Neusatz/Novi Sad/Újvidék

1. Toponymie

Deutsche Bezeichnung

Neusatz

Amtliche Bezeichnung

serb./kroat. Novi Sad

Anderssprachige Bezeichnungen

ungar. Újvidék; slowak. Nový Sad; rum. Novi Sad; russinisch Novi Sad

Etymologie

1694 begannen habsburgische Truppen am rechten Donauufer mit dem Bau der Festung Peterwardein. Im Zuge ihrer Vertreibung während des „Großen Türkenkrieges“ (1683–1699) und der damit einhergehenden „Großen Wanderung“ (serb.: Velika Seoba) ließen sich hauptsächlich Serben in der Umgebung der Festung nieder. Diese Siedlung trug zunächst den Namen Racka varoš prekodunavska (Raška = zentralserbische Landschaft, város = ungar. Stadt). Ihr deutscher Name lautete „Ratzenstadt“, was so viel wie Serbenstadt bedeutet (Raizen/Ratzen = alte Bezeichnung für Serben). Später wurde die Stadt in Anlehnung an die bewegliche Brückenschanze des Prinzen Eugen von Savoyen (1663–1736) in Petrovaradinski Šanac (šanac = serb. Schanze) umbenannt.

Ihren jetzigen Namen erhielt sie im Jahr 1748. Damals verlieh Kaiserin Maria Theresia (1717–1780) der Siedlung den Status einer freien Königsstadt und gab ihr einen neuen Namen: Neoplanta (dt. Neusatz), was im übertragenen Sinne so viel wie neue Saatstelle bedeutet.

2. Geographie

Lage

Neusatz/Novi Sad liegt in der Vojvodina auf 45° 15′ nördlicher Länge und 19° 51′ östlicher Breite.

Topographie

Neusatz ist an der Donau gelegen. Im Süden grenzt die Stadt an den Höhenzug der Fruška Gora und im Norden erstrecken sich die Weiten der Pannonischen Tiefebene.

Region

Vojvodina

Staatliche und administrative Zugehörigkeit

Bei Neusatz handelt es sich nach Belgrad/Beograd um die zweitgrößte Stadt der heutigen Republik Serbien. Sie ist die Hauptstadt der Autonomen Provinz (Opština) Vojvodina und der administrative Sitz des Kreises (Okrug) Südbatschka (Južna Bačka).

3. Geschichte und Kultur

Gebräuchliche Symbolik

Auf dem Stadtwappen von Neusatz sind drei weiße Rundtürme vor einem blauen Hintergrund zu sehen. Oberhalb des größten Turms in der Mitte fliegt eine weiße Taube, in deren Schnabel sich ein Olivenzweig befindet. Die Fläche unterhalb der drei Türme ist grün und von einem silberfarbenen Fluss durchzogen.

Beinamen

Im 19. Jahrhundert erhielt Neusatz aufgrund seiner Bedeutung als intellektuelles und kulturelles Zentrum für alle Serben – sowohl für diejenigen in Österreich-Ungarn  wie auch für jene im zum Osmanischen Reich gehörenden Serbien – den Beinamen „Serbisches Athen“[1].

Vor- und Frühgeschichte

Bei Neusatz handelt es sich um eine relativ junge Stadt – sie wurde erst im 17. Jahrhundert gegründet. In ihrer näheren Umgebung wurden neben steinzeitlichen (Klisa) und eisenzeitlichen (Rivica) auch römische Funde (Detelinara) entdeckt.

Mittelalter

Im Mittelalter gehörte die südliche Batschka zum Königreich Ungarn. Unter ungarischer Herrschaft entstand im 13. Jahrhundert an der Stelle der späteren Festung Peterwardein eine Zisterzienserabtei, die den Namen Belafons (lat. Belae Fontis; ungar. Bélakút) trug und ein wichtiges Zentrum der katholischen Kirche in Syrmien (serb. Srem) darstellte.

