Plock/Płock
1. Toponymie
Deutsche Bezeichnungen
Plock, Plotzk, Plozk
Amtliche Bezeichnung
poln. Płock
Weitere Bezeichnungen
1941–1945 Schröttersburg
Etymologie
Der Name Płock wird erstmals in Dokumenten im 12. Jahrhundert erwähnt. Der Ursprung ist nicht eindeutig geklärt. Der Historiker und Ethnograph Zygmunt Gloger (1845–1910) bezog den Namen auf das Wort „płot“, „Zaun“ als Schutz gegen Überfälle. Eine andere Ableitung vom griechischen „ploto“ umschreibt ein Fischerboot. Eine dritte Hypothese verbindet den Namen mit dem Fluss Płota, der früher dort floss, wo sich heute die ul. Mostowa befindet. Eine Ableitung vom Wortbaustein "pły" deutet auf Gewässer, Teich, See.
2. Geographie
Lage
52° 33′ nördlicher Breite, 19° 42′ östlicher Länge, 58–105 m über dem Meeresspiegel. Plock liegt in Masowien (Mazowsze) in der Mitte Polens, etwa 100 km nordwestlich von Warschau/Warszawa an der Straße Warschau–Włocławek. Die Stadt liegt zu beiden Seiten (das Stadtzentrum östlich) der Weichsel (Wisła), etwa 50 m über dem Strom auf dem Hochufer, das die masowische Ebene überragt. In der Umgebung befinden sich große Wälder und die Gostyniner Seenplatte.
Region
Masowien (Mazowsze)
Staatliche und administrative Zugehörigkeit
Republik Polen; Woiwodschaft Masowien (Województwo mazowieckie); kreisfreie Stadt: 88,10 km²; Landkreis (Powiat Płocki): 1.798,71 Quadratkilometer.
3. Geschichte und Kultur
Gebräuchliche Symbolik
Das Stadtwappen geht auf das älteste Stadtsiegel aus dem 14. Jahrhundert zurück. Es stellt eine zinnenbekrönte Stadtmauer mit einem Stadttor dar. Darüber steht der dreieckige, mit einer Rosette verzierte Westgiebel der Kathedrale mit einer Kreuzblume auf der Spitze. Zu beiden Seiten befindet sich ein Turm mit Spitzdach.
Die Stadtflagge hat die Farben Blau und Gelb mit einem roten Streifen in der Mitte (Kontuschgürtel).
Vor- und Frühgeschichte
Plock ist die älteste Stadt Masowiens und eine der ältesten Städte Polens. Die frühesten Siedlungsspuren stammen aus dem 10. Jahrhundert v. Chr. aus der Lausitzer Kultur. Die breite Landzunge des späteren Domberges bot günstige Siedlungsbedingungen. Archäologische Ausgrabungen weisen nach, dass Plock im 9. Jahrhundert n. Chr. gegründet wurde.
Mittelalter
Die Entwicklung der Stadt ist eng mit der Bildung des frühen Piastenstaates verbunden. Die mit einem Erdwall umgebene hölzerne Piastenburg auf dem Domberg (Wzgórze Tumskie) sowie die ersten Stadtbefestigungen wurden unter der Herrschaft von Mieszko I. (um 945?–992) angelegt.[1] Dort hatte im frühen Mittelalter ein heidnisches Kultzentrum bestanden. Plock war eine der Stationen von König Bolesław I. dem Tapferen (Chrobry, 965/967–1025), wenn er durch das Land reiste. Wahrscheinlich von Plock aus begab sich Brun von Querfurt (um 974–1009) auf seinen letzten Missionsweg zu den Prußen. 1039–1047 war Plock unter Miecław/Masław (?–1047) Mittelpunkt eines unabhängigen Staatsorganismus. 1075 wurde Plock Sitz des neugegründeten Bistums Masowien. 1079–1138, während der Herrschaft von Władysław I. Herman (um 1043–1102) und Bolesław III. Schiefmund (Krzywousty, 1085–1138), war Plock die Hauptstadt Polens. Es entstanden Residenzen für Bischof, Fürsten sowie für Judith von Böhmen (Judyta Czeska/Przemyślidka, 1056/1058–1086), die erste Frau von Władysław I. Herman und Mutter Bolesławs III., und die zweite Frau, Judith von Ungarn (Judyta Maria Szwabska/Salicka (1047–1092).
