Seksard/Szekszárd

1. Toponymie

Deutsche Bezeichnung

Seksard, auch gebräuchlich: Sechsard,  Sechshard

Amtliche Bezeichnung

ung. Szekszárd

Lateinische Bezeichnung

Im römischen Zeitalter: Alisca; seit dem Mittelalter: Saxardia.

2. Geographie

Lage

46o 35' nördlicher Breite, 18o 7' östlicher Länge.

Topographie

Ortschaft im Übergangsbereich von der Ungarischen Tiefebene zur Transdanubischen Hügellandschaft (Dunántúli-dombság) am Rande der Seksarder Hügellandschaft (Szekszárdi-dombság) und dem Sárközer Moorgebiet. Seksard liegt 160 km südlich von Budapest und 60 km nordöstlich von Fünfkirchen/Pécs.

Region

Südtransdanubien (Dél-Dunántúl)

Staatliche und administrative Zugehörigkeit

Republik Ungarn. Seksard ist das Verwaltungszentrum des Komitats Tolnau/Tolna und Zentrum des Kleingebiets Szekszárd.

3. Geschichte und Kultur

Gebräuchliche Symbolik

Auf blauem Hintergrund sind vier rote Ziegelreihen abgebildet, darüber ein offener, waagerecht zweigeteilter Glockenturm mit einer goldenen Glocke im unteren und einer Weintraube im oberen Teil. Auf der rechten Seite des Turmes ist eine Weinrebe, auf der linken Seite sind drei Ähren zu sehen. Über dem Schild befindet sich eine goldene Krone. Der Glockenturm erinnert an die 1794 abgebrannte Kirche des Benediktinerklosters.

Historische Beinamen

Seit den 1990er Jahren wird die Ortschaft nach ihrem Schutzpatron die "Stadt des hl. Ladislau" genannt.

Archäologische Bedeutung

In römischer Zeit gab es an der Stelle eine kleine Siedlung mit Namen "Alisca" in der Nähe des Grenzabschnittes (limes) entlang der Donau.

Mittelalter

Die Ortschaft gewann im Mittelalter durch eine von König Béla I. (1060–1063) gegründete Benediktinerabtei an Bedeutung. Der Stifter wurde hier begraben. Im Besitz der Abtei befand sich das Dorf "Zaczard", das zugleich Sitz der Kämmerei weiterer dreißig zugehöriger Siedlungen war. Der Konvent der Abtei war im Mittelalter ein glaubwürdiger Ort für Urkundenbestätigungen. Die Abtei wurde 1529 von den Osmanen zerstört, der Ort 1541 von ihnen besetzt.

Neuzeit

Zur Zeit der osmanischen Besatzung wurde Seksard Verwaltungssitz eines Sandschaks. Im Sommer 1543 fand in der Nähe der Ortschaft eine von den Ungarn gewonnene Schlacht gegen die Osmanen statt. Nach deren Vertreibung ließ Abt Mihály Mérey (1693–1719) das mittelalterliche Kloster wieder aufbauen. Nach der Niederschlagung des Aufstandes von Franz Rákóczi II. ließ Abt Mérey 1711 die ruinöse Abteikirche wieder aufbauen. Auf Betreiben seines Nachfolgers Abt Joseph von Trautson (1717–1757), später Erzbischof von Wien, kamen Siedler aus dem deutschsprachigen Raum in den Ort, der bis 1777 im Besitz der Abtei blieb und dann bis 1848 Königsgut war. Seksard ist seit 1779 Sitz des Komitats Tolnau/Tolna.

1905 wurde die Ortschaft zu einer Stadt mit geordnetem Rat (rendezett tanácsú város) erhoben. Nach dem Ersten Weltkrieg beanspruchte das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen die Ortschaft.

Zeitgeschichte

1994 wurde Seksard zur Stadt mit Komitatsrecht.

Verwaltung

Selbstverwaltung der Stadt Seksard mit Komitatsrecht (Szekszárd Megyei Jogú Város Önkormányzata). Es besteht die Deutsche Minderheitenselbstverwaltung Seksard.

Bevölkerung

Seksard zählte 1836 9.011, 1870 12.001, 1900 15.066, 1941 15.909, 1960 19.419, 1980 34.648, 1996 37.070 und 2009 33.883 Einwohner. Die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung 2001: 95 % Ungarn, 5 % Deutsche, 1 % Sinti und Roma sowie jeweils 0,1 % Kroaten, Slowaken und Serben.

Wirtschaft

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte Seksard eine Blütezeit der Zünfte, nach deren Abschaffung die industrielle Entwicklung der Stadt stagnierte.