1526 unterlag der ungarische König in der Schlacht von Mohatsch/Mohács Sultan Süleyman dem Prächtigen. In der Folge gerieten große Teile Ungarns unter osmanische Herrschaft, darunter ab 1552 auch das Gebiet des heutigen Novi Sad.

Neuzeit

Als Folge des Friedens von Karlowitz (1699) mussten die Osmanen die Batschka an die Habsburgermonarchie abtreten. Im Zuge der Errichtung der „Militärgrenze“ entlang des osmanischen Herrschaftsgebietes hatten die Habsburger bereits 1694 mit dem Bau der Festung Peterwardein am rechten Donauufer begonnen. Die neuentstehende Siedlung am gegenüberliegenden Ufer wurde hauptsächlich von Serben bewohnt, die vor den Osmanen in den Norden geflüchtet waren. Sie folgten dem Aufruf (litterae invitatoriae) des Kaisers, sich an der habsburgisch-osmanischen Grenze als Wehrbauern anzusiedeln.

Im Jahr 1716 versuchten die Osmanen, die Festung von Peterwardein einzunehmen, wurden aber von kaiserlichen Truppen geschlagen. Über fünfzig Jahre später (1769/70) suchte eine verheerende Überschwemmung Neusatz heim und zerstörte die Stadt fast gänzlich.

Neben Wien und Budapest entwickelte sich Neusatz im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einem weiteren geistigen Zentrum der Serben in Österreich-Ungarn. Im Gegensatz zu Serbien, das sich bis 1878 unter der Oberhoheit des Sultans befand, konnte sich in Österreich-Ungarn nicht nur eine serbische geistige Elite, sondern auch ein serbisches Bürgertum entwickeln. Diese beiden Gruppierungen trugen wesentlich zur Herausbildung eines serbischen Nationalbewusstseins und zur Gründung kultureller Institutionen bei.

Verzeichnis der Bevölkerung von Újvidék/Neusatz gemäß der offiziellen ungarischen Volkszählung von 1910[2]

Újvidék/
Neusatz
 

km2


 
Ortsanwesende Gesamtbevöl-kerung (In- u. Ausländer) Ortsanwesende
Zivilbevölkerung

 
Ortsanwesende Zivilbevölkerung
männlich
 

Ortsanwesende Zivilbevölkerung
weiblich

Aktives
Militär

 
Ortsanwesende
Staatsfremde

 

Bezirk
 
665 55.386 55.367 27.074 28.293 19 67
Stadt 159 33.590 33.089 15.903 17.186 501 615

 

Zeitgeschichte

Nach dem Zusammenbruch Österreich-Ungarns am Ende des Ersten Weltkriegs wurde der größte Teil der Batschka Serbien zugesprochen. Neusatz war fortan eine der größeren Städte (1910: 33.590 Einwohner) innerhalb des neuentstandenen Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen.

Während des Zweiten Weltkriegs fiel Neusatz zurück an Ungarn. Aus Rache für Sabotageaktionen ermordeten ungarische Einheiten unter der Führung von General Ferenc Feketehalmy-Czeydner (1890–1946) Ende Januar 1942 mehr als tausend Zivilisten, v. a. Juden, Serben und Roma.

Ein Teil der „Volksdeutschen“ beteiligte sich an der deutschen Besatzungs- und Vernichtungsherrschaft. Der Bundesobmann des Schwäbisch-Deutschen Kulturbundes im Königreich Jugoslawien, Josef „Sepp“ Janko (1905–2001), war als SS-Obersturmführer direkt an der Selektion und Ermordung der jüdischen Bevölkerung beteiligt.[3]

Im Oktober 1944 marschierten die siegreichen jugoslawischen Partisanen und Teile der Roten Armee in die zuvor von Deutschland besetzten Gebiete ein. Kurz darauf stellte Josip „Tito“ Broz (1892–1980) das serbische Banat, die Batschka und die Baranja unter Militärverwaltung. Dies hatte tiefgreifende Folgen für die in der Region lebenden Deutschen. Die bis dahin noch nicht geflüchteten „Jugoslawiendeutschen[4] wurden entweder vertrieben, enteignet und zwangsinterniert oder ermordet.