Nach dem Zerfall des Landes in Teilfürstentümer wurde Plock eine der Hauptstädte der Piastenfürsten Masowiens. Im 13. Jahrhundert wurde die Burg mehrfach erobert und gebrandschatzt. Gegen Ende des Jahrhunderts begann man mit dem Bau von Wehrmauern anstelle der Erdwälle. Die Stadt verteidigte sich u. a. gegen Truppen von Władysław I. Ellenlang (Łokietek, 1260–1333). Etwa 1226 erhielt Plock Stadtrecht. 1237 bestätigte Konrad I. von Masowien (Mazowiecki, 1187/1188–1247) das Stadtrecht nach Magdeburger Recht. 1435 wurde das Stadtrecht durch Władysław III. (1424–1444) nochmals nach Kulmer Recht verliehen. Nach dem Tod des letzten Plocker Fürsten Janusz II. (1455–1495) wurde das Fürstentum unter König Johann I. Albrecht (Jan I Olbracht, 1459–1501) 1495 Bestandteil des Königreichs Polen. Bis zu den Teilungen Polens wurde das Schloss durch königliche Landräte (Starosten) verwaltet. 1495–1793 war Plock Sitz der gleichnamigen Woiwodschaft (Województwo Płockie).
Neuzeit
Der schwersten Seuche in der Stadtgeschichte fielen 1526 etwa 1.100 Menschen, 30 Prozent der Einwohner, zum Opfer. 1545 wütete ein Brand in der Stadt. Am 1. August 1558 erhielt Plock von Sigismund II. August (Zygmunt II August, 1520–1572) das Privileg freier Wahl des Bürgermeisters und des Gemeindevorstehers (Wojt). 1657 wurde Plock von schwedischen Truppen geplündert, Schloss, Bürgerhäuser und Krankenhaus wurden völlig zerstört. 1731 kam es zu einem Erdrutsch an der Weichsel, Teile der Stadt wurden vom Fluss weggeschwemmt. Im Zuge der Zweiten Teilung Polens 1793 fiel Plock an Preußen und wurde Teil der neu gegründeten Provinzen Südostpreußen (1793–1795) bzw. Neuostpreußen (ab 1795). Der Abriss der Wehrmauern und Stadttore begann. Entlang der Straße nach Wyszogród entstand ein neues Viertel mit Amtsgebäuden und Wohnungen für Beamte.
19./20. Jahrhundert
1807 wurde Plock Teil des Großherzogtums Warschau. Nach dem Wiener Kongress 1815 kam die Stadt (als Woiwodschaftssitz im Königreich Polen) unter russische Verwaltung. Nach dem gescheiterten Januaraufstand des Jahres 1863 gegen die russische Teilungsmacht wurde am 15. Mai Zygmunt Padlewski (1836–1863) als einer der Anführer auf dem Plocker Kasernengelände hingerichtet. Während des Krieges mit der Sowjetunion wurde die Stadt am 18. und 19. August 1920 angegriffen und erfolgreich verteidigt.
