Naturdenkmälern wie dem Naturpark Peklo (= Hölle).

Seit 1931 gibt es das Riesenfass (tschech. Obří sud), ein Restaurant oberhalb der Stadt, von wo aus man eine schöne Aussicht auf das Isergebirge hat. Heute ist dieses Gebäude das einzige seiner Art in der Tschechischen Republik.

Der Kurort selbst kann mit einer Reihe beeindruckender Bauten aufwarten, die größtenteils noch aus der Zeit seiner Gründung stammen, darunter die Kolonnaden, Kurpavillons im klassizistischen und Empire-Stil sowie das Schloss aus dem Jahre 1816.

Gedächtnis- und Erinnerungskultur

Nach dem Münchner Abkommen von 1938 wurde der zuvor zur Tschechoslowakei gehörende Ort dem neu gebildeten Landkreis Friedland zugeschlagen, der bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs im „Reichsgau Sudetenland“ bestand. Nach der Kapitulation des nationalsozialistischen Deutschlands gehörte Bad Liebwerda wieder zur Tschechoslowakei.

Dank des Zusammenwachsens der Regionen im deutsch-tschechisch-polnischen Dreiländereck nach dem Fall des Eisernen Vorhangs genießt auch die Region Reichenberg, wozu Bad Liebwerda zählt, vermehrt Aufmerksamkeit von deutscher Seite.

4. Bibliographische Hinweise

Literatur

  • Robert Rebitsch, Jan Kilián: Matyáš Gallas (1588–1647); císařský generál a Valdštejnův "dědic" [Matthias Gallas (1588–1647). Kaiserlicher General und Wallensteins "Erbe"]. Praha 2013.
  • Anton Franz Ressel: Bad Liebwerda: eine Beschreibung der Geschichte dieses Ortes. Friedland i. B. 1911.
  • Milan Svoboda: Franz hrabě Clam-Gallas: obrysy portrétu [Franz Graf Clam-Gallas: Konturen eines Porträts]. Hejnice 2019.

 

Anmerkungen

[1] Antonin Profous: Místní jména v Čechách: jejich vznik, původní význam a změny [Ortsnamen in Böhmen: Entstehung, ursprüngliche Bedeutung und Veränderungen]. Praha 1949, S. 604f.

[2] Vladimír Balcar, Radek Havel u. a.: Historický lexikon obcí České republiky 1869–2005 [Historisches Lexikon der Gemeinden der Tschechischen Republik 1869–2005]. Praha 2005, Teil 1, S. 440.

[3] Zu den Bekenntnissen der Einwohner liegen keine differenzierten Zahlen vor.

Zitation

Karin Rogalska: Bad Liebwerda/Libverda. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2022. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/p32329 (Stand 10.10.2022).

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(Stand: 19.01.2024)  | 
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