Während des Kosovo-Krieges (1998/99) wurde Neusatz erneut zu einem Kriegsschauplatz. Während des NATO-Bombardements von März bis Juni 1999 wurden neben den vier Donaubrücken – darunter auch die mittlerweile wieder aufgebaute Freiheitsbrücke (Most Slobode) – auch das Rundfunkgebäude sowie die Raffinerie zerstört.

Einwohnerzahlen von Novi Sad (1948–2011)[5]

  1948 1953 1961 1971 1981 1991 2002 2011
Stadt 69.407 76.818 103.448 144.774 178.437 189.234 210.238 250.429
Übrige 32.178 32.934 37.841 43.313 49.483 52.028 57.829 57.321
Total 101.585 109.752 141.289 188.087 227.920 241.262 26.067 307.760

Bevölkerung

Im 18. Jahrhundert gelangten im Rahmen der sogenannten „Schwabenzüge“ die ersten deutschen Kolonisten in die vormals von den Osmanen beherrschten ungarischen Gebiete. Die Habsburger Kaiser Karl VI. (1685–1740), Maria Theresia und Joseph II. (1741–1790) führen eine planmäßige Besiedlung an, unterstützt von weltlichen und geistlichen Grundherren, die für ihre Güter neue Arbeitskräfte bekommen wollen. Zu diesem Zweck schicken sie Anwerber in die deutschsprachigen Länder.

In den kommenden Jahrzehnten entwickelten sich die Deutschen zur drittgrößten Bevölkerungsgruppe in Neusatz, wie die ungarische Volkszählung aus dem Jahr 1910 belegt. Lediglich die Serben und Ungarn, die sich jedoch mehrheitlich erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Stadt niederließen, stellten einen größeren Bevölkerungsanteil.

Ungarische Volkszählung von 1910: Allgemeine Bevölkerung nach der Muttersprache, Újvidék/
Neusatz (Stadt)
[6]

Ungarisch Deutsch Slowakisch Rumänisch Ruthenisch Kroatisch Serbisch Andere Total
13.343 5.918 1.453 83 332 621 11.594 246 33.590

Neusatz entwickelte sich zu einem kulturellen und politischen Zentrum der Deutschen innerhalb des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen. Hier wurde kurz nach der Unterzeichnung des Friedensvertrags von Trianon im Juni 1920 der „Schwäbisch-Deutsche Kulturbund“ gegründet, „der den kulturellen Identitätserhalt der deutschen Bevölkerung im neuen Staat zum Ziel hatte.“[7] Sowohl der Kulturbund wie die „Partei der Deutschen in Jugoslawien“ (gegründet 1922) waren in den 1920er Jahren von mehreren Verboten betroffen. Während der Königsdiktatur (1929–1930) wurden alle Minderheitenparteien verboten.

Zu Beginn der 1930er Jahren wurden die deutschen Kulturverbände in Jugoslawien immer mehr von den Nationalsozialisten in Deutschland beeinflusst. Zwar lehnten einzelne Gruppen den Nationalsozialismus ab, aber den nationalsozialistischen Ideologen gelang es immer mehr, „die Begriffsfelder ,deutsch‘ und ,pro Hitler‘ zu synchronisieren.“[8] Davon war auch der „Schwäbisch-Deutsche Kulturbund“ betroffen: Dieser wandelte sich ab 1939 „in eine nationalsozialistisch ausgerichtete politische Massenorganisation“[9].