Plock wurde am 8. September 1939 von der Wehrmacht besetzt. 1941 wurde die Stadt nach dem ostpreußischen Politiker Friedrich Leopold von Schrötter (1743–1815) in Schröttersburg umbenannt; sie war bis 1945 Sitz des Landkreises Schröttersburg im Regierungsbezirk Zichenau/Ciechanów der Provinz Ostpreußen. Mit der Angliederung der Region an das Deutsche Reich kam es zu Zwangsumsiedlungen polnischer Einwohner; Deutsche aus Litauen sollten angesiedelt werden. Zahlreiche Polen wurden zur Zwangsarbeit rekrutiert. Die jüdische Bevölkerung wurde Anfang 1941 in Konzentrationslager deportiert. Im Rahmen der sowjetischen Winteroffensive wurde Plock am 21. Januar 1945 befreit. Zwischen 1945 und 1950 mussten die verbliebenen Deutschen Plock und die Region verlassen. 1975–1998 war die Stadt Woiwodschaftssitz.
Wirtschaft
Als Residenz- und Bischofsort zog Plock Handwerker und Händler an. Im 16. und 17. Jahrhundert profitierte sie vom Getreide- und Holzhandel, für den der Schifffahrtsweg über die Weichsel nach Danzig/Gdańsk genutzt wurde. Brände und Kriege führten dazu, dass Plock im 18. Jahrhundert zeitweise nur rund tausend Einwohner zählte. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Stadt nur langsam, erste Maschinenbaubetriebe entstanden im letzten Viertel des Jahrhunderts. 1923 wurde der linksseitige Stadtteil Radziwie mit einem Binnenschifffahrtshafen eingemeindet; dort befand sich die 1937 gegründete, größte polnische Binnenland-Flusswerft. Seit 1938 besteht eine Auto- und Eisenbahnbrücke über die Weichsel, die Brücke der Piłsudski-Legionen (Most im. Legionów Piłsudskiego). Eine zweite, die Brücke der Solidarität (Most Solidarności, 2002–2007), ist die größte und längste Brücke in Polen. Plock ist heute eine Industriestadt mit Mineralöl-, Petrochemie- (ORLEN S.A.), Chemie-, Maschinenbau-, Nahrungsmittel-, Bekleidungs- und Bauindustrie. Plock ist Hochschulstadt mit rund 12.000 Studierenden an sechs Hochschulen.
Bevölkerungsentwicklung
Bischof Peter von Plock (Piotr I Półkozica) erwähnt 1237 neben polnischen auch deutsche Einwohner.[2] Im selben Dokument bestätigt er die Existenz eines jüdischen Viertels, das damit eines der ältesten in Polen ist. Es bestand in der Altstadt, zwischen der Nordseite des Alten Marktes (Stary Rynek) und der Stadtmauer, fast unverändert bis ins 19. Jahrhundert.[3] Mit dem Besiedlungsschub ab 1730 wanderten von Norden kommend (Lipno) entlang der Weichsel bäuerliche niederländische und deutsche Siedler ins Plocker Umland ein, darunter auch Mennoniten.[4] Die sogenannten Niederunger lebten südlich von Plock, nördlich sogenannte Schwaben.[5] In der Zeit der Zugehörigkeit zu Preußen 1793–1807 wurde mit der Siedlung Schröttersdorf die erste preußische Kolonie bei Maszewo nördlich von Plock gegründet (1797). Preußische Beamte zogen in die Stadt. Der Regierungsrat E. T. A. Hoffmann lebte hier 1802–1804, strafversetzt wegen seiner Karikaturen, die er über preußische Beamte und Adlige gezeichnet hatte. Nach 1807 ließen sich russische Militärs, Beamte und deren Familien nieder.[6]
Vor 1939 stellten die ca. 7.600 jüdischen Einwohner ein Drittel der Bevölkerung. Sie wurden von den deutschen Besatzern im November 1939 in ein Ghetto umgesiedelt und Anfang 1941 in Konzentrationslager deportiert, wo ein Großteil der Plocker Juden ermordet wurde.