Während der Weltwirtschaftskrise Anfang des 20. Jahrhunderts erlebte die Stadt einen starken wirtschaftlichen Rückgang. Die traditionell auf Landwirtschaft, hauptsächlich auf Weinanbau und -produktion basierende Wirtschaft nahm erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wieder einen Aufschwung. Seksard und sein Umland sind seit dem Mittelalter ein exzellentes Weinbaugebiet.

Religions- und Kirchengeschichte

Die konfessionelle Zugehörigkeit der Bewohner setzte sich wie folgt zusammen: 1836 waren 82,5 % römisch-katholisch, 17 % reformiert, 0,3 % evangelisch, 0,2 % jüdisch; die Konfession von 8 % der Einwohner war unbekannt. 1900 waren 72 % römisch-katholisch, 13,5 % reformiert, 1,5 % evangelisch und 5 % jüdisch. 2001 waren 53,5 % römisch-katholisch, 10,4 % reformiert, 0,3 % griechisch-katholisch und 3,2 % evangelisch; 0,8 % gehörten anderen und 22,6 % keiner Konfession oder Kirche an, die Konfession von 9,2 % der Einwohner war unbekannt.

Besondere kulturelle Institutionen

In der Stadt ist das einzige deutsche Theater Ungarns, die Deutsche Bühne angesiedelt. Zudem gibt es das Wosinszky-Mór-Komitatsmuseum (Wosinszky Mór Megyei Múzeum) und die Mihály-Babits-Gedenkstätte (Babits Mihály Emlékház).

Bildung und Wissenschaft

In Seksard gibt es das János-Garay-Gymnasium, die Gyula-Illyés-Fakultät der Universität Fünfkirchen/Pécs, die Illyés-Gyula-Komitatsbibliothek und das Komitatsarchiv Tolna.

Kunstgeschichte

Die Christi-Himmelfahrts-Kirche in der Innenstadt wurde zwischen 1802 und 1805 im sog. Zopfstil gebaut. Die Synagoge entstand 1897 nach einem Entwurf des Grazer Architekten Hans Petschnigg. Sie dient heute als Kulturzentrum.

Literatur

Das städtische Gymnasium trägt den Namen des in der Stadt geborenen Dichters und Übersetzers János Garay (1812–1853). Ebenfalls in Seksard geboren wurde Mihály Babits (1883–1941), einer der herausragenden ungarischen Dichter der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

4. Bibliographische Hinweise

Literatur

  • Márta Fata (Hg.): Die Schwäbische Türkei. Lebensformen der Ethnien in Südwestungarn. Sigmaringen 1997 (Schriftenreihe des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde 5).
  • Tamás Fedeles: Szekszárd. In: Pécser Diözese (Hg.), Árpád Duczon (Red.): Unser europäisches Erbe. Die Pécser und die Đakovoer Diözesen stellen sich vor. Pécs 2008, S. 80-87.
  • János Kolta: Rund um Städte in Südwestungarn: Szekszárd, Pécs, Kaposvár. 2. erw. Aufl. Budapest 1987.
  • Josef Schmidt, Johann Müller: Herkunft deutscher Ansiedler im Komitat Tolnau (Tolna). Auswertung der Kirchenbücher. Sindelfingen 1995 (Schriftenreihe zur donauschwäbischen Herkunftsforschung 50, Deutsche Ansiedler in Ungarn).
  • János Kaczián (Hg.): Tolna Megye Kézikönyve - Handbook of Tolna County [Handbuch des Komitates Tolna]. Budapest 1997.

Jahrbücher

  • A Wosinszky Mór Megyei Múzeum Évkönyve [Jahrbuch des Museums Mór Wosinszky] (1970ff.)

Weblinks

  • www.szekszard.hu (mehrsprachige Webpräsenz der Stadt)
  • www.dbu.hu (zweisprachige Website der Deutschen Bühne Ungarn)
  • wmmm.hu (mehrsprachige Website des Museums Mór Wosinszky)

Zitation

Tamás Fedeles: Seksard/Szekszárd. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2012. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/57055.html (Stand 29.10.2015).

Nutzungsbedingungen für diesen Artikel

Copyright © Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE), alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk entstand im Rahmen des Projekts „Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa“ und darf vervielfältigt und veröffentlicht werden, sofern die Einwilligung der Rechteinhaber vorliegt. Bitte kontaktieren Sie:

Wenn Sie fachliche Hinweise oder Ergänzungen zum Text haben, wenden Sie sich bitte unter Angabe von Literatur- und Quellenbelegen an die Redaktion.

(Stand: 19.01.2024)  | 
Zum Seitananfang scrollen Scroll to the top of the page