Nach der Befreiung der Batschka durch Titos Partisanen 1944 leitete das kommunistische Regime die Enteignung, Internierung und Deportation der Mehrheit der Jugoslawiendeutschen ein, von denen ein Teil mit den deutschen Besatzern kollaboriert hatte. Zehntausende Deutsche starben in den Internierungslagern, die 1948 aufgelöst wurden. Die Überlebenden wurden in den späten 1940er Jahren nach Deutschland und Österreich vertrieben. Hans-Ulrich Wehler geht davon aus, dass 1939 etwa 500.000 Deutsche im Königreich Jugoslawien lebten. In der Volkszählung vom März 1953 waren es gerade noch um die 62.000.[10]

Die Zahl der Deutschen in Neusatz ist seither stark rückläufig. Laut der Volkszählung von 2011 sind gegenwärtig 429 Deutsche vor Ort ansässig. Die größte in der Stadt lebende ethnische Minderheit stellen heute die Ungarn.

Bevölkerung von Novi Sad nach Ethnizität (2011)[11]

Serben 269.117
Keine Angabe 15.923
Ungarn 13.272
Regionale Zugehörigkeit[12] 9.781
Slowaken 6.596
Kroaten 5.335
Roma[13] 3.636
Montenegriner 3.444
Jugoslawen [14] 2.355
Ruthenen 2.160
Andere 1.821
Unbekannt 1.722
Muslime[15] 1.138
Mazedonier 1.111
Rumänen 891
Goranen 709
Ukrainer 484
Deutsche 429
Slowenen 412
Albaner 356
Russinen 329
Bunjevazen 287
Bulgaren 155
Bosniaken 149
Vlachen 13
Total 341.625

Wirtschaft

Bei Neusatz handelt es sich nicht nur um das wirtschaftliche Zentrum der Vojvodina, sondern auch um den nach Belgrad wichtigsten Wirtschaftsstandort Serbiens. Während zur Zeit Jugoslawiens v. a. die Metall- und die chemische Industrie in Neusatz florierten, entwickelt sich die Stadt in den letzten Jahren zu einem Banken- und Versicherungszentrum.

Militärgeschichte

Die Festung Peterwardein, in deren Umgebung das spätere Neusatz entstand, wurde von den Habsburgern zur Festigung und Sicherung der Militärgrenze zum osmanischen Herrschaftsgebiet errichtet. Der Ursprung von Neusatz ist folglich militärisch begründet.

In der Zeit seiner Zugehörigkeit zu Österreich-Ungarn war Neusatz ein größerer Standort der k.u.k. Armee, so waren beispielsweise verschiedene Infanteriebataillone dort stationiert.

Gesellschaft

Die Gesellschaft in der Vojvodina im Allgemeinen und Neusatz im Speziellen war von Anbeginn an multiethnisch geprägt. Um diese Struktur zu durchbrechen, siedelte das Milošević-Regime während der 1990er Jahre gezielt serbische Binnenflüchtlinge aus Kroatien, Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo in der Region an.

Diese Bevölkerungspolitik beförderte den Nationalismus in der Region und führte zu vermehrten Spannungen zwischen den verschiedenen in der Vojvodina lebenden ethnischen und politischen Gruppierungen.

Religions- und Kirchengeschichte

Neusatz ist der Sitz der Serbisch-Orthodoxen Eparchie Batschka (serb. Bačka) und des Muftis von Novi Sad.

Vor dem Holocaust lebte in Neusatz auch eine große jüdische Gemeinde, wie die ungarische Volkszählung von 1910 belegt.

Ungarische Volkszählung von 1910: Allgemeine Bevölkerung nach der Religion (Újvidék/Neusatz Stadt)[16]

Römisch-katholisch 13.383

Griechisch-katholisch und Armenisch-katholisch (Unierte)

458
Evangelisch (Reformierte) 2.751
Evangelisch (Lutheraner) 3.089
Griechisch-orientalisch und Armenisch-orientalisch (Orthodoxe) 11.553
Unitarier (Lat.) 3
Israelitisch 2.326
Übrige 27
Total 33.590

Die vom Ende des 19. Jahrhunderts stammende Synagoge und die angrenzende jüdische Schule wurden während des Zweiten Weltkriegs von den Nationalsozialisten als Durchgangslager verwendet. Heute wird die renovierte Synagoge als Konzertsaal genutzt.