In Plock wurden unter anderem geboren: Mark Lidzbarski (1868–1928), deutscher Semitist, Władysław Broniewski (1897–1962), polnischer Dichter, Tadeusz Mazowiecki (1927–2013), polnischer Ministerpräsident, 2011 Ehrenbürger der Stadt. Heute beträgt die Einwohnerzahl 121.879,[7] der Landkreis (Powiat Płocki) hat 107.765 Einwohner.[8]
Religions- und Kirchengeschichte
Das 1075 errichtete Bistum Plock gehört zu den ältesten polnischen Bistümern. Die Kathedrale wurde 1910 zur Basilica minor erhoben. In der Nähe des Alten Marktes befindet sich das Sanktuarium der Barmherzigkeit Gottes. Hier hatte die von Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000 heiliggesprochene Schwester Maria Faustyna Kowalska (1905–1938) am 22. März 1931 ihre erste Offenbarung des Barmherzigen Jesus.
Der jüdischen Gemeinde stand bis 1939 die Große Synagoge sowie eine kleine Synagoge zur Verfügung, in der heute das 2013 eröffnete Museum der Masowischen Juden (Muzeum Żydów Mazowieckich) untergebracht ist. Weitere jüdische Einrichtungen wie eine Mikwe, ein Krankenhaus, zwei Friedhöfe u. a. werden heute meist anders genutzt, nachdem die jüdische Bevölkerung im Holocaust ausgelöscht wurde.
Die seit 1804 bestehende Evangelisch-Augsburgische Gemeinde betreute bis 1945 auch die weiteren protestantischen Gemeinden im Umland (u. a. Mennoniten, Reformierte, Baptisten). Die Diözese Plock der Evangelisch-Augsburgischen Kirche wurde 1828 gegründet. Sie vertrat mehrere Gemeinden, von denen einige älter als die Diözese waren. Die Plocker Gemeinde nutzte Gebäude des Dominikanerklosters, richtete 1805 eine Schule und 1854 ein Pfarrhaus ein. Der Friedhof weist Gräber mit polnischen, deutschen, russischen und französischen Inschriften auf und wird heute noch benutzt. Die Gottesdienste finden gegenwärtig in der 2000–2001 am Friedhof erbauten Kirche statt.
Eine erste russisch-orthodoxe Kirche wurde 1842 in einer Kaserne eingerichtet. Die 1865–1867 nach Entwürfen von Bronisław Żochowski-Brodzic (1836–1911) erbaute russisch-orthodoxe Kirche wurde 1929 abgerissen, fünf weitere kleine russisch-orthodoxe Kirchen wurden geschlossen. Seitdem verfügt die Gemeinde nur noch über eine Kapelle im südwestlichen Teil des ehemaligen Dominikanerklosters. Der Kloster-Kathedralen-Komplex der Mariaviten ist Hauptsitz der Altkatholischen Kirche der Mariaviten in Polen (Kościół Starokatolicki Mariawitów w RP).
Besondere kulturelle Institutionen
Das 1821 gegründete Masowische Museum (Muzeum Mazowieckie) ist eines der ältesten Museen Polens. In einem Jugendstilhaus in der ul. Tumska ist die Abteilung für Jugendstil untergebracht, eine der umfangreichsten Sammlungen ihrer Art.
Die ehemalige Benediktinerabtei und ein 1903 erbautes Gebäude neben der Kathedrale beherbergen das Diözesanmuseum (Muzeum Diecezjalne w Płocku). Die Sammlung umfasst u. a. einen 1239/1240 von Konrad von Masowien geschenkten romanischen Kelch, die Krone des heiligen Sigismund (Zygmunt), ein Geschenk von Kasimir dem Großen, sowie über 100 Kontuschgürtel.
Bildung und Wissenschaft
Im 12. Jahrhundert stiftete die Witwe des Woiwoden Wojslaw (Wojsław) die St.-Michaeli-Stiftskirche, an der 1180 eine Schule gegründet wurde. Die Małachowianka, das Stanisław-Małachowski-Lyzeum (Liceum Ogólnokształcące im. Marszałka Stanisława Małachowskiego w Płocku), ist die älteste polnische Schule und seit 1180 ununterbrochen tätig.