2011 stellten die Angehörige des serbisch-orthodoxen Glaubens (79,13 Prozent) die größte Glaubensgruppe:

Bevölkerung von Novi Sad nach Religion (2011)[17]

Serbisch-Orthodoxe 79,13%
Keine Angabe 6,65%
Katholiken 6,10%
Atheisten 2,74%
Protestanten 2,67%
Muslime 1,49%
Unbekannt 0,52%
Agnostiker 0,14%
Andere Christen 0,05%
Andere Religionsangehörige 0,05%
Östliche Religionsangehörige
(Buddhisten, Hindus, etc.)
0,04%
 
Juden 0,03%
Insgesamt 100,00%

Besondere kulturelle Institutionen

1825 wurde die wissenschaftliche und kulturelle Gesellschaft Matica srpska (matica = Bienenkönigin, im übertragenen Sinn auch „Keimzelle“) in Pest (Budapest) gegründet. Im Jahr 1864 wurde sie nach Neusatz verlegt. Die Matica srpska brachte nicht nur die erste serbische Zeitschrift desselben Namens heraus, sondern auch diverse Wörterbücher und Enzyklopädien.

Das erste serbische Nationaltheater befand sich ebenfalls in Neusatz. Es wurde am 16. Juli 1861 eröffnet.

Bildung und Wissenschaft

1810 wurde das erste Gymnasium in Neusatz gegründet. Es handelte sich um eine der ersten serbischen Bildungsinstitutionen überhaupt. Heute ist das Gymnasium nach dem Dichter Jovan Jovanović Zmaj (1833–1904) benannt.

Die Universität von Novi Sad (Univerzitet u Novom Sadu) wurde 1960 eröffnet. Heute wird die Universität, die zweitgrößte Serbiens, von etwa 30.000 Studierenden besucht.

Alltagskultur

Architektur und Küche der Stadt weisen im Vergleich zu Belgrad stärkere österreichische und ungarische Einflüsse auf. So sind z. B. Süßspeisen wie Strudel und Gugelhupf weit verbreitet.

Kunstgeschichte

Vom alten Stadtkern ist nur noch wenig erhalten geblieben. Das älteste Haus der Stadt befindet sich an der Ecke Zmaj Jovina (Jovan-Zmaj-Straße) und Dunavska ulica (Donaustraße) – es stammt aus dem Jahr 1724. Die meisten bekannten Bauwerke gehen auf das Ende des 19. oder den Anfang des 20. Jahrhunderts zurück, da während der Unruhen, die durch die Revolution von 1848/49 ausgelöst wurden, 70 Prozent der Gebäude zerstört wurden.

Die Gedenksammlung von Pavle Beljanski (1892–1965) umfasst bedeutende Werke der serbischen Malerei aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Zudem wurde während der Regierungszeit von Slobodan Milošević (1941–2006) ein kritisches Künstlerkollektiv namens Led Art gegründet.

Musik

Der Militärmusiker Josif Runjanin (1821–1878) verstarb in Neusatz. Er komponierte die kroatische Nationalhymne.

Das Musikfestival EXIT (serb. Egzit) findet seit 2000 jährlich in Novi Sad statt. Es handelt sich um eines der größten Musikfestivals in Serbien. Der musikalische Schwerpunkt liegt auf Rock und elektronischer Musik.

Buch-, Druck- und Mediengeschichte

In Novi Sad/Neusatz wurde 1919 die Druckerei- und Verlags-AG von Donauschwaben gegründet; diese brachte im selben Jahr die erste Nummer des Deutschen Volksblattes heraus.

Heute verfügt Neusatz über eine eigene Tageszeitung (Dnevnik) und ist der Sitz eines regionalen Radio- und Fernsehsenders (Radio Televizija Vojvodine, kurz: RTV), der in sieben Sprachen sendet (auf Serbisch, Ungarisch, Kroatisch, Slowakisch, Russinisch, Rumänisch und Romanes; bis 2011 auch auf Deutsch).

Von 1944 bis 2006 erschien auch die ungarischsprachige Zeitung Magyar Szó (Ungarisches Wort) in Neusatz. Nun wird sie in Maria-Theresiopel/Subotica/Szabadka gedruckt.

Literatur

Der slowakische Sprachwissenschaftler und Dichter Pavel Jozef Šafárik (1795–1861) arbeitete von 1819 bis 1833 als Lehrer und späterer Direktor am serbischen Gymnasium von Neusatz.

Jovan Jovanović Zmaj (1833–1904) wurde in Neusatz geboren. Er zählt zu den bekanntesten serbischen Dichtern der Romantik.

Außerdem waren u. a. auch der Literat und Dramaturg Milan Begović (1876–1948) und der  Schriftsteller Danilo Kiš (1935–1989) in der Stadt tätig.

2006 wurde das „International Novi Sad Literature Festival“ (Međunarodni književni festival) in Neusatz begründet, das seither jährlich stattfindet.

Gedächtnis- und Erinnerungskultur

In Erinnerung an die Verleihung des Status einer freien Königsstadt im Jahr 1748 durch Kaiserin Maria Theresia begeht Neusatz jeweils am 1. Februar das Stadtfest (serb. Dan Grada). Seit 1998 wird an diesem Tag auch der sogenannte Februar-Award für herausragende Leistungen zugunsten der Stadt und die Verbreitung von liberalen Ideen und Werten verliehen.

Des Weiteren findet am 23. Oktober zum Gedenken an die Befreiung Jugoslawiens im Jahr 1944 jährlich die Verleihung der Oktober-Charta statt. Diese würdigt herausragende Verdienste im wirtschaftlichen und sozialen Bereich.

Neusatz trägt 2021 den Titel "Europäische Kulturhauptstadt".

4. Diskurse/Kontroversen

Das Massaker von Neusatz, das Ende Januar 1942 durch ungarische Truppen unter der Führung von General  Ferenc Feketehalmy-Czeydner an jüdischen und serbischen Zivilisten sowie an Roma verübt wurde, sorgt bis heute für Kontroversen. So zum Beispiel 2011, als der mutmaßliche 97-jährige Kriegsverbrecher Sándor Kepiro, der bereits 1944 in Ungarn und 1946 in Abwesenheit in Jugoslawien verurteilt worden war, in Budapest im Mai 2011 trotz erdrückender Beweise freigesprochen wurde.[18]

Seit 1971 erinnert eine Bronzestatue, die einen Mann, eine Frau und ein Kind zeigt, in der Nähe der Varadinski-Brücke an die Opfer des Massakers.