1820 wurde auf Initiative des Schulrektors Kajetan Morykoni (1774–1830) die Plocker Wissenschaftliche Gesellschaft (Towarzystwo Naukowe Płockie) gegründet. 1907 erhielt die Gesellschaft die Büchersammlung des Schriftstellers Gustaw Zieliński (1809–1881). Die heute über 270.000 Bände zählende Zieliński-Bibliothek besitzt u. a. eine Erstausgabe von „De revolutionibus orbium coelestium“ (1543) von Nikolaus Kopernikus (1473–1543) und die „Commune incliti Poloniae regni privilegium“ (1506) von Jan Łaski (1456–1531).
Bis zum Zweiten Weltkrieg zählte die Bibliothek des Plocker Priesterseminars mit Beständen aus dem Diözesanarchiv und säkularisierten Klöstern zu den reichsten Sammlungen Polens. Von u. a. 140 illuminierten Schriftkodizes aus dem 12./13. Jahrhundert, 500 Inkunabeln, die bei der deutschen Besetzung des Priesterseminars geraubt wurden, erhielt das Seminar nur einen Bruchteil zurück.
Kunstgeschichte und Architektur
Der schachbrettförmige Stadtkern um den Alten Markt mit dem Rathaus sowie Reste der Stadtmauern gehen auf die mittelalterliche Planung zurück. Die mittelalterlichen Tore wurden im frühen 19. Jahrhundert durch klassizistische Torhäuser ersetzt. Die Bebauung überstand mit Ausnahme des jüdischen Viertels den Zweiten Weltkrieg mit relativ geringen Schäden.
Das Hochufer der Weichsel wird vom Dom und von der landesherrlichen Residenz geprägt. Das Schloss der Herzöge von Masowien (Zamek książęcy), ein Werk der Backsteingotik, entstand anstelle einer hölzernen Burg im 14. Jahrhundert. Neben dem Uhrturm (um 1360), der später als Gefängnis diente, wurde im 15. Jahrhundert ein Doppeltor errichtet. Die Residenz der masowischen Fürsten war durch Bogengänge mit einem Wohnhaus im italienischen Stil und einer Aussichtsterrasse über der Weichsel verbunden. Während der schwedischen Invasion 1655–1660 sowie im Großen Nordischen Krieg, 1705, wurden diese Gebäude beschädigt. Um 1800 wurden sie teilweise abgetragen, weitere Bauten rutschten in die Weichsel ab. Adelsturm, Uhrturm und Schlossmauerreste sind erhalten. Am Uhrturm sind romanische Reste eines Palatiums von Władysław I. Herman aus dem 11. Jahrhundert zu sehen.
Die Kathedrale Mariä Himmelfahrt (Katedra Wniebowzięcia Najświętszej Maryi Panny) ist Sitz des Bischofs von Plock und gehört zu den ältesten Sakralbauten Polens. Auf dem Burggebiet entstand anstelle einer Rotunde aus der Mitte des 11. Jahrhunderts im 12. Jahrhundert unter Bischof Alexander von Malonne (?–1156) die erste steinerne Kathedrale, die 1144 geweiht wurde. Die dreischiffige Basilika mit Querschiff war damals der größte Sakralbau in Polen. Im Jahre 1530 wurde die Kathedrale durch einen Brand zerstört und 1530–1563 auf Initiative des Bischofs Andrzej Krzycki (1482–1537) im Spätrenaissancestil wiedererrichtet. Die Bauarbeiten leiteten die italienischen Architekten Jan (Giovanni) Cini, Bernardino Zanobi de Gianotis und Filip da Fiesole. Die Vierungskuppel plante Jan Baptysta Wenecjanin (z Wenecji, um 1492–1567). 1778 erhielt die Kathedrale einen klassizistischen, von Dominik/Domenico Merlini (1730–1797) entworfenen Säulenportikus. 1901–1903 wurde sie restauriert und auf ihren Renaissancezustand zurückgeführt. Der Architekt Stefan Szyller (1857–1933) entwarf dabei auch die neue Innenausstattung (Hauptaltar, Nebenaltäre, Kanzel, Chorgestühl). Die Ausmalung erfolgte 1904–1914 durch Władysław Drapiewski (1876–1961) und Mikołaj Brücher (Brucher, 1874–1957). In der Königlichen Kapelle unter dem Nordturm befinden sich Marmorsarkophage mit den Gebeinen von Władysław I. Herman und Judith von Böhmen sowie Bolesław Schiefmund, in der Gruft unter der Kapelle ruhen die Gebeine von 15 masowischen Fürsten. Die 1152–1154 in Magdeburg auf Bestellung von Bischof Alexander von Malonne gegossene zweiflügelige Bronzetür des Doms wurde um 1400 unter bisher nicht geklärten Umständen in das Westportal der Sophienkathedrale von Nowgorod verbracht.[9] Seit 1981 befindet sich in Plock eine Replik der Tür.
Der um 1600 errichtete Bischofspalast, im klassizistischen Stil umgebaut, ist heute Gerichtssitz und Sitz der Staatsanwaltschaft.
Ebenfalls auf der Dom-Anhöhe liegt die ehemalige Benediktinerabtei (Klasztor Benedyktynów). Im 11. Jahrhundert befand sich die Kirche des hl. Lorenz im Besitz der Benediktiner, im 12. Jahrhundert gründeten sie die neue Abtei des hl. Adalbert von Prag/Praha (św. Wojciech). Im Jahre 1538 überließ ihnen Sigismund I. einen Teil des Burgareals. Die Benediktiner bauten die Abtei im 16. und 17. Jahrhundert aus und errichteten die barocke Kirche. 1705 wurde während des Großen Nordischen Krieges das Kloster geplündert und teilweise zerstört. 1781 zog der Bischof nach Pultusk/Pułtusk; für die Kongregation der Missionare von St. Vincent de Paul (Misjonarzy św. Wincentego à Paulo) und das Priesterseminar erfolgten Umbauten. Zwischen 1850 und 1864 wurde die Kirche profaniert und mit weiteren Teilen der Anlage umgestaltet, 1866 von der russischen Verwaltung übernommen und ein Mädchengymnasium eingerichtet. Seit 1973 wird der Bau museal genutzt.
Die gotische Pfarrkirche des hl. Bartholomäus (Kolegiata św. Bartłomieja), eine Stiftung Kasimirs des Großen, wurde 1356 geweiht. Jan Baptysta Wenecjanin baute den Innenraum im Renaissancestil um. Die 1772 beendeten Sanierungsarbeiten verliehen der Kirche das heutige Aussehen, dabei wurde der Chor auf die Weichselseite verlegt.
1234 holte Konrad I. den Orden der Dominikaner in die Stadt. Die von ihm gestiftete Kirche des hl. Dominik und das Kloster wurden in der Nähe des Domberges erbaut, um 1590 im Spätrenaissancestil umgestaltet. Die teilweise erhaltene spätbarocke Inneneinrichtung entstand in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. 1805 wurden die Dominikaner durch die preußischen Behörden enteignet. Die Kirche wurde der protestantischen Gemeinde übergeben, die für die deutschen Beamten und Ansiedler gegründet wurde. Die Bibliothek und das Archiv wurden zerstreut und zerstört. In den Klostergebäuden wurden Wohnungen, eine Schule und ein Archiv eingerichtet. Die protestantische Gemeinde existierte bis 1945. Die Kirche gehört heute zur Pfarrei des hl. Maximilian Maria Kolbe.
Die einschiffige spätbarocke Kirche des hl. Johannes des Täufers wurde 1771 geweiht. Das zugehörige Kloster der Reformisten entstand 1773–1783. 1867 zog das Priesterseminar ein, das 1914–1916 um einen neobarocken Flügel nach dem Entwurf von Oskar Sosnowski (1880–1939) erweitert wurde.