5. Bibliographische Hinweise

Literatur

  • Carl Bethke: Deutsche und ungarische Minderheiten in Kroatien und der Vojvodina. Identitätsentwürfe und ethnopolitische Mobilisierung. Wiesbaden 2009.
  • Melhior Erdujhelji. Újvidék története [Die Geschichte Novi Sads]. Temerin 1990.
  • Donauschwäbisches Zentralmuseum: Räume – Zeiten – Menschen. Führer durch das Donauschwäbische Zentralmuseum. Ulm 2000.
  • R[ay] M. Douglas: „Ordnungsgemäße Überführung.“ Die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. München 2013.
  • Đura Hardi: „Petrovaradin – the ,Seat‘ of Charles Robert of Anjou“, in: Đura Hardi (Hg.): The Cultural and Historical Heritage of Vojvodina in the Context of Classical and Medieval Studies. Novi Sad 2015.
  • Horst Haselsteiner, Doris Wastl-Walter: Mosaik Europas – Die Vojvodina. Frankfurt/M. 2011.
  • Sepp Janko: Weg und Ende der deutschen Volksgruppe in Jugoslawien. Graz 1982.
  • Veljko Milković: Petrovaradin kroz legendu i stvarnost [Petrovaradin in Legende und Gegenwart]. Novi Sad 2001.
  • Boško Petrović/Živan Milisavac: Novi Sad – Monografija [Novi Sad – Eine Monographie]. Novi Sad 1987.
  • Zoran Rapajić: Novi Sad bez tajni [Novi Sad ohne Geheimnis]. Beograd 2002.
  • Nada Savković: Die Vojvodina – ein Kulturerbe. Übers.: Snezana Gvozdenac. Novi Sad 2004.
  • Holm Sundhaussen: Geschichte Serbiens. 19.–21. Jahrhundert. Wien 2007.
  • Arnold Suppan: Hitler – Beneš – Tito. Konflikt, Krieg und Völkermord in Ostmittel- und Südosteuropa. 3 Bände, hier Band 1. Wien 2014.

Weblinks

Anmerkungen

[1] Ernst Bruckmüller: Nation Österreich. Kulturelles Bewusstsein und gesellschaftlich-politische Prozesse. Wien 1996, S. 260.

[2] Österreichische Akademie der Wissenschaft: Die Habsburgermonarchie 1848–1918: Soziale Strukturen – Die Gesellschaft der Habsburgermonarchie im Kartenbild: Verwaltungs-, Sozial- und Infrastruktur nach dem Zensus von 1910. Bd. IX. bearb. von Helmut Rumpler/Martin Seger. Wien 2010, S. 309.

[3] Josef „Sepp“ Janko veröffentlichte ein Buch über die deutsche „Volksgruppe“ in Jugoslawien. Sepp Janko: Weg und Ende der deutschen Volksgruppe in Jugoslawien. Graz 1982.

[4] Es ist anzumerken, dass Begriffe wie „Volksdeutsche“ und „Jugoslawiendeutsche“ ein Neologismus der Zwischenkriegszeit sind und die völkische Vereinnahmung der Menschen als „Auslandsdeutsche“ beinhalten. Vgl.: Carl Bethke: Gab es „Jugoslawiendeutsche“? Regionale Spezifika und nationale Integrationsprozesse deutscher Minderheiten im Gebiet des südslawischen Staates (1918–1949). In: Vom „Verschwinden“ der deutschsprachigen Minderheiten: ein schwieriges Kapitel in der Geschichte Jugoslawiens 1941–1955. Hg. von Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung/Donauschwäbisches Zentralmuseum. Ulm 2016, S. 39–55.

[5] Statistical Office of the Republic of Serbia: Comparative Overview of the Number of the Population in 1948, 1953, 1961, 1971, 1981, 1991, 2002 and 2011. Data by settlements. Belgrade 2014, S. 36. URL: pod2.stat.gov.rs/ObjavljenePublikacije/Popis2011/Knjiga20.pdf (Abruf 10.11.2020).

[6] Aus dem Französischen: Recensement Général de la Population des Pays de la Sainte Couronne Hongroise, en 1910, Première Partie: Données Principales de la Population par Communes et par Hameau, Colonies plus Populeux, L’Office Central de Statistique du Royaume de Hongrie, Budapest 1912, S. 35. library.hungaricana.hu/en/view/NEDA_1910_01/?pg=0&layout=s (Abruf : 10.11.2020).

[7] Peter Schmidt: „Bevölkerungsaustausch und Optionen nach dem Ersten Weltkrieg“, in: Horst Haselsteiner/Doris Wastl-Walter (Hg.): Mosaik Europas, S. 75–91, hier S. 89.

[8] Carl Bethke: Deutsche und ungarische Minderheiten in Kroatien und in der Vojvodina 1918–1941, S. 555.

[9] Carl Bethke: Deutsche und ungarische Minderheiten in Kroatien und in der Vojvodina 1918–1941, S. 622.

[10] Hans-Ulrich Wehler: Nationalitätenpolitik in Jugoslawien. Die deutsche Minderheit 1918–1978. Göttingen 1980, S. 96–99. Wayne S. Vucinich berichtet von 60.536 Deutschen. Diese Zahl beruht auf unveröffentlichten Daten der Volkszählung des Jahres 1953. Vgl. Wayne S. Vucinich: Nationalism and Communism. In: Ders. (Hg.): Contemporary Yugoslavia. Twenty Years of Socialist Experiment. Berkeley 1969, S. 236−284, hier S. 254.

[11] Statistical Office of the Republic of Serbia. 2011 Census of Population, Households and Dwellings in the Republic of Serbia. Book 4: Religion, Mother tongue and Ethnicity. Data by Municipalities and Cities. Belgrade 2013, S. 116–117.
URL: pod2.stat.gov.rs/ObjavljenePublikacije/Popis2011/Knjiga4_Veroispovest.pdf (Abruf 10.11.2020).

[12] Unter diesem Begriff sind all jene Personen zusammengefasst, die sich aufgrund einer regionalen Zugehörigkeit registriert haben (z. B. als Vojvodjani).

[13] Die tatsächliche Zahl der in Neusatz lebenden Roma liegt wohl weitaus höher als in der Volkszählung angegeben, da viele Roma sich entweder nicht registrieren ließen oder sich nicht als solche bekannt haben.

[14] In der Volkszählung von 1961 umfasst der Oberbegriff „Jugoslawen“ noch all jene, die keine Angaben zur ethnischen oder regionalen Zugehörigkeit machten. Seit der folgenden Volkszählung, 1971, gilt „Jugoslawe“ als eine eigene Kategorie, zu der jene gehören, die sich explizit so benennen.

[15] Seit der Volkszählung 1961 werden Muslime als eine eigenständige Ethnie erfasst.

[16] Aus dem Französischen: Recensement Général de la Population des Pays de la Sainte Couronne Hongroise, en 1910, Première Partie, S. 43.
library.hungaricana.hu/en/view/NEDA_1910_01/?pg=0&layout=s (Abruf : 10.11.2020)

[17] Statistical Office of the Republic of Serbia. 2011 Census of Population, Households and Dwellings in the Republic of Serbia. Book 4: Religion, Mother tongue and Ethnicity. Data by Municipalities and Cities. Belgrade 2013, S. 46–47.
URL: pod2.stat.gov.rs/ObjavljenePublikacije/Popis2011/Knjiga4_Veroispovest.pdf (Abruf 10.11.2020).

[18] Vgl. Neue Zürcher Zeitung: „Sandor Kepiro freigesprochen“, 19.07.2011, URL: www.nzz.ch/sandor-kepiro-freigesprochen-1.11486134 [Zugriff: 10.11.2020].

Zitation

Kathrin Pavic: Neusatz/Novi Sad/Újvidék. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2018. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/p32486 (Stand 30.07.2021).

Nutzungsbedingungen für diesen Artikel

Copyright © Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE), alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk entstand im Rahmen des Projekts „Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa“ und darf vervielfältigt und veröffentlicht werden, sofern die Einwilligung der Rechteinhaber vorliegt. Bitte kontaktieren Sie:

Wenn Sie fachliche Hinweise oder Ergänzungen zum Text haben, wenden Sie sich bitte unter Angabe von Literatur- und Quellenbelegen an die Redaktion.

(Stand: 19.01.2024)  | 
Zum Seitananfang scrollen Scroll to the top of the page