Das Zentrum der neogotischen Klosteranlage der Mariaviten aus den Jahren 1911–1914 bildet die Kirche mit Kuppel und Türmen (Tempel der Barmherzigkeit und Liebe).
Das während der napoleonischen Kriege zerstörte Rathaus wurde 1824–1825 durch einen klassizistischen Neubau nach Entwurf von Jakub Kubicki (1758–1833) ersetzt.
Die einzigen erhaltenen gotischen Wohngebäude sind das um 1445 errichtete Kanonikerhaus am Narutowicz-Platz 8, in der die Plocker Wissenschaftliche Gesellschaft ihren Sitz hat, und das Haus zu den Hörnern (Dom pod Trąbami) an der ul. Mostowa 1. Die ältesten Wohnhäuser am Alten Markt stammen aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
4. Bibliographische Hinweise
Literatur
- Aneta Bukowska, Maciej Trzeciecki: Relikty architektury kamiennej na Wzgórzu Tumskim w Płocku – wyniki badań weryfikacyjnych [Relikte der Steinarchitektur auf dem Domhügel in Plock – Forschungsergebnisse]. In: Architektura Romańska w Polsce. Gniezno 2009, S. 300–316.
- Severin Gawlitta: Zwischen Einladung und Ausweisung: deutsche bäuerliche Siedler im Königreich Polen 1815–1915. Marburg 2009 (Materialien und Studien zur Ostmitteleuropa-Forschung 20).
- Christofer Herrmann, Dethard von Winterfeld (Hg.): Mittelalterliche Architektur in Polen. Romanische und gotische Baukunst zwischen Oder und Weichsel. Bd. 1. Petersberg 2015.
- Eduard Kneifel: Die evangelisch-augsburgischen Gemeinden in Polen: 1555–1939. Eine Parochialgeschichte in Einzeldarstellungen. Vierkirchen 1971.
- Paweł Piotr Kowalski: Kępa Ośnicka – Jak Holendrów osadzono pod Płockiem w 1759 r. [Die Ośnicka-Insel – Wie die Holländer vor Plock angesiedelt wurden.] In: Notatki Płockie 224 (2010), H. 3, S. 3–16: www.tnp.org.pl/Notatki%20Plockie%202010%20r.%20nr%203-224.pdf.
- Jan Przedpełski: Żydzi płoccy. Dzieje i martyrologia 1939–1945 [Die Plocker Juden. Geschichte und Martyriologie 1939–1945]. Płock 1993.
- Zbigniew Ptasiewicz: Regierungsbezirk Zichenau: 1939–1945. Rejencja Ciechanowska. Ciechanów 2012.
- Wawrzyniec Sikora: Monografja osiedli niemieckich [Monografie deutscher Siedlungen; Erstpublikation 1935]. In: Nasze korzenie. półrocznik popularnonaukowy Muzeum Mazowieckiego w Płocku 2 (2011), S. 36–39.
- Zygmunt Świechowski: Sztuka romańska w Polsce [Kunst der Romanik in Polen]. Warszawa 1982.
- Włodzimierz Szafrański: Miasto Płock ma ponad 1000 lat (prapoczątki płockiego procesu miastotwórczego in statu nascendi) [Die Stadt Plock ist über 1000 Jahre alt (Die Anfänge des Stadtwerdungsprozesses]. In: Notatki Płockie 132 (1987), H. 3, S. 12–14, www.tnp.org.pl/Notatki%20Plockie%201987.pdf.
- Maciej Trzeciecki: Przestrzeń publiczna średniowiecznego Płocka jako przedmiot badań archeologa [Płock Medieval Public Space as an Object of Archaeological Research]. In: Wratislavia Antiqua 13 (2011), S. 63–75: http://wratislavia.archeo.uni.wroc.pl/13-tom/6.pdf.
Quellen
- Albert Breyer: Deutsche Gaue in Mittelpolen. Plauen 1935 (Ostdeutsche Heimathefte 4): upstreamvistula.org/Documents/ABreyer_DtGaue.pdf .
- Robert Gundlach: Gedenkschrift zur 125 jährigen Jubiläumsfeier der evangelisch-lutherischen Pfarrgemeinde Plock. Bydgoszcz 1929: upstreamvistula.org/Documents/Gedenkschrift125_D.pdf.
- Walter Kuhn: Die Entstehung der deutschrechtlichen Stadt Płock. In: Zeitschrift für Ostforschung 13 (1964), S. 1–30.
- Friedrich Gottlob Leonhardi: Erdbeschreibung der Preußischen Monarchie. Bd. 5. Halle 1799, S. 22, 304–311.
Weblinks
- old.plock.eu/de/um_die_stadt_herum.html (Offizielle Homepage der Stadt Plock, dt.)
- www.tnp.org.pl/notatki_plockie.html (Notatki Płockie, Zeitschrift der Plocker Wissenschaftlichen Gesellschaft)
- galeria.plock24.pl/ (Fotogalerie)
- sztetl.org.pl/pl/miejscowosci/p/414-plock (vom Jüdischen Museum in Warschau, POLIN, entwickelte Seiten zur jüdischen Lokalgeschichte in Plock)
- jewishplock.eu/en/ (Jüdisches Plock, engl.)
- www.eurob.org/polen/plock/ (Europäische Straße der Backsteingotik)
Anmerkungen
[1] Andrzej Buko: Archeologia Polski wczesnośredniowiecznej [Die Archäologie des frühmittelalterlichen Polen]. Warszawa 2005, S. 232.
[2] Bischof Peter von Plock bestätigte 1237 die von Herzog Konrad von Masowien und dessen Söhnen getätigte Lokation der Neustadt Plock: www.herder-institut.de/bestaende-digitale-angebote/e-publikationen/dokumente-und-materialien/themenmodule/quelle/1312/details.html (Abruf 07.09.2016).
[3] sztetl.org.pl/pl/miejscowosci/p/414-plock (Abruf 17.08.2021).
[4] Jerzy Szalygin: Catalogue of monuments of Dutch colonization in Mazovia / Katalog zabytkow osadnictwa holenderskiego na Mazowszu. Warszawa 2004, S. 11f.; Otto Heike: Die Provinz Südpreußen: Preußische Aufbau- und Verwaltungsarbeit im Warthe- u. Weichselgebiet 1793-1806. Marburg 1953 (Wissenschaftliche Beiträge zur Geschichte und Landeskunde Ost-Mitteleuropas 12), S. 28f.
[5] Breyer: Deutsche Gaue in Mittelpolen, S. 10–16: upstreamvistula.org/Documents/ABreyer_DtGaue.pdf (Abruf 07.09.2016); Kowalski: Kępa Ośnicka.
[6] Malte Rolf: Imperiale Herrschaft im Weichselland: Das Königreich Polen im Russischen Imperium (1864–1915). Berlin, München, Boston 21015, S. 27, 77, 94, 143, 269, 302, 333, 369, 396.
[7] Główny Urząd Statystyczny. Ludność. Stan i struktura w przekroju terytorialnym [Statistisches Zentralamt. Bevölkerung. Stand und Struktur im territorialen Überblick]. Stand 30. Juni 2015, demografia.stat.gov.pl/bazademografia/Tables.aspx.
[8] Główny Urząd Statystyczny. Ludność. Stan i struktura w przekroju terytorialnym [Statistisches Zentralamt. Bevölkerung. Stand und Struktur im territorialen Überblick]: demografia.stat.gov.pl/bazademografia/Tables.aspx (Abruf 07.09.2016).
[9] Willibald Sauerländer: Die Bronzetür von Nowgorod. München 1963, S. 50.
Zitation
Heidi Stecker: Plock/Płock. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2016. URL: ome-lexikon.uni-oldenburg.de/p32510 (Stand 15.02.2022).
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